Start im Frühjahr 2023 49-Euro-Ticket kommt – das müssen Sie dazu wissen
Düsseldorf/Berlin · Das 49-Euro-Ticket - oder das „Deutschlandticket“ - kommt voraussichtlich im Frühjahr. Wir erklären, wem das Discount-Abo am meisten nützt, wann der geplante Starttermin ist und warum es auch hohe Steuererstattungen bringen kann.

Alles, was Sie zum 49-Euro-Ticket wissen müssen
52 Millionen Bürger erwarben das 9-Euro-Ticket zwischen Juni und August 2022 für freie Fahrt im Nahverkehr bundesweit für neun Euro im Monat. Rund zehn Millionen Menschen bekamen ihre normalen Nahverkehrsabos in 9-Euro-Abos umgewandelt und profitierten durch einen günstigeren Preis. So sah die Bilanz der größten Werbeaktion für den Nahverkehr bisher aus. Nun haben sich Bund und Länder auf die Einführung des „Deutschlandtickets“ festgelegt. Wir erklären, was geplant ist ist – und wer die größten Vorteile hätte.
Wo kann man das 49-Euro-Ticket nutzen? Wie lange gilt das 49-Euro-Ticket?
Das Ticket soll wie das 9-Euro-Ticket Fahrten im Nahverkehr inklusive Regionalzüge bundesweit erlauben. Es soll als Abo verkauft werden, das aber jederzeit gekündigt werden kann.
Wird es Fahrkarten geben - oder ist das 49-Euro-Ticket „papierlos“?
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will vorrangig den digitalen Verkauf, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) als größter Verkehrsverbund Deutschlands sieht das ähnlich. Es steht fest, dass das 49-Euro-Ticket mit der App des VRR buchbar sein wird, ebenso mit der App des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS).
Wann soll das 49-Euro-Ticket starten?
Millionen Fahrgäste können mit der Einführung des 49-Euro-Tickets im Nah- und Regionalverkehr im Frühjahr rechnen. Die Länder streben einen Starttermin zum 1. Mai an. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hält diesen Termin aber für offen. Bund und Länder hatten sich bereits im Prinzip geeinigt, sich die Kosten für das Deutschlandticket mit je 1,5 Milliarden Euro zu teilen. Die Länder wollten aber auch Garantien, dass der Bund die Hälfte etwaiger Mehrkosten übernimmt. In der Ministerpräsidentenkonferenz am 8. Dezember 2022 kam es zur Einigung - zumindest für das Jahr 2023.
Welchen Vorteil haben Abonnenten?
Je mehr Geld Bürger bisher für ein ÖPNV-Abo ausgeben, umso mehr können sie sparen. Das ist die einfache Logik, wobei Grenzgänger zwischen den Verkehrsverbünden den größten Vorteil hätten.
So kostet das Monatsabo zwischen Düsseldorf und Köln die sehr hohe Summe von 241,70 Euro für vier Wochen, weil es die Grenzen der zwei Verkehrsverbünde Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) überschreitet. Der Nutzer des 49-Euro-Abos würde im Monat also 192,70 Euro sparen, im Jahr wären dies knapp 2300 Euro. Noch höher wäre die Ersparnis für Pendler zwischen Köln und Aachen: Für das Abo sind im Monat 265,80 Euro fällig, die Ersparnis im Jahr läge also bei 2600 Euro.
Gibt es nur Ganz-Jahres-Abos?
Nein, es ist eigentlich vorgesehen, dass Abos monatlich gekündigt werden können. Dies bedeutet konkret, dass die Bürger ein Abo wohl aussetzen können, wenn sie länger in Urlaub gehen. Das einfache Kündigen soll helfen, viele Kunden zu ködern, weil zu lange Laufzeiten auch viele Menschen abschrecken könnten. Im Prinzip lernt die Branche damit von Abodiensten wie dem TV-Serien-Anbieter Netflix, die ihren Erfolg auch der jederzeit möglichen Kündigungsmöglichkeit verdanken.
Welchen Vorteil haben reine Verbund-Abonnenten?
Fast alle regulären Abos der NRW-Verkehrsverbünde kosten mehr Geld als 49 Euro, also würden alle Kunden eines solchen Abos profitieren. Eine Ausnahme ist aktuell beispielsweise das Ticket 1000 im Abo, wenn es nur nach 9 Uhr gültig ist und die kleinste Preisstufe A1 hat. Dann sind nur 47,60 Euro fällig. Auch das „Schoko-Ticket“ für Schüler ist aktuell viel günstiger als 49 Euro mit dem Preis von 38 Euro für Fahrten im ganzen VRR. Aber Inhaber des Tickets 2000, die nur die niedrigste Preisstufe nutzen, zahlen aktuell im Monat mindestens 63,95 Euro. Bei Preisstufe B, die beispielsweise für Fahrten zwischen Düsseldorf und Krefeld gewählt werden muss, sind es 101,99 Euro im Monat. „Das 49-Euro-Abo wäre vor allem eine Entlastung für Pendler mittlerer und weiter Strecken“, sagt dazu Wolfgang Schuldzinski, Chef der NRW-Verbraucherberatung. „Für den kurzen Verkehr wäre eine gezielte Absenkung auch dieser Abopreise sowie der einzelnen Ticketpreise eine sinnvolle Förderung.“
Welchen Steuervorteil gibt es?
Indirekt könnte ein 49-Euro-Ticket für Bürger auch einen Vorteil beim Finanzamt bringen. Wenn sie nämlich eine weite Fahrstrecke zur Arbeit haben, können sie viele Kilometer Fahrstrecke von der Steuer absetzen, obwohl sie ja nicht einmal 50 Euro reale Kosten haben. „Die Entfernungspauschale wird unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel gewährt“, sagt Hans-Ulrich Liebern, Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler in NRW, „also könnte Pendeln mit dem 49-Euro-Ticket schon die Steuerlast im Vergleich zur tatsächlichen Belastung schön senken.“ Voraussetzung wäre, dass Bürger wegen des 49-Euro-Abos weitgehend auf das Auto zum Pendeln verzichten.
Welche Vorteile haben Düsseldorf-Köln-Pendler?
Eine Modellrechnung: Rund 40 Kilometer Fahrstrecke können Pendler zwischen Köln und Düsseldorf absetzen, was 13,60 Euro an Entfernungspauschale am Tag sind. Bei 20 Arbeitstagen kommen im Monat 272 Euro zusammen, mehr als das fünffache der tatsächlich gezahlten 49 Euro. „Wenn Pendeln durch das 49-Euro-Ticket günstiger wird, könnte dies den Zuzug in die Satellitenstädte rund um die Metropolen noch anheizen“, sagt dazu der Immobilienexperte Thomas Abraham von der Bonner Forschungsfirma Empirica, „wobei allerdings ein guter S-Bahn-Takt wichtiger ist als ein reiner Discount-Tarif.“
Pendler, Besucher, Kurzurlauber – für wen lohnt sich das 49-Euro-Ticket? Dazu lesen Sie hier mehr.
Worauf hofft die Branche?
Die große Hoffnung der Branche ist, dass das 49-Euro-Ticket neue Nutzer in den ÖPNV zieht. Der VRR hält rund 100.000 neue Abonnenten für denkbar. Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgästeverbandes Pro Bahn in NRW, sieht es ähnlich: „Wenn ein Abo relativ wenig kostet, buchen es eben auch nur gelegentliche Nutzer. Wichtig ist dann nur, dass es entsprechende Angebote für Menschen gibt, die sich die 49 Euro nicht leisten können.“ Das sieht auch Thomas Kutschaty so, SPD-Chef in NRW. Er meint, alle sozial Bedürftigen in NRW sollten einen Zuschuss erhalten, damit sie von einem möglichen Discountabo profitieren: „Neben dem 49-Euro-Ticket hilft ein gezielter, jährlicher Mobilitätszuschuss von 200 Euro dabei, dass sich auch diejenigen mit geringem Einkommen in NRW bewegen können.“
Welche Kritik gibt es am 49-Euro-Ticket?
Manche Manager des ÖPNV halten die Einführung eines 49-Euro-Tickets für falsch. Sie würden die dafür notwendigen Milliarden-Subventionen lieber nutzen, um das Netz auszubauen und um einen 10-Minuten-Takt anzubieten anstatt überfüllte Züge durch zu niedrige Preise zu riskieren. Allgemein meint die Branche, dass es ärgerlich ist, dass die Politik nun zwar das Geld für das 49er-Abo bereitstellt, aber es gibt keinen Plan, um den ÖPNV und insbesondere die S-Bahn-Netze langfristig auszubauen und dann auch großzügiger zu finanzieren.
Der Verband der Verkehrsunternehmen Deutschlands (VDV) hatte auch ein 69-Euro-Ticket vorgeschlagen. Es würde weiterhin viele Pendler entlasten, würde aber weit weniger Subventionen nötig machen. Das Kalkül bei einem 69 Euro-Ticket für bundesweite Fahrten wäre auch, dass es dann günstigere Angebote nur für NRW oder einzelne Städte gäbe.
Außerdem sieht sich die Branche unter Druck, nach einem Start eines 49-Euro-Tickets für die Allgemeinheit die Abo-Modelle für spezielle Gruppen wie Studenten oder Geringverdiener (“Sozialticket“) anzupassen.