Laut Gewerkschaft In deutschen Gefängnissen fehlen mindestens 2000 Mitarbeiter

Berlin · Der Bund der Strafvollzugsbediensteten schlägt Alarm: Tausende Stellen seien im Justizvollzug in Deutschland unbesetzt. Die Hintergründe, Probleme und Vorschläge.

Ein Gang mit Zellen in der JVA Düsseldorf. (Archiv)

Ein Gang mit Zellen in der JVA Düsseldorf. (Archiv)

Foto: dpa/Marcel Kusch

In Gefängnissen in Deutschland sind nach Angaben des Bundes der Strafvollzugsbediensteten etwa 2000 Stellen nicht besetzt. „Wenn man alle Berufe im Justizvollzug nimmt und dazu den aus unserer Sicht gestiegenen Personalbedarf, könnte man diese Zahl noch einmal verdoppeln“, sagte der Bundesvorsitzende René Müller der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Wir bekommen aber keine Bewerber mehr.“

Laut Statistischem Bundesamt gab es Ende Juni vergangenen Jahres bundesweit mehr als 56 000 Inhaftierte. Müller zufolge zählen die Gefängnisse deutschlandweit rund 38 000 Vollzugsbedienstete. Der Strafvollzug ist in Deutschland Ländersache. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten ist eine Fachgewerkschaft.

Die Personaldecke wirkt sich nach Angaben des Gewerkschafters bereits auf die Arbeit des Strafvollzugs aus. „Resozialisierung findet nur noch auf dem Papier statt.“ Dies sei aber „unsere zweite Hauptaufgabe“, sagte Müller. „Wenn ein Bediensteter für bis zu 70 Gefangene zuständig ist, welche Gespräche sollen da stattfinden?“

Zudem habe die Zahl psychisch Auffälliger zugenommen. „Wir haben keine Plätze im Maßregelvollzug, die Psychiatrien sind auch voll.“ Hinzu kommen Müller zufolge etwa frühere Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die nach Deutschland zurückgekommen seien.

Müller sprach sich in diesem Zusammenhang für die Schaffung von Hafteinrichtungen des Bundes aus für Extremisten und Gefährder – „also in dem Feld, wo die Generalbundesanwaltschaft aktiv ist“. Eine zentrale Bündelung würde zugleich kleinere Anstalten entlasten.

Nach Angaben Müllers ist die Zahl der schweren Übergriffe auf das Gefängnispersonal gestiegen. Erst Mitte Dezember hatte der rechtsextreme Halle-Attentäter in einem Hochsicherheitsgefängnis in Burg nahe Magdeburg zwei Bedienstete als Geiseln genommen. Er wurde danach verlegt. „Auch das bekommen Neubewerber mit. Was sollte jemanden reizen, im Justizvollzug zu arbeiten?“

„Die Justizministerien der Länder haben das Problem zwar erkannt. Sie tun alles, um Lehrgänge zu füllen“, sagte der Gewerkschafter. „Aber die Lehrgänge werden nicht mehr voll.“ Müller forderte mehr Gehalt für die Beschäftigten und den Ausbau von Jobperspektiven, um so den Beruf attraktiver zu machen.

(aku/dpa)
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