Jobbörsen auf Google Marktführer aus dem Nichts

Vor drei Wochen hat Google seine Suchfunktion für Stellenanzeigen gestartet und dominiert damit vom Start weg die Suchergebnisse. Die Branche ist in Aufruhr. Während die einen Wettbewerbsverzerrung wittern und sich bei der EU-Kommission beschweren, setzen andere auf Kooperation.

 Der US-Konzern Google fordert andere Portale heraus.

Der US-Konzern Google fordert andere Portale heraus.

Foto: AP/Foto: Jeff Chiu/AP

Wer über Google nach Begriffen wie „Job Schreiner“ oder „Stellenanzeige Versicherungskaufmann“ sucht, sieht zuerst vier Werbeanzeigen, eine kleine Box mit einem Hinweis auf Stellenportale – und dann seit ein paar Tagen eine große Box von Google mit drei Vorschlägen zu Stellenanzeigen.

Ende Mai ist „Google for Jobs“ gestartet, mit dem über die Suchmaschine künftig auch Stellenanzeigen auffindbar sein sollen. Nachdem der Internetkonzern in der Vergangenheit schon Produkte („Google Shopping“) oder Reisen in sein Angebot aufgenommen hat, kommt damit eine weitere Kategorie hinzu, bei der das US-Unternehmen mit seinem Angebot in direkte Konkurrenz zu anderen Portalen tritt.

Während Unternehmen wie die Jobbörse Monster, das Karriereportal Xing oder etwa auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit Google kooperieren und ihre Stellenanzeigen für den Algorithmus auffindbar machen, fürchten andere, dass Google langfristig dominante Stellung ausnutzen könnte und seine Macht missbraucht.

Beim deutschen Marktführer Stepstone ist die Reichweite seit dem Start von Googles Angebot um etwa ein Prozent zurückgegangen. Das Unternehmen setzt daher parallel stärker auf Soziale Netzwerke oder Partnerseiten, um die Verluste zu kompensieren. „Wir beobachten aber, dass die Reichweiten bei kleineren Jobbörsen sehr deutlich zurückgehen – hier greift Google for Jobs massiv in den Wettbewerb ein“, sagt ein Sprecher mit Blick auf die rund 1000 Anbieter, die es insgesamt in Deutschland gibt.

Stepstone hatte daher bereits 2018 – genau wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) – bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das Google Angebot eingelegt. Das Unternehmen, das zum Axel-Springer-Konzern („Bild“, „Welt“) gehört, wirft dem US-Konzern genau wie der Verband vor,  seine Marktmacht zu missbrauchen, um das eigene Produkt zu bevorzugen. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, man schaue sich den Fall gerade an, könne aber noch keine abschließende Stellungnahme dazu abgeben.

Normalerweise müssen sich Unternehmen eine Platzierung auf den Top-Plätzen hart erarbeiten, Google hingegen startete direkt von der Spitzenposition. Organische Treffer, also die eigentlichen Suchergebnisse, findet man seit dem Start von Google for Jobs als Nutzer erst viel weiter unten. Das Problem: Je weiter man in der Google-Suche nach unten rutscht, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer den Link aufruft.

Beim BDZV verweist man auf ähnliche Fälle, in denen die EU-Kommission wegen Missbrauchs der Marktmacht in der Vergangenheit bereits Bußgelder gegen Google verhängt hat, etwa bei „Google Shopping“ oder zuletzt bei Android-Geräten. Beim BDZV heißt es, die Vergangenheit habe allerdings gezeigt, dass die Maßnahmen der Kartellbehörden gegen Google oft zu spät und zu wenig effektiv erfolgt seien.

Andere sehen die Entwicklung weniger kritisch. „Wir sehen keine Wettbewerbsverzerrung“, sagt Steffen Günder, Deutschland-Vertriebsleiter beim Jobportal Monster. Das Unternehmen aus Eschborn kooperiert mit Google und hat dafür in den vergangenen Wochen und Monaten einige technische Änderungen vorgenommen.

Für Unternehmen, die nicht Marktführer sind, bietet Googles Suche tendenziell auch Chancen. In Großbritannien kooperiert auch das dort deutlich kleinere Stepstone mit Google for Jobs, in Südafrika, wo Stepstone stark ist, hingegen nicht. Doch das Vorgehen birgt auch Gefahren: Durch die Summe der Teilnehmer steigt gleichzeitig die Attraktivität von Googles Angebot, bis es irgendwann das des bisherigen Marktführers überflügelt. Dadurch wird Google langfristig dominanter.

Beim Weltmarktführer der Jobbörsen, Indeed, ist man dennoch überzeugt, es mit Google aufnehmen zu können. „Unsere Wettbewerber machen uns nur besser“, sagt Frank Hensgens der bei Indeed als Geschäftsführer für Deutschland, Österreich und die Schweiz verantwortlich ist.

In anderen Märkten, wie den USA und Großbritannien, habe der Eintritt von Google keine wesentlichen Auswirkungen auf den Traffic und das Geschäftsmodell von Indeed, so Hensgens: „Für Deutschland erwarten wir aktuell eine ähnliche Entwicklung.“

Allerdings funktioniert Indeed auch anders als Stepstone und Co., weil das Unternehmen ähnlich wie Google eine Suchmaschine ist. Indeed sucht etwa auf den Internetseiten von Unternehmen nach Stellenangeboten und bindet diese bei sich ein. Stellenanzeigen sind grundsätzlich erstmal kostenlos, man kann sich allerdings eine bessere Sichtbarkeit der eigenen Ausschreibung kaufen – ähnlich wie Google es mit seinen Werbeanzeigen praktiziert.

Man analysiere in Deutschland das Verhalten von Jobsuchenden seit sechs Jahren, sagt Hensgens. Damit habe man einen deutlichen Vorsprung, den man nutzen könne, um die Jobsuche zu perfektionieren. Eine Zusammenarbeit mit Google schließt Indeed, dessen Deutschland-Sitz in Düsseldorf ist, daher momentan auch aus.

Sorge, Optimismus, Kritik, Hoffnung – der Start von Google for Jobs löst in der Branche verschiedene Gefühle aus. Man hätte gerne gewusst, was Google zu den Vorwürfen sagt. Doch das Unternehmen will sich auf Anfrage nicht äußern. Seit 2017 bietet Google die Job-Suche in den USA an, insgesamt ist das Angebot inzwischen in 120 Ländern verfügbar.

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