Immobilienkonzern in der Krise Adler-Aktie stürzt um fast 30 Prozent ab

Düsseldorf · Der Immobilienkonzern erlebt ein Börsen-Desaster, nachdem die Wirtschaftsprüfer von KPMG das Bilanz-Testat verweigert haben. Vorwürfe des britischen Investors Fraser Perring lösen eine neue Debatte aus.

Adler-Aktie stürzt um fast 50 Prozent ab
Foto: dpa/Lothar Ferstl

Ein Verlust von rund 1,2 Milliarden Euro ist für sich genommen schon eine unternehmerische Katastrophe. Auch wenn die Zahlen operativ schwarz sind und das große Loch vor allem Abschreibungen zuzurechnen ist. Wenn dann aber auch noch der Wirtschaftsprüfer die Bilanz nicht testieren will, weil ihm wesentliche Informationen für die Beurteilung des Zahlenwerks fehlen, wird die Lage prekär. Im Falle der Immobiliengruppe Adler heißt der Wirtschaftsprüfer KPMG, und der hat mit seinem Nein zum Testat die Aktie seines Mandanten am Montag auf Talfahrt geschickt. Fast die Hälfte seines Börsenwertes hat das Unternehmen zeitweise an Wert verloren. Zum Börsenschluss betrug das Minus noch rund 29 Prozent. Jene, die dort investiert haben, sind alles andere als glücklich.

Zu ihnen gehört Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia, der etwa 20,5 Prozent der Anteile hält und dafür immerhin 14 Euro je Anteilsschein bezahlt hat. Die hat er in mehreren Schritten dem Unternehmen Aggregate Holdings abgekauft, das dem österreichischen Investor Günther Walcher gehört. An dem Investment hat Vonovia-Chef Rolf Buch aktuell naturgemäß wenig Freude, und deshalb ist seine Aussage vom vergangenen Freitag, ein weiterer Zukauf komme derzeit nicht infrage und stattdessen sei der Verkauf der Anteile eine Option, wohl auch als Ansage zu werten, dass Vonovia einen Käufer sucht. Am Montag erklärte der Konzern, in Anbetracht „unserer gestiegenen Kapitalkosten und unserer Verpflichtung, im derzeitigen Umfeld keine weiteren Schulden aufzunehmen, ist klar, dass wir keine Käufer von Adler-Aktien sind. Die Beteiligung sei eine „reine, vergleichsweise kleine Finanzinvestition“. Es gebe daher keinen Grund, „übereilt eine Entscheidung zu treffen“.

Wer ein Käufer sein könnte bei dem Grad an Unsicherheit, der gegenwärtig bei Adler herrscht, bleibt ohnehin unklar. „Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass die Bank- und Kapitalmärkte, solange wir einen Disclaimer of Opinion (Versagungsvermerk des Wirtschaftsprüfers, d. Red.) haben, für uns geschlossen sind“, sagte der Chef des Adler-Verwaltungsrats, Stefan Kirsten. Und das gilt dann wohl auch für Investoren, die aussteigen wollen.

Das Vertrauen in die Adler-Aktie ist jedenfalls nachhaltig zerstört. Beschädigt worden ist es schon dadurch, dass das Unternehmen mit juristischem Sitz in Luxemburg und operativem Sitz in Berlin in den vergangenen Monaten mehrfach die Veröffentlichung seiner Zahlen verschoben hat. Seit Oktober sitzt dem Konzern der britische Investor Fraser Perring im Nacken, der behauptet hat, der Wert von Immobilienprojekten sei künstlich aufgebläht worden, und das zu Lasten von Aktionären und Anleihegläubigern. Schon das hat eine schwere Krise ausgelöst. Adler, das in der heutigen Form erst seit 2020 existiert und durch Zusammenschlüsse auf Aktientausch entstanden ist, hat diese Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, die in der Bilanz ausgewiesenen Immobilienwerte seien von unabhängigen Immobiliengutachtern ermittelt und von finanzierenden Banken selbstständig überprüft worden. KPMG hat Perrings Vorwürfe auch nicht bestätigt, sondern „nur“ Mängel attestiert. Insofern schöpft Adler noch Hoffnung. Man wolle die Gründe für das verweigerte Prüfungsurteil so schnell wie möglich beseitigen, so Kirsten, und strebe für das laufende Jahr einen „uneingeschränkten Bestätigungsvermerk“ an.

Bemerkenswerterweise ist Fraser Perring vor Jahren auch einer derjenigen gewesen, der mit Vorwürfen gegen das Wirecard-Management die Lawine beim untergegangenen Finanzdienstleister lostrat. Seine Analysefirma Viceroy durchleuchtet Unternehmen auf mögliche Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen. Perring praktiziert dann bei diesen Firmen sogenannte Leerverkäufe, verkauft also Papiere, die er gar nicht besitzt. Er setzt aber darauf, dass nach Bekanntwerden seiner Vorwürfe die Aktienkurse des betroffenen Unternehmens purzeln und er dann billiger nachkaufen kann. Funktioniert die Idee nicht, macht er allerdings Verlust.

Perrings Vorgehen ist juristisch nicht zu beanstanden, bringt aber Unternehmen natürlich mitunter in schwere Nöte. Und bei Adler war die Not im vergangenen Jahr ohnehin schon groß. Im Dezember hat der Konzern unter anderem mehr als 15.000 Wohnungen an den Düsseldorfer LEG-Konzern verkauft, um die Schulden zu drücken. Der drückt dann aber wegen der verringerten Wohnungsbestände auf das operative Ergebnis (FFO 1), das nach Einschätzung von Adler in diesem Jahr bei 73 Millionen bis 76 Millionen Euro liegen soll. Dies wäre gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um mindestens 45 Prozent. Auch das könnte der Aktie richtig wehtun.

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