Berlin Anwälte wollen Dienstleister werden

Berlin · Zum Anwaltstag in Düsseldorf debattieren die Juristen über die Zukunft ihres Standes. Viele Deutsche haben Angst vor hohen Honoraren.

Fußballturnier, Golfpokal, Kinderspiele – ein Teil der Freizeitaktivitäten im Rahmenprogramm des Deutschen Anwalttages. Von heute an trifft sich die Branche in Düsseldorf, um zum Beispiel über anwaltliche Berufsethik oder den Gerichtsprozess im Jahr 2030 zu debattieren. Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) werden zu Gast sein. Vor allem aber soll es um die Zukunft der Anwaltschaft gehen, zu der der Deutsche Anwaltverein (DAV) eine Studie vorlegen will. "Das Bild des Rechtsanwalts wird sich dramatisch ändern", glaubt Herbert Schons, Präsident der Düsseldorfer Rechtsanwalts-Kammer und Vize-Präsident des DAV.

Zusammengefasst soll die Studie zeigen, dass der Advokat nicht mehr vor allem der vor Gericht streitende Anwalt, sondern ein Rechts-Dienstleister seiner Mandanten wird. "Künftig werden immer mehr Streitigkeiten außergerichtlich geklärt werden", sagt Schons. In solchen Verfahren, zum Beispiel einer Mediation, sei die anwaltliche Begleitung immer wichtiger, aber auch elektronische und telefonische Rechtsberatung. "Dahin wird es gehen, weil der Markt danach ruft. Darüber werden wir mit Kollegen reden müssen."

Vor allem vor dem Hintergrund, dass der anwaltliche Beistand teurer werden wird. Am Freitag stimmt der Bundesrat über das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes ab – ein Gesetz, das die Honorare von Rechtsanwälten und die Kosten für Gerichtsprozesse deutlich anheben soll. Im Schnitt zwölf Prozent mehr müssen Bürger dann für anwaltlichen Beistand bezahlen.

Bereits jetzt ist das Geld die höchste Hürde für Leute, die juristischen Rat suchen. 71 Prozent der Deutschen würden aus Angst vor den Kosten im Streitfall auf einen Anwalt verzichten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). 83 Prozent der Befragten erklärten, dass ihnen am wichtigsten an ihrem Anwalt ist, dass er frühzeitig und transparent über Kosten und Risiken aufklärt. Eine hohe Erfolgsquote des Juristen in Streitfällen fanden nur 26 Prozent wichtig. Auch wenn die meisten Verbraucher, die bereits Erfahrung mit einem Anwalt gemacht haben, zufrieden waren, so gab doch ein Drittel an: Anwälte informierten nicht vollständig über alle Möglichkeiten, sondern wollten vor allem Geld verdienen und stellten das Wohl der Mandanten eher hinten an. Ein großer Teil der Bevölkerung hat offenbar kein gutes Bild von den gut 160 000 Rechtsanwälten im Lande.

Die Anwaltschaft ist sich dessen bewusst – und will das ändern. "In der öffentlichen Wahrnehmung sind Anwälte immer die mit den dicken Autos", sagt Julia von Seltmann, Geschäftsführerin der Bundesrechtsanwaltskammer. "Tatsächlich ist es aber so, dass mehr als die Hälfte der Rechtsanwälte in Deutschland eine eigene Kanzlei ohne Partner führen, und die Mehrzahl davon liegt auf dem Niveau eines normalen Arbeitnehmers."

(RP)
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