TV-Managerin Anke Schäferkordt verlässt RTL nach 27 Jahren

Köln · Anke Schäferkordt war viele Jahre lang die erfolgreichste TV-Managerin Deutschlands. Nun gibt sie ihren Posten als Leiterin von RTL Deutschland und als Mitglied im Vorstand von Bertelsmann Ende des Jahres auf.

Anke Schäferkordt tritt als Leiterin von RTL zurück
Foto: dpa/Henning Kaiser

Das gaben die Unternehmen am Mittwoch bekannt. Thomas Rabe, Vorstandschef von Bertelsmann, bedankte sich für eine „herausragende Leistung“. Die jetzt 55-Jährige habe die RTL-Gruppe „maßgeblich gestärkt“. Schäferkordt erklärte in einer von RTL veröffentlichten Erklärung, es sei „kein einfacher Schritt, die Mediengruppe RTL nach mehr als 27 Jahren zu verlassen“. Ihr „starkes Management-Team und die klare strategische Ausrichtung“ würden sie in der Überzeugung bestärken, „dass ein schneller Übergang im besten Interesse der Mediengruppe RTL Deutschland ist.“

Dies lässt sich so interpretieren, dass Bertelsmann den Vertrag wohl nicht über Ende 2019 hinaus verlängern wollte – also geht sie lieber direkt. Und sie sagt, wie sehr sie an RTL hängt: „Über die Jahre hinaus hatte ich Gelegenheit, mit außergewöhnlichen kreativen, kompetenten und engagierten Mitarbeitern zu arbeiten und habe dabei wertvolle Beziehungen aufgebaut – sowohl beruflich als auch privat.“

Dabei hatte sich der Rückzug von Schäferkordt angekündigt. Sie hatte Ende 2017 bereits die Aufgabe als Leiterin der ganzen RTL-Gruppe in Luxemburg aufgegeben, um sich auf das Deutschland-Geschäft zu konzentrieren. Ab dem Moment war sie als Bertelsmann-Vorstand quasi Vorgesetzte ihres acht Jahre jüngeren Amtsnachfolgers, Bert Habets, in Luxemburg, und der war ihr als RTL-Deutschland-Chefin vorgesetzt – eine seltsame Konstruktion. Nun hat Habets gute Chancen, in den Vorstand von Bertelsmann aufzurücken, auch weil der Niederländer hohe Digitalkenntnisse hat.

Schäferkords Abschied folgt auf einen beispiellosen Aufstieg. Die Gastronomentochter aus dem Weserbergland heuerte nach dem BWL-Studium in Paderborn bei Bertelsmann als Trainee an. 1991 wird RTL-Chef Helmut Thoma auf sie aufmerksam und lockt sie als Controllerin und Planerin nach Köln. Schnell schafft sie den Sprung von der Zahlen- zur Programmwelt. Zuerst macht sie als Chefin von Vox den Krisensender zum Publikumsliebling. Sie zeigt gutes Gefühl beim Einkauf von US-Erfolgsserien wie „Ally McBeal”, „Six feet under” oder “CSI Miami“ – so traf sie den deutschen Massengeschmack.

Das beflügelt die Karriere bei RTL. 2005 übernimmt sie die Leitung der Deutschland-Tochter, wird 2012 auch Co-Chefin der RTL Group.

Den Abschied könnte nun herbeigeführt haben, dass der lange Zeit in Köln-Lindenthal lebenden Schäferkordt nach vielen Jahren des Erfolges zuletzt etwas das Tempo ausging. Zwar verdreifachte die deutsche RTL-Gruppe unter ihrer Führung seit 2005 das operative Ergebnis, doch die soeben vorgelegte Neun-Monats-Bilanz zeigte Schwächen: Da sank in Deutschland der operative Gewinn um 2,6 Prozent. Das war für Bertelsmann ein Alarmzeichen, denn RTL ist der mit Abstand wichtigste Ableger mit einem Umsatz von 6,4 Milliarden Euro im Jahr, das Deutschland-Geschäft wiederum der wichtigste Teil davon.

Dabei ist klar, in welcher Klemme RTL als größter Privatsender in Deutschland steckt: Erstens locken Netflix und Amazon immer mehr junge Zuschauer mit bezahlten Streaming-Angeboten – RTL hält nur schwach dagegen. Zweitens hatte RTL in den letzten Jahren Probleme damit, neue quotenstarke Formate zu entwickeln. Der Sender lebte überwiegend von Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Bauer sucht Frau“, die ihre Strahlkraft bereits verloren haben. Entsprechend verliert RTL an Marktanteil.

Und drittens drängen die vom Gebührenzahler bezahlten öffentlich-rechtlichen Programme immer mehr in reine Unterhaltungsformate, die mit ihrem Bildungsauftrag nichts mehr zu tun haben. Sie sei „maßlos“ enttäuscht, dass die Politik dies zulasse, sagte Schäferkordt noch im Juli in einem Interview.

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