"Arabische Investoren haben Interesse an der Steag"

Interview Hermann Janning, Chef des Steag-Aufsichtsrates, über die Suche nach einem Partner und drohende Blackouts im Winter

2010 hat ein Stadtwerke-Konsortium die Mehrheit am Versorger Steag gekauft. 2011 brach der Steag-Gewinn massiv ein. War der Kauf ein Fehler?

Janning Nein. Die Steag hat 2011 ein deutlich besseres Ergebnis gemacht als geplant. Der Gewinn-Einbruch ist allein auf den Sondereffekt resultierend aus Problemen beim Kohlekraftwerk Walsum 10 zurückzuführen. Es kann wegen des verbauten minderwertigen Stahls nicht starten und muss umgerüstet werden, was mit einem dreistelligen Millionen-Betrag das Ergebnis belastet.

Obwohl die Steag 2011 unterm Strich nur knapp fünf Millionen Euro verdiente, zahlte sie 109 Millionen Euro als Dividende aus. Wie können Sie als vorsichtiger Kaufmann das zulassen?

Janning Wir reden doch über den Sondereffekt Walsum 10. Und hier wird sich die Steag das Geld, das sie in Walsum verloren hat, in den nächsten zwei Jahren zurückholen.

Von wem?

Janning Es wird Gespräche mit dem Generalunternehmer Hitachi geben. Und was das Konsortium betrifft: Wir haben aus Walsum 10 resultierende Risiken im Kaufvertrag mit Evonik betrachtet und diese für uns ausgeschlossen. Bei den Konsortialpartnern bleibt also nichts hängen, die vertraglichen Ansprüche werden wir gegenüber Evonik geltend machen.

Wann geht Walsum ans Netz?

Janning Nach den derzeitigen Planungen geht Walsum 10 im September 2013 ans Netz.

Kritiker sagen, Stadtwerke von klammen Städten wie Duisburg oder Oberhausen hätten die Steag nie kaufen dürfen. Sie sehen sich nun bestätigt.

Janning Dazu gibt es doch gar keinen Anlass. Ungeachtet dessen: Nicht klamme Städte haben die Steag gekauft, sondern die Stadtwerke. Das hat uns nach der rot-grünen Reform der Gemeindeordnung der Gesetzgeber auch ausdrücklich erlaubt. Vom Walsum-Problem wird beim Steuerzahler nichts hängen bleiben. Im Übrigen gilt: Wenn Stadtwerke unternehmerisch erfolgreich agieren, entlastet dies den kommunalen Haushalt.

Hat Steag-Chef Joachim Rumstadt die Krise gut gemanagt? Seine letzte Bilanz-Vorstellung gilt als Reinfall ...

Janning Herr Rumstadt macht seine Arbeit gut und hat das uneingeschränkte Vertrauen des Aufsichtsrates.

Bis 2016 müssen die Stadtwerke Evonik die restlichen 49 Prozent an der Steag abnehmen. Werden diese das allein stemmen oder sich einen Partner suchen?

Janning Wir haben aktuell keinen Handlungsdruck. Auch ist noch offen, ob wir einen Partner mit ins Boot holen. Grundsätzlich ist ein Partner, der Kapital mitbringt, ebenso denkbar wie ein Partner, der über Knowhow etwa im Ausland verfügt. Aber wie gesagt: Es gibt keinen Handlungsdruck und eine entsprechende Entscheidung steht erst in einigen Jahren an. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es auch falsch, darüber zu entscheiden.

Haben schon Investoren angeklopft?

Janning Natürlich ist das Interesse da, beispielsweise sowohl von arabischen Investoren als auch von Pensionsfonds der Versicherungen. Wir sind da frei von Ideologien, suchen uns den passenden Partner aus. Und wenn wir den nicht finden, stemmen wir den Kauf allein.

Die Energiewende stockt. Fürchten Sie Stromausfälle im nächsten Winter?

Janning Im nächsten Winter drohen Blackouts, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Dann fehlt uns konventionelle Kraftwerkskapazität.

Trifft ein möglicher Blackout im energiehungrigen Süden auch NRW?

Janning Die deutschen Stromnetze hängen eng zusammen. Wenn im Süden großflächig der Strom ausfällt, kann es uns auch in NRW treffen.

Wie kann man einen Blackout verhindern?

Janning Kurzfristig lässt sich die Gefahr von Blackouts senken, indem man Anreize schafft, alte Kraftwerke nicht abzuschalten. Dies könnte der Staat mit einer Vorhalte-Prämie fördern.

Noch eine Subvention! Wie lange soll die gezahlt werden?

Janning Bis genug moderne Gas- und Kohlekraftwerke zur Sicherung der Grundlast gebaut sind. Aber ich bin auch kein Freund von Subventionen. Nur gilt es, den ungebremsten Anstieg der erneuerbaren Energien zu stoppen. Dieser gefährdet die Versorgungssicherheit im Land.

Antje Höning und Hildegard Chudobba führten das Gespräch. Mehr unter: www.rp-online.de/wirtschaft

(RP)
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