Neues Prämien-Konzept Ärzte fordern Gesundheitsbeitrag

Interview · Die Bundesärztekammer hat ein Konzept vorgelegt, mit dem sie die Finanzierung des Gesundheitswesens reformieren will. Für Neugeborene soll es ein Gesundheits-Sparkonto geben, das der Staat aus Steuermitteln füllen soll.

Die Deutsche Ärzteschaft will die Finanzierung des Gesundheitswesens auf neue Füße stellen. Dafür hat die Ärzteschaft ein Konzept erstellt, das einen Mix aus Gesundheitsprämie und Bürgerversicherung darstellt. Für Neugeborene soll mit einem staatlich finanzierten Gesundheits-Sparkonto der Einstieg in eine Kapitaldeckung geschafft werden. Dies geht aus einem Papier der Bundesärztekammer hervor, das unserer Zeitung vorliegt.

Gesetzlich Versicherte sollen eine monatliche Prämie zahlen, die je nach Finanzlage der Kassen zwischen 135 und 170 Euro liegen würde. "Sie soll für die Mitglieder einer Kasse gleich sein, unabhängig von Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand", sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Die beitragsfreie Familienmitversicherung würde in Teilen aufgehoben. Künftig sollen nur noch Kinder und Ehepartner, die pflegen oder Kinder erziehen, davon profitieren können. Grundlage des Ärztepapiers sind die Finanz-Modelle der Gesundheitsökonomen Thomas Drabinski (Kiel) und Günter Neubauer (München).

Die Ärzte bezeichnen ihr neues Prämien-Konzept als "Gesundheitsbeitrag". Dieser soll neun Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Wer also nur 1500 Euro pro Monat zur Verfügung hat und 170 Euro Prämie zahlen muss, bekäme über einen Sozialausgleich 35 Euro zurück. In diesem Punkt fließt eine Idee der Bürgerversicherung in das Konzept ein, wonach nicht nur Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, sondern auch andere Einkommen wie Miete, Zinsen und freiberufliche Tätigkeiten herangezogen werden. Aktuell liegt der Arbeitnehmeranteil des Beitragssatzes bei 8,2 Prozent. Hinzu kommen, so rechnen die Ärzte, bis zu zwei Prozent des Einkommens, die Kassenpatienten beispielsweise für Arzneimittel oder Klinikaufenthalte zuzahlen müssen. Diese Zuzahlungen würden entfallen. Im Gegenzug fordern die Ärzte aber, dass die Krankenkassen mehr finanzielle Anreize für kostenbewusstes Verhalten der Versicherten setzen.

Der Arbeitgeberanteil in der gesetzlichen Krankenversicherung, aktuell bei 7,3 Prozent, soll nach dem Konzept der Ärzteschaft auf diesem Niveau eingefroren werden. Das heißt, künftige Kostensteigerungen müssten die Versicherten allein tragen. Im Zuge der von den Ärzten vorgeschlagenen Reform würde der Gesundheitsfonds an Bedeutung verlieren. Über ihn würden aber weiter die Beiträge der Arbeitgeber sowie Steuermittel und Leistungen für den Sozialausgleich verteilt. Ein Ausgleich zwischen den Kassen wegen Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand der Versicherten soll ebenfalls erhalten bleiben. Neu ist die Idee, eine Art Kapitaldeckung in den gesetzlichen Kassen aufzubauen. Dafür soll der Staat für jedes neugeborene Kind bis zum 18. Geburtstag monatlich 100 Euro auf ein Gesundheits-Sparkonto einzahlen. Die jährlichen Kosten dafür, die auf bis zu neun Milliarden Euro aufwachsen werden, würden aus Steuermitteln kommen. Die Private Krankenversicherung soll nach Vorstellung der Ärzte erhalten bleiben. Allerdings mahnen die Mediziner auch in dem System Reformen an.

(qua)
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