Papier des Bundesarbeitsministeriums Zahl der sachgrundlosen Befristungen sinkt kaum – 1,4 Millionen Beschäftigte waren 2020 betroffen

Exklusiv | Berlin · Trotz jahrelanger Kritik von Gewerkschaften und Parteien ist die Zahl der sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge im vergangenen Jahr kaum gesunken. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Susanne Ferschl hervor. Doch die Ampelkoalition will sachgrundlose Befristungen beibehalten.

 Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wird sachgrundlose Befristungen in der Privatwirtschaft auch in dieser Legislaturperiode nicht abschaffen.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wird sachgrundlose Befristungen in der Privatwirtschaft auch in dieser Legislaturperiode nicht abschaffen.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Der Antwort zufolge waren 2020 knapp 1,4 Millionen oder 55,5 Prozent der insgesamt 2,4 Millionen befristeten Arbeitsverträge ohne Angabe eines Sachgrunds durch die Arbeitgeber befristet. Im Jahr 2019 gab es insgesamt 2,8 Millionen befristete Arbeitsverträge, davon waren rund 1,6 Millionen sachgrundlos befristet. Ihr Anteil an allen Befristungen lag damit bei 59 Prozent.

An den sachgrundlosen Befristungen entzündet sich seit Jahren Kritik. Gewerkschaften werfen Arbeitgebern vor, so den Kündigungsschutz zum umgehen. Befristete Arbeitsverhältnisse bedeuteten für Betroffene eine unsichere Zukunft. Die Arbeitgeber hingegen verteidigen die sachgrundlose Befristung als Möglichkeit, Arbeitskräfte flexibler einzusetzen. Im Koalitionsvertrag sieht die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP von einer generellen Abschaffung der sachgrundlosen Befristungen jedoch ab. Nur beim Staat soll die Möglichkeit der Befristung aus Haushaltsgründen abgeschafft werden. Beim Bund als Arbeitgeber solle die sachgrundlose Befristung Schritt für Schritt reduziert werden, heíßt es im Vertrag. „Um Kettenbefristungen zu vermeiden, begrenzen wir mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf sechs Jahre“, heißt es für die Privatwirtschaft. Gegen den Willen der FDP war die generelle Abschaffung nicht durchsetzbar.

Den Zahlen des Arbeitsministeriums zufolge entfielen 2020 aber nur 74.000 sachgrundlose Befristungen auf den öffentlichen Sektor, während in der Privatwirtschaft mehr als eine Million Verträge ohne Sachgrund befristet wurden. „Sachgrundlose Befristungen gehören ausnahmslos abgeschafft“, forderte Linken-Fraktionsvize Ferschl. „Die Koalition will nur die sachgrundlose Befristung beim Bund als Arbeitgeber beschränken. Das ist viel zu kurz gegriffen, hier muss zwingend nachjustiert werden.“

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