Bundeskanzlerin im Gespräch Merkel macht Auszubildenden Mut

Düsseldorf · Die Kanzlerin sprach im Livestream mit 18 Azubis über die Pandemie-Erfahrungen. Zwei junge Frauen aus dem Rheinland berichteten über ihre Zukunftsängste und wie es war, im Lockdown nur Absagen zu bekommen.

 Angela Merkel stand den Auszubildenden beim Livestream Rede und Antwort.

Angela Merkel stand den Auszubildenden beim Livestream Rede und Antwort.

Foto: dpa/John Macdougall

Im Frühjahr hat Acelya Akyol (20) aus Düsseldorf eine Ausbildungsstelle als Industriekauffrau gesucht und mindestens 30 Absagen erhalten. Irgendwann hat sie aufgehört zu zählen und fragte bei den Unternehmen nach, was sie bei den Bewerbungsunterlagen hätte besser machen können. Sie bekam keine Antworten, war enttäuscht, bereitete sich im Lockdown weiter auf ihr Fachabitur vor. Ihre Geschichte hat sie am Donnerstag im Livestream mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und 17 Azubis und Ausbildern am Donnerstag erzählt.

Merkel hört ihr zu, nickt, fragt nach. Wenn Corona nicht gewesen wäre, hätte Acelya nicht so viele Absagen bekommen, vermutet die Bundeskanzlerin. Manche Unternehmen seien wohl damit ausgelastet gewesen, Kurzarbeit zu beantragen und alles für den Lockdown im Frühjahr zu regeln. Acelya stimmt ihr zu. Doch dass sie so gar keine Rückmeldungen zu ihren Bewerbungsunterlagen erhalten habe, auch nicht auf Nachfrage, empfindet sie noch immer als „unfair“. Sie habe damals nicht gewusst, was sie hätte besser machen sollen. „Ich vermute mal, dass sie gar nichts hätten besser machen können in dieser Situation“, sagt Merkel. Es wäre fair von den Unternehmen gewesen, ihr eine ehrliche Begründung für die Absagen zu geben. Zum Beispiel hätten sie schreiben können, dass sie selbst im Moment nicht wüssten, wie es mit ihnen weitergehe und deshalb keine Ausbildungsverträge schlössen. Oder, dass sie sich in zwei Monaten nochmal melden solle, wenn sich alles etwas beruhigt habe.

Acelya lächelt und bedankt sich. Ihre Geschichte hat auch ein gutes Ende genommen: Bei einem „Speeddating“ für Unternehmen und potenzielle Auszubildende traf sie auf Monika Breuer von der IHK Düsseldorf und kam durch sie doch noch an ihren „Traumberuf“: Im August hat sie eine Ausbildung als Industriekauffrau bei der Tünkers Maschinenbau GmbH in Ratingen begonnen und ist – trotz erschwerter Einarbeitungsbedingungen wegen Corona – vollkommen zufrieden. „Alle helfen mir, man hört mir zu“, sagt Acelya. Jeden Tag gibt es ein Online-Teammeeting, bei dem jeder Mitarbeiter ansprechen kann, was ihn beschäftigt. Vor dem zweiten Lockdown ist sie zwei bis drei Mal die Woche ins Büro gefahren, jetzt ist sie erst einmal komplett im Home Office – mit Firmenmonitor und einer guten IT-Abteilung, die ihr bei jedem Anliegen weiterhilft.

Doch nicht alle haben einen sicheren Arbeitgeber wie Acelya. Dana Gärtner aus Mülheim/Ruhr macht eine Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement und ist mit ihrer Arbeit bei einem kleinen Familienunternehmen sehr zufrieden. Doch sie macht sich Gedanken, was passiert, wenn ihrem Arbeitgeber noch mehr Kunden durch Corona wegbrechen. Und darüber, ob ihre Freunde, von denen viele eine Ausbildung in der Gastronomie machen, später noch einen sicheren Job haben. Im Lockdown könnten sie schließlich nicht mehr arbeiten. Merkel beruhigt sie, die Zukunft der Gastronomie sehe sie sehr positiv. „Das kann jetzt eine Durststrecke sein, solange wir noch keinen Impfstoff haben“, sagt die Kanzlerin. Aber da gebe es ja positive Signale. Und die Frühlings- und Sommermonate würden wieder besser werden als der Winter. Die Regierung versuche jedenfalls, die Gastronomen für den November ausreichend zu entschädigen. „Da würde ich jetzt nicht die Flinte ins Korn werfen“, so Merkel. Die Ausbildungsberufe in der Gastronomie seien auch in Zukunft noch wichtig.  

90 Minuten dauert der Livestream, Acelya hört die ganze Zeit aufmerksam zu. Die Worte der Bundeskanzlerin machen ihr Mut. Ende November beginnt für sie die Berufsschule, und sie hofft auf Präsenzunterricht. Angela Merkel jedenfalls, das betonte sie im Livestream, würde die Schulen offenhalten.

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