Streit um 500-Millionen-Euro-Projekt Anja Karliczek verteidigt Münster als Standort für Batteriefabrik

Berlin · Es geht um 500 Millionen Euro: Von dem Geld soll in Münster eine Batterieforschungsfabrik entstehen. Andere Städte hätten auch gern den Zuschlag bekommen. Forschungsministerin Karliczek musste nun erklären, warum die Wahl auf einen Standort in ihrer Heimat fiel.

 Anja Karliczek (CDU), Bundesforschungsministerin, spricht am 27. Juni 2019 im Plenum des Bundestags.

Anja Karliczek (CDU), Bundesforschungsministerin, spricht am 27. Juni 2019 im Plenum des Bundestags.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat Kritik an der millionenschweren Entscheidung für Münster als Standort einer neuen Batterieforschungsfabrik erneut zurückgewiesen. Nach einer Sondersitzung des Bundestagsforschungsausschusses am Mittwoch in Berlin sagte die CDU-Politikerin, sie könne nur immer wieder betonen, dass sie auf die Standortwahl keinerlei Einfluss genommen habe.

Die Opposition hatte die Sondersitzung beantragt, weil sie von der Ministerin genauer wissen wollte, warum am Ende Münster den Zuschlag für die Forschungsfabrik bekommen hatte und nicht Ulm oder andere Städte, die mit im Rennen waren. Mit dem Bau der Fabrik gehen Fördergelder in Höhe von rund 500 Millionen Euro einher. Kritik war laut geworden, weil Münster in Karliczeks Heimatregion liegt.

Nach der Sitzung kritisierten Vertreter von FDP, Linke und Grünen, dass die Ministerin die Antwort schuldig geblieben sei. FDP und Grüne forderten von Karliczek die Herausgabe interner Dokumente, um die Entscheidungsprozesse offenzulegen, die zur Wahl von Münster geführt haben. Sie sicherte das zu. „Ich habe im Ausschuss versprochen, dass wir alle Unterlagen, die wir rechtlich sicher zur Verfügung stellen können, dem Ausschuss zur Verfügung stellen werden.“

Auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte sich im Vorfeld der Sitzung bereits dafür ausgesprochen, die Bewerbungsanträge zu veröffentlichen. Ähnlich sieht das auch Wolfgang Marquart, Leiter des Forschungszentrums Jülich, das an der NRW-Bewerbung mitgewirkt hat. „Es ist eine Entscheidung der Verfahrensverantwortlichen: Aber wenn es zu einer Versachlichung der Debatte beitragen kann, wäre es aus meiner Sicht gut, die Anträge zu veröffentlichen“, sagte Marquart. Er bedauert, dass die Entscheidung für Münster durch die öffentlichen Diskussionen so diskreditiert wird, zumal das NRW-Konzept von vornherein Möglichkeiten zur Beteiligung vorgesehen hätte: „Das Wissenschaftsethos gebietet es, dass man eine Entscheidung akzeptiert und für die eigene Forschung das Beste daraus macht.“ Marquart machte deutlich: „Wir stehen nicht mit anderen Bundesländern im Wettbewerb, sondern mit anderen Ländern, speziell in Asien.“

Bei der nicht-öffentlichen Befragung im Forschungsausschuss sagte Karliczek nach Angaben von Teilnehmern, die Entscheidung über den Standort der Batterieforschungsfabrik habe ihr Ministerium im engen Austausch mit dem Bundeswirtschaftsministerium getroffen. Sie betonte erneut, dass sie selbst daran aber nicht beteiligt gewesen sei.

Zur Begründung dafür sagte sie nach der Ausschussitzung: „Es war mir selbstverständlich klar, dass eine Bewerbung aus Münster und Aachen natürlich eine sensible Entscheidung ist.“ Die CDU-Politikerin verwies erneut darauf, dass für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen sei, welcher Standort das wissenschaftlich, wirtschaftlich und ökologisch beste Konzept für die Batterieforschung hatte. Wolfgang Marquart bewertet die Situation so: „Es ist doch ein Luxusproblem, wenn es offensichtlich mehrere sehr gute Konsortien gibt.“

Die Opposition nimmt Karliczek ihre Erklärung nicht ab. „Es wurde nicht deutlich, ob sie nicht doch Einfluss genommen hat auf den Prozess“, sagte der forschungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Thomas Sattelberger. Drei Nachfragen seinerseits zu diesem Thema seien unbeantwortet geblieben. „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass die Ministerin in diesem Prozess auch sehr persönlich involviert war.“ Zudem sei der Auswahlprozess „stümperhaft“ organisiert worden.

Die Grünen-Forschungspolitikerin Anna Christmann sagte: „Eine weitere Aufklärung ist dringend notwendig. Die Ministerin konnte nicht darlegen, dass dieser Entscheidungsprozess transparent und nachvollziehbar abgelaufen ist.“ Man erwarte innerhalb der nächsten Woche, dass angeforderte Dokumente über die internen Entscheidungsvorgänge im Ministerium vorgelegt würden.

Münster hatte sich als Hauptforschungsstandort gegen den Mitbewerber Ulm durchgesetzt und kann entsprechend mit dem Großteil der vorgesehenen 500 Millionen Euro Fördergeld rechnen. Sowohl Ulm als auch Salzgitter, Karlsruhe und Augsburg sollen für einzelne Aspekte der Forschung aber ebenfalls etwas abbekommen vom Fördergeld. Besonders laute Kritik hatte die Entscheidung für Münster im Südwesten ausgelöst. Mehrere Ministerpräsidenten hatten sich außerdem in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwert.

Die Forschungsfabrik, um die es geht, soll keine Batterien entwickeln, sondern Prozesse erforschen, wie solche Batterien in Massenproduktion in Deutschland hergestellt werden könnten - einschließlich der Frage, wie das Recycling funktionieren soll und welche Materialien und Maschinen gebraucht werden. Deutschland soll dadurch unabhängig von der Batterie-Konkurrenz aus Asien werden.

(dpa/frin)
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