Supermarktkette droht Zerschlagung Alptraum bei Kaiser’s Tengelmann

Mülheim · Eine Woche nach dem Spitzengespräch, bei dem alle Teilnehmer Zuversicht verbreiteten, ist die Rettung von Kaiser's Tengelmann gescheitert. Jetzt wird die Supermarktkette wohl doch zerschlagen. Die Beteiligten schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

 Den Kaiser's-Supermärkten steht die Zerschlagung bevor.

Den Kaiser's-Supermärkten steht die Zerschlagung bevor.

Foto: dpa, obe nic

Vor mehr als zwei Jahren hat Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub seine Absicht verkündet, die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann an Edeka zu verkaufen. Seitdem gab es ein ständiges Auf und Ab — Verbot des Kartellamtes, Erlaubnis durch den Bundeswirtschaftsminister, Stopp der Ministererlaubnis durch das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Dann, beinahe in letzter Sekunde, Spitzengespräch eins ohne Ergebnis, in vermeintlich allerletzter Sekunde Spitzengespräch zwei mit der Verkündung, alle wollten an einem Strang ziehen. Jetzt platzt vermutlich doch alles. Kaiser's wird wohl zerschlagen, weil sich die Verhandlungsführer entgegen der zuletzt suggerierten Einigkeit zerstritten haben. Für die Kaiser's-Belegschaft geht der Alptraum weiter.

Der gestrige Abend war geprägt von gegenseitigen Schuldzuweisungen. "Wir müssen leider feststellen, dass die Kläger nicht bereit sind, konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und ihre Beschwerden zurückzuziehen," erklärte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub und ergänzte: "Für unsere 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann ist dies eine sehr enttäuschende Nachricht." "Leider haben die Gespräche mit Rewe keine Lösung gebracht", erklärte Edeka.

Aus Sicht der Hamburger ist der Kölner Rivale der Schuldige, der sieht das genau andersherum: "Die Gespräche über die Zukunft von Kaiser's Tengelmann sind gescheitert. Karl-Erivan Haub und Markus Mosa (Edeka-Chef, d. Red.) haben sich auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann verspekuliert und die große Chance vertan, die Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann zu sichern. Es gab und gibt bis jetzt kein ernsthaftes, überprüfbares und rechtlich umsetzbares Angebot an Rewe für eine konstruktive Lösung", erklärte Rewe-Chef Alain Caparros.

Woran hing es? Alle Welt ging davon aus, dass die Beschwerdeführer Rewe, Norma und Markant sich die Zustimmung zur Ministererlaubnis abkaufen lassen würden. Diese Erlaubnis liegt auf Eis; das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sie vorläufig gestoppt, weil Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel es aus Sicht des Gerichts an der notwendigen Neutralität hat fehlen lassen.

Das Problem, das es für Edeka und Tengelmann zu lösen galt: Wie bringen wir die Gegner der Fusion dazu, ihre Beschwerde fallen zu lassen und den Weg frei zu machen für die Ministererlaubnis? Bieten wir ihnen Geld? Märkte? Beides?

Rewe, das ist seit Tagen bekannt, war an der Übernahme von Kaiser's-Märkten vor allem in Berlin interessiert. Jeder Paketverkauf von Niederlassungen der Supermarktkette hätte aber wieder durch das Bundeskartellamt geprüft werden müssen. Es hätte Monate dauern können, bis die Wettbewerbshüter grünes Licht gegeben hätten. Bis dahin hätte Tengelmann-Eigentümer Haub das Minus bei Kaiser's tragen müssen — wobei Caparros zuletzt eine Beteiligung von Rewe an diesen Verlusten bei einer Komplettübernahme geboten hat.

Doch Haub wollte raus. Eine Aufteilung der Filialen, wie die Beschwerdeführer sie gefordert hätten, sei innerhalb der erteilten Ministererlaubnis nicht möglich, teilte er gestern Abend mit. Eine Aufteilung hätte ein komplett neues Fusionskontrollverfahren beim Bundeskartellamt zur Folge gehabt. Dafür hätten sechs weitere Monate veranschlagt werden müssen — "Zeit, die das Unternehmen Kaiser's Tengelmann nicht mehr durchstehen kann". Dass er das selbst nicht mehr wollte, hat Haub nicht erwähnt.

Am Ende hat er offensichtlich zu hoch gepokert. In den vergangenen Tagen konnte er womöglich auch nur noch zuschauen, wie der Kampf zwischen Edeka und Rewe eskalierte. Rewe-Chef Caparros soll die Geduld verloren haben. Aus dem Rewe-Umfeld heißt es, vor allem Edeka habe seinen Kölner Konkurrenten nach dem Gespräch in der vorigen Woche über Tage vertröstet und dann am Montag unzumutbare Bedingungen gestellt.

Caparros's Reaktion: Er war zu einem weiteren Treffen nicht mehr bereit. Haub soll unmittelbar danach die Gewerkschaft Verdi informiert haben, dass er nächste Woche die Zerschlagung von Kaiser's starten wolle.

Die letzte Hoffnung: Die Frist, die sich alle Beteiligten gesetzt haben, läuft erst am Montag ab. Also gäbe es theoretisch die Möglichkeit einer Einigung. Trotzdem appellierte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, "dass sich alle Beteiligten ernsthaft bemühen sollten, eine tragfähige Lösung für die Zukunft" der knapp 16.000 Mitarbeiter zu finden. Doch die Chance ist klein. Rewe hält zwar sein Angebot offen, Kaiser's selbst zu übernehmen, aber dass Haub einlenkt, erwartet eigentlich kaum jemand.

"Leider müssen wir davon ausgehen, dass für zahlreiche Filialen kein Supermarktbetreiber gefunden werden kann", sagte Haub. "Deshalb steht eine große Zahl von Mitarbeitern vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze." Er habe die Geschäftsführung von Kaiser's Tengelmann beauftragt, in umfassende Sozialplanverhandlungen einzutreten.

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