München ADAC stellt Autopreis "Gelber Engel" ein

München · Vor einer Woche hatte VW-Chef Martin Winterkorn den Preis noch entgegengenommen, obwohl ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair ahnen musste, dass die Abstimmung gefälscht war. Jetzt greift ADAC-Präsident Peter Meyer durch.

Der ADAC zieht aus dem Skandal um manipulierte Zahlen bei der Wahl des Autopreises "Gelber Engel" Konsequenzen – und stellt die Vergabe des Preises ein. "Er hat keine Zukunft", sagte ADAC-Präsident Peter Meyer in einem Interview. Seit bekanntgeworden war, dass Ex-Kommunikationschef Michael Ramstetter die Zahl der abgegebenen Stimmen bei der Publikums-Wahl zum Lieblingsauto geschönt hatte, prasselt heftige Kritik auf den Autoclub ein. "Das war ein Totalschaden", räumt Meyer gegenüber der "Automobilwoche" ein. Der ADAC werde sich auf die Kernkompetenzen zurückbesinnen, um wieder Vertrauen aufzubauen.

Ein Grund dürfte auch die immer lauter werdende Kritik aus der Industrie sein. So hatte zuletzt Bosch-Chef Volkmar Denner ungewöhnlich deutlich gesagt, er sei "zutiefst enttäuscht" über den Umgang mit den Manipulationsvorwürfen. Volkswagen hatte bereits angekündigt, nicht mit dem "Gelben Engel", den VW-Chef Martin Winterkorn für den Golf als "Bestes Auto" entgegennehmen durfte, zu werben. "Das Engelskostüm ist beschmutzt", sagt der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD).

Der ADAC bemüht sich seit Tagen intensiv um Schadensbegrenzung. Auf der Internetseite des Clubs hatte Meyer bereits angekündigt, den Mitgliedern auf der Hauptversammlung im Mai Vorschläge zu unterbreiten, "die dauerhaft für mehr Offenheit, höhere Transparenz und direktere Mitgliedereinbindung sorgen sollen". Meyer, der den Club bereits in vierter Amtszeit leitet, ließ hier jedoch keinen Zweifel daran, dass man die wirtschaftlichen Aktivitäten des Clubs nicht einstellen wolle: "Dass der ADAC vorrangig ein leistungsstarker Automobilclub sein muss, der für die Interessen seiner Mitglieder eintritt, gleichzeitig aber auch ein erfolgreiches, unabhängiges Wirtschaftsunternehmen, ist für uns unabdingbar."

Eine Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen sieht anders aus. Die Widersprüchlichkeit passt jedoch zu einer ganzen Reihe von Ungereimtheiten. Denn längst mehren sich auch die Hinweise, dass ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair, der die Vorwürfe an sich aufklären soll, viel früher als behauptet von selbigen erfahren hatte. Zuletzt hatte er sich immer mehr in Widersprüche verstrickt. Laut der "Süddeutschen Zeitung" habe man Obermair eine Woche vor der Verleihung des "Gelben Engels" mit dem Verdacht gefälschter Zahlen konfrontiert, woraufhin dieser angeblich sofort eine interne Revision veranlasst habe. Obermair behauptet in einem Interview mit "Spiegel Online" jedoch, erst nach den Veröffentlichungen von den Betrugsvorwürfen erfahren zu haben. Die Schuld liege allein bei Ex-Kommunikationschef Michael Ramstetter, der es geschafft habe, "bis nach der Preisverleihung des 'Gelben Engel' am Donnerstag unseren Fragen auszuweichen".

Ginge es nach Bosch-Chef Volker Denner, dessen Unternehmen einen "Gelben Engel" in der Kategorie "Innovation und Umwelt" für eine Motorrad-Stabilitätskontrolle erhalten hatte, hätte die Veranstaltung nie stattfinden dürfen: "Wahrscheinlich wäre es das Richtige gewesen, die Preisverleihung einfach zu verschieben."

(RP)
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