Manager soll vor Gericht Anklage gegen Ex-Wirecard-Chef

München · Markus Braun und zwei weiteren ehemaligen Führungskräften des Finanzdienstleisters werden Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrug vorgeworfen. Das Landgericht München muss über die Anklage-Zulassung entscheiden.

 Der ehemalige Wirecard-Vorstandschef Markus Braun muss vor Gericht.

Der ehemalige Wirecard-Vorstandschef Markus Braun muss vor Gericht.

Foto: AP/Fabrizio Bensch

Knapp eindreiviertel Jahre nach dem Insolvenzantrag des Unternehmens sollen erstmals frühere Verantwortliche des Finanzdiensleisters Wirecard vor Gericht gestellt werden. Der prominenteste von ihnen ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende Markus Braun, dazu kommen der damalige Chef der Buchhaltung und ein Manager, der seinerzeit in Dubai tätig war. Vorgeworfen werden den Beschuldigten unter anderem Marktmanipulation, Untreue und gewerbsmäßiger Bandenbetrug, wie die Staatsanwaltschaft München am Montag mitteilte. Das Landgericht München I muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.

Wirecard hatte 2020 Insolvenz anmelden müssen, nachdem Luftbuchungen von etwa 1,9 Milliarden Euro aufgeflogen waren – nach jahrelanger Berichterstattung vor allem der „Financial Times“ über Bilanzmanipulationen und Bilanzfälschung, die das Unternehmen stets zurückgewiesen hatte. Braun wurde zweimal festgenommen, zwischenzeitlich einmal gegen Zahlung einer Millionenkaution freigelassen. Der frühere Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, der ebenfalls als einer der Drahtzieher verdächtig ist, ist untergetaucht und wird seither mit internationalem Haftbefehl gesucht.

Wirecard gilt als eine der spektakulärsten Unternehmenspleiten in der deutschen Nachkriegszeit. Nicht nur, weil das Unternehmen, das einst sogar die Übernahme der Deutschen Bank ins Auge gefasst hatte, als Dax-Mitglied vorübergehend zu den Großen in Deutschland gehörte. Sondern auch, weil sein Zusammenbruch ein hohes Maß an Kriminalität im Unternehmen offenbarte und in der Zeit nach dem Insolvenzantrag viel über politische Verantwortung sowie die Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und der Finanzaufsicht Bafin diskutiert wurde. Letztere war dem damaligen Finanzminister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstellt. Ihr damaliger Chef Felix Hufeld musste seinen Stuhl räumen und wurde bereits durch den früheren Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht, Mark Branson, ersetzt.

Durch den Wirecard-Kollaps haben auch viele Anleger Geld verloren. Hunderte haben mittlerweile nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Bafin auf Schadenersatz verklagt, der sie mangelnde Kontrolle vorwerfen. Tausende weiterer Klagen könnten noch kommen. Bei vielen gibt es angeblich bereits Kostenzusagen der Rechtsschutzversicherer.

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