Düsseldorf/Berlin Air Berlin streicht 200 weitere Jobs

Düsseldorf/Berlin · Wegen zu niedriger Gewinne wird das Sparprogramm erneut verschärft. Gleichzeitig versucht der Vorstand, die Gemeinschaftsflüge mit dem wichtigsten Anteilseigner Etihad doch noch langfristig genehmigt zu bekommen.

Die Krise bei Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft verschärft sich. Air Berlin wird weitere 200 der derzeit noch 8500 Stellen streichen. Dies kündigte Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer an. Dabei hofft das Unternehmen, auf Kündigungen verzichten zu können.

Air Berlin hatte in den vergangenen Monaten bereits 900 Arbeitsplätze gestrichen. Prock-Schauer hatte jedoch zugeben müssen, dass die bisherigen Sparanstrengungen nicht ausreichten, um die Fluggesellschaft zurück in die Gewinnzone zu bringen. Er kündigte daraufhin eine grundlegende Neuausrichtung an - die nun erst einmal nur ein kleiner Umbau ist. "Viele haben den ganz radikalen großen Wurf erwartet", sagte er vor Unternehmern in Berlin. Es habe sich aber gezeigt, dass Air Berlin mit den drei Segmenten Europa, Touristik und Langstrecke richtig positioniert sei. "Es gibt keinen Grund, das zu ändern", sagte Prock-Schauer. Die Fluggesellschaft müsse allerdings effizienter werden.

Tatsächlich kämpft das Unternehmen mit mächtig Gegenwind. Denn nur das Segment Touristik, also das klassische Fluggeschäft nach Mallorca und zu ähnlichen Zielen in Europa oder in der Karibik, funktioniert wirklich eigenständig. Sowohl beim Geschäft mit Langstreckenflügen wie im vernetzten Verkehr in Europa ist Air Berlin dagegen zunehmend darauf angewiesen, mit dem wichtigsten Eigentümer Etihad aus den Golfstaaten sowie mit deren zweitem Europa-Ableger Alitalia immer enger zusammenzuarbeiten. Dabei stellt Air Berlin die Maschinen, aber Ethihad und/oder Alitalia verkaufen die Tickets auch unter ihren Flugnummern. Experten nennen das Verfahren Code-Sharing.

Wie ernst die Lage ist, zeigen zwei Entwicklungen: Der Kurs der Aktie von Air Berlin ist gestern erneut abgerutscht. Er liegt nur noch bei 1,20 Euro, nach 20 Euro vor sieben Jahren. Und der Konzernwert beträgt nur noch 144 Millionen Euro - ein Witz angesichts von 144 genutzten Jets. Allein in den vergangenen zwei Jahren gab es Verluste von mehr als 500 Millionen Euro.

Außerdem ist weiterhin unsicher, ob Air Berlin nach dem Ende des Winterflugplans 32 Code-Sharing-Verbindungen mit Etihad vermarkten darf. Starke Unterstützung von NRW, von Berlin und auch aus der Landesregierung von Baden-Württemberg haben zwar dazu geführt, dass ein anfänglich erlassenes Verbot dieser Verbindungen wieder aufgegeben wurde. Aber weil umstritten ist, ob diese Art von Gemeinschaftsflügen vom Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgedeckt ist, behält sich das Bundesverkehrsministerium ein Verbot ab dem Sommerflugplan vor. Vor einer Woche gab es ein erstes Gespräch in Berlin zu den Code-Sharing-Flügen. Es bleibt unklar, ob sie dauerhaft erlaubt werden. Der Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) hat ausgerechnet, wie abhängig Air Berlin von den Flügen ist: Jedes zweite Ticket der 32 Flüge wird über Etihad verkauft. Ohne die Flüge kämen 60 Millionen Euro weniger pro Jahr in die Kasse. Das Einsparen der 200 Jobs bringt nur rund 20 Millionen Euro.

(RP)
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