Anteilsbverkäufe durch Investoren Aktienkurse der Großbanken stürzen ab

Frankfurt · Die Börse reagiert mit Verlusten auf die Anteilsverkäufe großer Investoren bei der Deutschen Bank und der Commerzbank. Womöglich haben einige der Finanzinvestoren bei den Geldhäusern Kasse gemacht.

   Die Zentralen der Deutschen Bank (links) und der Commerzbank in Frankfurt.

Die Zentralen der Deutschen Bank (links) und der Commerzbank in Frankfurt.

Foto: dpa/Arne Dedert

Der Kursrutsch war gewaltig. Mehr als zehn Prozent hat die Aktie der Deutschen Bank zwischen dem Börsenschluss am frühen Montagabend und dem Dienstagvormittag verloren, ehe es eine deutliche Erholung gab. Bei der Commerzbank betrug das Minus im gleichen Zeitraum neun Prozent. Deutschlands Großbanken auf Talfahrt an der Börse – warum ist das so?

Offensichtlich haben große Investoren aus den Vereinigten Staaten die Lust an den Papieren der deutschen Geldwirtschaft verloren. Wer das genau ist, bleibt zwar einstweilen offen, aber die Menge der von der US-Investmentbank Morgan Stanley angebotenen Aktien (116 Millionen Stück der Deutschen Bank, mehr als 72 Millionen der Commerzbank) lässt den Schluss zu, dass es sich dabei um große Investmentgesellschaften handelt, namentlich wohl Blackrock und die Capital Group. Die angebotenen Pakete umfassen 5,8 Prozent der Deutsche-Bank-Papiere und 5,6 Prozent der Commerzbank-Aktien, und in solchen Größenordnungen ist außer den Amerikanern niemand mehr im Boot, nachdem sich in Cerberus bereits Anfang Januar ein weiterer Finanzinvestor von großen Teilen seines Eigentums an den deutschen Geldhäusern verabschiedet hatte.

Was die drei Großaktionäre eint, ist vermutlich, dass sich ihre Erwartungen von einem Zusammenschluss der beiden Frankfurter Kreditinstitute oder einem Bündnis mit anderen Partnern nicht erfüllt haben. Über eine solche Fusion und deren mögliche Notwendigkeit ist in der Vergangenheit viel spekuliert worden. Vor drei Jahren scheiterten die Verhandlungen der beiden deutschen Großbanken daran, dass die Verantwortlichen angesichts von Fragen des Geschäftsmodells, der Finanzierung des Deals und der Kosten für einen drohenden Stellenabbau in fünfstelliger Höhe keinen Mehrwert in einem solchen Bündnis sahen. Seither haben beide versucht, ihre Hausaufgaben zu erledigen; von einem neuen Fusionsanlauf ist gegenwärtig nicht die Rede. Und auch eine Allianz auf internationaler Ebene zeichnet sich derzeit nicht ab.

Ein möglicher Zusammenschluss war zumindest wohl eines der Motive von Cerberus beim Einstieg vor viereinhalb Jahren, kurz nach dem Investment bei der Commerzbank. Und der Gedanke an eine Neuauflage der Verhandlungen könnte auch das Investment der Capital Group vor zwei Jahren beeinflusst haben. Die US-Gesellschaft dürfte seinerzeit bei der Deutschen Bank zu Kursen eingestiegen sein, die deutlich unter dem aktuellen Aktienpreis lagen, und könnte mit einem Verkauf jetzt Kasse gemacht haben, selbst wenn sie deutliche Abschläge in Kauf genommen hat (siehe Info).

Wir erinnern uns: Im Frühjahr 2020, kurz nach dem Einstieg der US-Fondsgesellschaft, erreichte die Deutsche-Bank-Aktie bei 5,37 Euro ihr Rekordtief, und als die Amerikaner im Herbst 2020 nachlegten, war das Papier auch noch deutlich weniger als neun Euro wert. Das Investment der Amerikaner durfte man als Zustimmung für den Kurs von Vorstandschef Christian Sewing werten, aber mittlerweile ist aus Sicht der Capital Group die Kursfantasie wohl raus. Das gilt vermutlich in gleichem Maß für die Beteiligung an der Commerzbank, an der die Amerikaner Anteile von mehr als fünf Prozent halten. Dabei bezeichnet sich die Investmentgesellschaft aus Los Angeles, deren verwaltetes Vermögen fast zwei Billionen Dollar (1,84 Billionen Euro) beträgt, als langfristig orientiert. Womöglich eine Frage der Definition.

Bei Blackrock sieht die Sache anders aus. Denn der weltweit größte Vermögensverwalter, bei dessen deutscher Tochter der heutige CDU-Vorsitzende Friedrich Merz vier Jahre lang den Aufsichtsrat führte, ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit einer meldepflichtigen Beteiligungshöhe in Mainhattan unterwegs und würde derzeit Verluste machen. Und das Kapital steckt überwiegend in börsengehandelten Indexfonds (ETF), deren Investments an große Börsenindizes gekoppelt sind, also auch den Dax (Deutsche Bank) und den M-Dax (Commerzbank).

Wer nun tatsächlich der Verkäufer ist oder auch die Verkäufer sind, zeigt sich vielleicht erst in einigen Tagen. Nämlich dann, wenn die Verkäufer womöglich eine Pflichtmitteilung darüber abgeben müssen, dass ihr Anteil nach dem Verkauf die meldepflichtige Schwelle unterschritten hat. Diese Schwellen liegen nach deutschem Recht unter anderem bei Anteilsbesitzen von drei und fünf Prozent. Nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass Cerberus, das weniger als drei Prozent an der Deutschen Bank hält, auch noch einmal Papiere verkauft hat. Das wäre nicht einmal mehr meldepflichtig.

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