Doppel-Streik legt Deutschland lahm Was Beschäftigte für den Montag wissen müssen

Düsseldorf · Wer am Montag zur Arbeit fährt, muss mit enormen Einschränkungen rechnen. Die Gewerkschaften Verdi und EVG legen das Land mit einem Doppelstreik lahm. Viele NRW-Firmen setzen auf Homeoffice oder Fahrgemeinschaften.

 Pech für Pendler: Haltestellen der Rheinbahn und vieler weiterer Verkehrsbetriebe im Land dürften am Montag geschlossen bleiben.

Pech für Pendler: Haltestellen der Rheinbahn und vieler weiterer Verkehrsbetriebe im Land dürften am Montag geschlossen bleiben.

Foto: dpa/Oliver Berg

Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stürzen Deutschland am Montag (27. März 2023) in ein Verkehrschaos. Züge, Busse, Bahnen, Flugzeuge und sogar die Binnenschifffahrt sind betroffen. Die Deutsche Bahn stellt ihren Fernverkehr ein, in sieben Bundesländern – darunter in NRW – wird es auch keinen Nahverkehr geben. Was das für Beschäftigte, Unternehmen, Eltern und Schüler bedeutet.

Müssen Beschäftigte trotzdem zur Arbeit kommen? Grundsätzlich ja. „Es liegt im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, dass er oder sie rechtzeitig erscheint“, sagt Jens Niehl, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf. Komme man dem nicht nach und liefere auch keine Erklärung für das Verhalten, verliere man den Anspruch auf Vergütung. Deshalb müssten Beschäftigte im Falle eines Streiks nachvollziehbar darlegen, warum sie nicht ins Büro kommen konnten – und mit dem Vorgesetzten oder der Vorgesetzten eine alternative Lösung finden.

Was können Angestellte tun, wenn der Weg zur Arbeit unmöglich wird? Manche sind auf Bus und Bahn angewiesen. Sie können zum Beispiel mit Kolleginnen und Kollegen eine Fahrgemeinschaft bilden oder online über Seiten wie Blablacar oder www.fahrgemeinschaft.de Menschen finden, die einen ähnlichen Weg haben. Es ist ebenso möglich, Carsharing zu nutzen – Angebote gibt es inzwischen an vielen Orten. Wer nicht allzu weit vom Arbeitsplatz entfernt wohnt, kann auch das Fahrrad oder einen E-Scooter nehmen.

Funktioniert das alles nicht, gibt es in vielen Jobs die Möglichkeit, Homeoffice anzumelden. Wichtig: Immer mit Chef oder Chefin absprechen. Falls der Streik – wie in diesem Fall – schon absehbar ist, ist es sinnvoll, Vorgesetzte so früh wie möglich zu informieren, damit im Notfall Ersatz beschafft werden kann. Oder Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen.

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Was droht, wenn Angestellte wegen des Streiks zu spät kommen? „Das Wegerisiko liegt – ganz unabhängig vom Streik – beim Arbeitnehmer“, sagt Arbeitsrechtler Niehl. Deshalb sei es im Notfall auch zumutbar, ein Taxi zu bezahlen. Wer zu spät komme, begehe eine Pflichtverletzung. Wenn die vorliege, könne der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Deshalb sei es wichtig, die mögliche Verspätung rechtzeitig mitzuteilen. Niehl appelliert aber an Vorgesetzte, nicht zu streng zu sein.

Was ist, wenn die Kita der Kinder streikt? Zunächst sollten Eltern versuchen, die Betreuung der Kinder  anderweitig zu regeln – durch einen Babysitter oder Verwandte. In Ausnahmefällen kann man den Nachwuchs eventuell auch mit zur Arbeit nehmen. Generell ist es zwar laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) erlaubt, dass Beschäftigte im Falle eines Kita-Streiks „für eine nicht erhebliche Zeit“ und aus einem „nicht in ihrer Person liegenden Grund“ zu Hause bleiben dürfen. Das gilt allerdings mit Einschränkungen: Einerseits gibt es Arbeits- oder Tarifverträge, die etwas anderes besagen – dann gilt das, was dort festgehalten ist. Und: Es ist unklar, wie lange Angestellte fernbleiben dürfen. Am besten sollte die Betreuung nach spätestens zwei oder drei Tagen anders geregelt werden.

Gilt die Schulpflicht trotz Streik? Wie Kinder und Jugendliche, die auf den Nahverkehr angewiesen sind, zur Schule kommen, müssen die Familien sich überlegen. Der Streik sei kein Grund, dem Unterricht fernzubleiben, stellt das Schulministerium klar: „Bei im Vorfeld angekündigten Ereignissen wie einem Streik des öffentlichen Nahverkehrs und daraus eventuell resultierenden Beeinträchtigungen besteht die Schulpflicht auch weiterhin. Am kommenden Montag findet Schule statt.“ Allerdings signalisiert das Ministerium Verständnis dafür, dass es im Einzelfall in Familien trotz aller Bemühungen nicht klappt. Hier lesen Sie mehr dazu.

Wie gehen Firmen in NRW mit dem Streik um? Das Homeoffice ist bei vielen längst zum festen Bestandteil des Arbeitsalltags geworden. Das spiegelt sich auch in den Antworten einiger Unternehmen aus der Region.

Henkel erklärte auf Anfrage, Arbeiten, die keine vollständige Präsenz im Büro verlangten, dürften teilweise mobil ausgeführt werden; Beschäftigte könnten bis zu 40 Prozent mobil arbeiten. Davon werde die Belegschaft „sicherlich auch am kommenden Montag verstärkt Gebrauch machen“. Die drei Betriebskitas des Konzerns würden nicht bestreikt. In der Vergangenheit hätten sich Beschäftigte bei Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr sehr gut selbst organisiert, um Fahrgemeinschaften zu bilden.

Bei den Stadtwerken Düsseldorf hieß es, es gebe eine umfassende Regelung, „die für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Bürotätigkeiten bis zu 100 Prozent mobile Arbeit erlaubt“. Das biete ein hohes Maß an Flexibilität – „auch in solchen Situationen“. Grundsätzlich könnten flexible Arbeitszeiten oder der Abbau von Mehrarbeit genutzt werden. „Nur muss der Versorgungsbetrieb immer aufrecht erhalten bleiben und dazu gehört eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitenden“, so das Unternehmen.

Rheinmetall verwies auf Regelungen für mobiles Arbeiten von zu Hause aus wie auch flexible Dienstzeiten im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit. „Hierzu bedarf es jeweils individueller Abstimmung mit der/dem Vorgesetzten“, so der Konzern. Bei etwaigen Problemen mit der Kinderbetreuung habe sich das mobile Arbeiten bewährt. Hier habe man auch in der Vergangenheit „tragfähige Individuallösungen“ finden können.

Wie sollen Handel und Logistik weiterlaufen? Das Land Nordrhein-Westfalen wird der Bitte von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) entsprechen und am  Sonntag davon absehen, das Fahrverbot für Lkw durchzusetzen beziehungsweise Verstöße zu ahnden. Das erklärte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage. Wissing hatte sich hinter den entsprechenden Wunsch aus der Wirtschaft gestellt. Es wäre „sinnvoll, das Sonntagsfahrverbot für das kommende Wochenende aufzuheben und so der Logistik zumindest die Möglichkeit zu geben, einige Transporte vorzuziehen“, hatte Handelsverband-Geschäftsführer Stefan Genth erklärt.

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