Generationswechsel beim Versicherungskonzern Arag-Chef hört nach 20 Jahren auf

Düsseldorf · Paul-Otto Faßbender zieht sich im Juli des kommenden Jahres aus der operativen Führung des Düsseldorfer Versicherungskonzerns zurück. Vorstandsmitglied Renko Dirksen wird Vorstandssprecher.

 Der Arag-Chef.

Der Arag-Chef.

Foto: dpa/dpa, cas sab

Die Antwort auf die Frage, wann Paul-Otto Faßbender die Verantwortung für das Geschäft des Düsseldorfer Versicherungskonzerns Arag in andere Hände legen würde, war über Jahre hinweg ein gut gehütetes Geheimnis. Potenzielle Kronprinzen, so wurde in der Branche schon mal gespottet, könnten sich fühlen wie Prinz Charles in Großbritannien. Jetzt, wenige Tage nach seinem 73. Geburtstag, hat Faßbender die Katze aus dem Sack gelassen. Im Juli 2020 zieht sich der Vorstandsvorsitzende, der zu großen Teilen auch Eigentümer des Konzerns ist, aus dem operativen Geschäft zurück. Nach 20 Jahren an der Spitze.

„Ich habe dem Aufsichtsrat mitgeteilt, dass ich für eine weitere Verlängerung des Mandates oder eine neue Amtsperiode nicht zur Verfügung stehe. Ich werde im kommenden Jahr 74 Jahre alt und habe dann genau 20 Jahre als Vorstandsvorsitzender der Arag gewirkt. Das ist ein guter Moment, mich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen“, erklärte Faßbender.

Den Vorstandsvorsitz der Dachgesellschaft Arag Holding, die das Vermögen und die Beteiligung verwaltet, behält Faßbender. Aber das operative Geschäft findet ab Juli 2020 ohne Mitwirkung der Familie statt. Ein radikaler Wandel in der Geschichte des Konzerns, der 1935 von Paul-Otto Faßbenders Großvater Heinrich gegründet wurde und der heute noch Wert auf die Tatsache legt, stets im Familieneigentum gewesen zu sein.

Aber der Generationswechsel kommt. Renko Dirksen, der bereits im Vorstand sitzt, übernimmt im kommenden Jahr die Rolle des Vorstandssprechers. Die Idee, dass es in der Nach-Faßbender-Ära keinen Vorstandsvorsitzenden mehr als Chef des Führungsgremiums geben soll, kommt aus dem Aufsichtsrat. Der Vorstand arbeite gut zusammen als Team, in dem keiner eine dominante Stellung haben sollte.

Faßbenders Rückzug ist ein Einschnitt in der Arag-Geschichte. Im Jahr 2000 hat er die Führung übernommen, den Konzern internationaler gemacht, dessen Selbstständigkeit gepflegt. Unter seiner Leitung ist es deutlich ruhiger geworden im Konzern, der über Jahre erschüttert wurde durch den Familienstreit mit Faßbenders Cousin Ludwig. Am Ende übernahm Paul-Otto die Anteile seines Cousins, der 1998 ausschied. Längst hat sich das Verhältnis der Verwandten normalisiert.

Beteiligt sind heute noch Paul-Otto Faßbender (mehr als 77 Prozent der Anteile) und seine Schwester Petra (22,75 Prozent). Allerdings liegen auch die beiden noch im Clinch. Zwar hat der Mehrheitseigentümer seiner Schwester nach 35 Jahren in einem Erbstreit etwa 3,5 Millionen Euro gezahlt. Aber damit herrscht noch kein Frieden zwischen den Geschwistern, weil Petra Faßbender das Testament der vor vier Jahren verstorbenen Mutter angefochten hat.

Unabhängig davon sieht der Noch-Chef den Versicherungskonzern gut aufgestellt für die Zeit nach seinem Abgang. Im Versicherungsgeschäft hat die Arag im vergangenen Jahr ihren Gewinn um 32 Prozent auf 97,4 Millionen Euro gesteigert, den besten Wert der vergangenen zehn Jahre. Trotzdem hat das Unternehmen beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit deutliche Einbußen hinnehmen müssen (von 81,2 auf 70,2 Millionen Euro), weil im Kapitalmarktgeschäft längst nicht alles nach Wunsch lief. Wegen starker Kursrückgänge in Spezialfonds seien Abschreibungen notwendig geworden, erklärte die Arag am Mittwoch. Unter dem Strich bleibt für das Unternehmen ein Gewinn von rund 34,7 Millionen Euro (plus 25 Prozent).

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