Sicherstellung der Energieversorgung Aktive Atomkraftwerke in Deutschland und seinen Nachbarländern

Düsseldorf · Der Ukraine-Krieg hat in Deutschland Debatten um die Energieversorgung neu angefacht: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Doch wie viele aktive AKW gibt es in Deutschland und seinen Nachbarländern überhaupt noch?

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Deutschlands drei aktive Kernkraftwerke

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Foto: dpa/Ingo Wagner

Atomkraftwerke in Deutschland

In Deutschland sind derzeit noch drei Kernkraftwerke in Betrieb. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 hatte Deutschland den Atomausstieg beschlossen. Viele Kernkraftwerke wurden im Laufe der Zeit vom Netz genommen, die drei verbliebenen sollen bis Ende 2022 abgeschaltet werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) sind im Gegensatz zu Markus Söder (CSU) gegen eine Laufzeitverlängerung der noch aktiven Atomkraftwerke in Deutschland. Gegenüber ntv sagte Habeck: „Für den nächsten Winter hilft uns eine längere Laufzeit aber gar nicht.“ Langfristig würde man Abstriche bei der Sicherheit machen müssen – und das in einer Situation, in der erstmals auf Atomkraftwerke geschossen werde, und es die Sorge vor Cyberangriffen gebe. Auch die deutschen Atomkonzerne glauben nicht, dass Engpässe durch längere Laufzeiten der Kernkraftwerke ausgeglichen werden könnten. Dafür würde die Lieferung neuer Brennstäbe zu lange dauern.

Doch wie stehen eigentlich Deutschlands Nachbarländer zur Atomenenergie und wie viele Kernkraftwerke betreiben sie? Diese Karte zeigt die Standorte der derzeit aktiven Kernkraftwerke:

Deutsche Nachbarländer ohne Kernkraftwerke

  • In Dänemark gibt es kein Kernkraftwerk. Das Land entschied sich bereits 1985 gegen die Nutzung der Kernenergie.
  • Auch Luxemburg verfügt über keine Atomkraftwerke. Die für 1981 geplante Inbetriebnahme eines Kernkraftwerks in der luxemburgischen Ortschaft Remerschen wurde nicht realisiert, nachdem die luxemburgische Regierung im Parlament keine Mehrheit für den Bau erhielt.
  • In Österreich wurde 1972 mit dem Bau eines Kernkraftwerkes in Zwentendorf begonnen. Dieses wurde aber nie in Betrieb genommen, da sich bei einer Volksabstimmung 1978 eine knappe Mehrheit dagegen entschied. Bis zur Liquidierung 1985 kostete das Atomkraftwerk mehr als eine Milliarde Euro.
  • Auch Polen verzichtet bislang auf die Nutzung von Atomenergie im eigenen Land. Statt einem Ausstieg plant Polen in Zukunft aber einen großen Einstieg in die Atomenergie, um weniger abhängig von der Kohle zu sein: Zwei Kernkraftwerke sollen entstehen. Bei der Planung kam es aber immer wieder zu Verzögerungen. Spätestens 2026 soll mit dem Bau des ersten Reaktorblockes begonnen werden, bevor dieser 2033 ans Netz gehen soll.

Deutsche Nachbarländer, die auf Atomenergie setzen

  • Im Gegensatz zu Deutschland setzen die Niederlande auch in Zukunft auf Atomenergie. Die Laufzeit ihres bislang einzigen Kernkraftwerkes soll verlängert. Zudem werden zwei weitere Kernkraftwerke gebaut.
  • In Tschechien gibt es derzeit zwei Atomkraftstandorte. Und damit nicht genug: Am Standort Dukovany sollen zwei neue Atomreaktoren gebaut werden.
  • Frankreich besitzt 18 Kernkraftwerke und ist nach den USA der weltweit zweitgößte Produzent von Atomstrom. Damit gibt sich das Land aber nicht zufrieden und plant einen weiteren Ausbau: Sechs neue Atomkraftwerke sollen laut Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gebaut werden, der Bau von acht weiteren soll geprüft werden. Frankreich bezieht rund 70 Prozent seines Stroms aus Atomenergie.

Deutsche Nachbarländer, die sich nicht ganz sicher sind

  • Belgien hat 2003 den Atomausstieg gesetzlich festgehalten. Bis 2025 sollen die beiden noch betriebenen Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Andererseits plant die Regierung 100 Millionen in die Forschung zu kleinen Atomkraftwerken (SMR) zu investieren und hält sich somit eine Hintertür offen.
  • Die Schweiz hatte beschlossen, dass die bestehenden drei Atomkraftwerke bis zum Ende ihrer Betriebszeit bestehen bleiben sollen, danach jedoch nicht ersetzt werden. 2017 stimmte die Mehrheit der Bevölkerung der Energiestrategie 2050 zu. Seitdem ist der Bau neuer Atomkraftwerke verboten. Anfang des Jahres sorgte ein Positionspapier der FDP in der Schweiz für Diskussionen. Dieses sah eine Aufhebung des Bauverbots für neue Atomkraftwerke vor. Auf der Delegiertenversammlung der FDP im Februar dieses Jahres in Montreux entschied man sich nach lebhafter Debatte für eine abgeschwächte Version, in der der Bau neuer Kernkraftwerke nicht ausgeschlossen wird.
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