Berlin Ärzte streiten ums Honorar

Berlin · Unter den Medizinern tobt ein Kampf ums Geld: Die Kassenärztlichen Vereinigungen mit niedrigen Honoraren fordern mehr Gerechtigkeit im System. Die Gutverdiener in Berlin und Hamburg verteidigen ihre Pfründe.

Die niedergelassenen Mediziner in Nordrhein-Westfalen sind bei der Honorarverteilung bundesweit abgehängt. Die niedrigsten Vergütungen erhalten die Ärzte deutschlandweit in Westfalen-Lippe. Die Region Nordrhein steht auf dem drittletzten Platz.

Vor dem Hintergrund, dass das Versorgungsgesetz, das noch in diesem Jahr beschlossen werden soll, die Honorarverteilung teilweise neu regeln soll, ist zwischen den Honorar-Sieger- und den Honorar-Verlierer-Ländern ein erbitterter Streit ausgebrochen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den niedrigen Vergütungen, zu denen auch Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein zählen, haben sich bereits zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Sie fordern eine Anhebung des Honorars für ihre Länder. Sie kritisieren, dass ihre Honorare unter Durchschnitt liegen, obwohl in ihren Regionen mehr alte und kranke Menschen zu versorgen seien als im Bundesdurchschnitt.

Derzeit werden die Honorare nach einer bundesweiten Regelung verteilt, die auf den Mengen der ärztlichen Leistungen von 2007 beruht. Allerdings bildet der Verteilungsmechanismus nicht exakt ab, was die Ärzte damals tatsächlich an Leistungen erbracht haben. Dadurch ist die Schieflage entstanden.

Theoretisch können die Kassenärztlichen Vereinigungen nach dem neuen Versorgungsgesetz ihre Honorare wieder regional aushandeln. Allerdings gibt es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch Gerangel, wie diese Regelung ausgestaltet werden soll. Der Chef der KV Nordrhein Peter Potthoff glaubt nicht daran, dass er den mit Honoraren gesegneten Regionen Geld abknöpfen kann. "Es ist ein Witz zu behaupten, wir könnten das mit den Krankenkassen frei aushandeln. Wir können keine Steigerungen von 15 Prozent verhandeln. Wenn wir jetzt nicht in die Lage versetzt werden, dahin zu kommen, wo andere schon sind, dann bleiben wir auf ewig benachteiligt", sagte der KV-Chef.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Regionen mit niedrigen Honoraren. "Patienten wollen und müssen überall gleich gut versorgt werden. Und ein niedergelassener Arzt sollte für die gleiche Behandlung auch in ganz Deutschland einheitlich vergütet werden", sagte ein Sprecher der KBV. "Da das aktuell in Deutschland immer noch nicht der Fall ist, sollte unserer Ansicht nach die Gesamtvergütung je Versicherten für alle Regionen auf den Bundesdurchschnitt angehoben werden." Wenn aber nicht gleichzeitig die Länder mit den hohen Honoraren etwas abgeben, wird dies wiederum bei den Krankenkassen finanzielle Löcher reißen.

Der Chef der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Jacobs, lehnt eine schlichte Anhebung der Honorare ab. "Die Ärzte auf ein Durchschnittsniveau zu heben, macht doch keinen Sinn. Die Ärzte sollen für ihre Leistungen bezahlt werden." Jacobs fordert eine völlige Neustrukturierung bei der Verteilung von Arzthonoraren. "Wir brauchen eine monatliche Festpauschale für eine Arztpraxis", forderte Jacobs. Diese könne bei 5000 Euro pro Monat liegen. Je nach Patientenzahl, Öffnungszeiten und laufenden Kosten für die Praxis könne die Summe variieren. "Für Qualitätssicherungsprogramme sollen Zuschläge gezahlt werden", betonte Jacobs.

Dem Kassenchef schwebt zudem vor, durch eine solche Reform das Gespräch mit dem Patienten für die Ärzte finanziell attraktiver zu machen. "Die sprechende Medizin muss höher bewertet werden. Technische Leistungen wie Röntgen und Laborarbeiten müssen abgewertet werden", betonte Jacobs. In Deutschland werde ohnehin zu viel geröntgt.

(RP)
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