EU-Beschäftigungsgipfel zur Job-Krise Nahles: Geld ist genug da - es kommt nur nicht an

Mailand · Obwohl die Zahlen alarmierend sind: Die EU-Staats- und Regierungschefs sind sich uneins über den weiteren Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vertritt Deutschland in Mailand.

 Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles posiert für die Fotografen auf dem Gipfel in Mailand.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles posiert für die Fotografen auf dem Gipfel in Mailand.

Foto: ap, AC FP

Während Deutschland darauf pochte, dass die bestehenden Milliarden-Hilfe effektiver vergeben werden müssten, machte Frankreichs Präsident François Hollande deutlich, dass die Mittel insgesamt nicht ausreichten. Begleitet wurde der Gipfel in der norditalienischen Wirtschaftsmetropole von Protesten gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform von Regierungschef Matteo Renzi.

Vor Beginn der Beratungen verwies Hollande auf die Fakten: "Einer von vier Jugendlichen in Europa ist ohne Arbeit", sagte der französische Staatschef und forderte zugleich deutlich mehr Mittel, um das Wachstum anzukurbeln.

Für Deutschland machte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) deutlich: "Wir haben genügend Geld, was aber noch nicht bei den jungen Leuten angekommen ist." Es sei deswegen nicht sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt einfach "mehr Geld" zu schreien.

Die EU-Spitzen waren nach Mailand gekommen, weil die hohe Arbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas trotz zweier früherer Beschäftigungsgipfel ein riesiges Problem bleibt. Die Job-Flaute in der Eurozone trifft insbesondere junge Menschen: 3,3 Millionen Menschen unter 25 Jahren waren im August ohne Stelle, betroffen sind vor allem Länder wie Spanien, Griechenland, Italien und Kroatien.

Gegen die Job-Krise sollen zahlreiche Maßnahmen helfen, die in Europa inzwischen angestoßen worden sind - allen voran die Jugendgarantie. Sie soll Unter-25-Jährige binnen vier Monaten in Praktikum, Arbeit oder Ausbildung bringen. Dafür stehen sechs Milliarden Euro und weitere große Summen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) bereit.
Das Problem ist aber, dass bislang nur ein kleiner Teil der Mittel bei den Betroffenen angekommen ist. 20 Staaten mit besonders großen Beschäftigungsproblemen bei Jugendlichen reichten mittlerweile 34 Umsetzungsprogramme in Brüssel ein.

Schulz empört über langsame Umsetzung

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich über die schleppende Umsetzung empört: "Es kann ja nicht sein, dass wir im Europaparlament nach heftigen Auseinandersetzungen mit den Regierungschefs dafür sorgen, dass wir sechs Milliarden zur Verfügung stellen und dann erfahre ich auf dem Weg hierher, dass mal gerade ein Prozent davon abgerufen worden ist." Er werde die Regierungschefs fragen: "Warum ruft ihr diese Gelder eigentlich nicht ab?"

Nahles betonte dagegen, dass alle berechtigten Staaten Umsetzungsprogramme eingereicht hätten. "Die Kommission muss jetzt wirklich schnell die Mittel auch bewilligen." Es gehe darum, die Arbeit auf europäischer Ebene effektiver zu machen. Bei dem Gipfel stand auch ein Treffen der Leiter der Arbeitsagenturen auf dem Programm, um die Arbeitsvermittlung in den Krisenstaaten zu verbessern.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann forderte im Deutschlandfunk mehr echte Hilfe für die Jugendlichen: "Wir haben ja mittlerweile mehr Leute, die mit der Verwaltung und Kontrolle der Mittel beschäftigt sind, als Menschen, die sich darum kümmern, dass Projekte auf den Weg gebracht werden." Die deutsche Industrie verlangte konkrete Schritte - auch von Italien, wie BDI-Präsident Ulrich Grillo der dpa sagte.

Gastgeber Matteo Renzi, dessen Land bis zum Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sorgte für zusätzliche Spannung. Denn ausgerechnet am Gipfeltag stand in Rom eine Vertrauensabstimmung über die in Italien umstrittene Arbeitsmarktreform an. Gegen das Vorhaben der Regierung gingen rund 2000 Menschen in Mailand auf die Straße. Vereinzelt kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Sicherheitskräfte riegelten den Ort des Beschäftigungsgipfels ab und richteten eine Sperrzone ein.

(dpa)
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