Richter sehen Betrug erwiesen/Bewährungsstrafe und hohe GeldbußeNach Urteil: Gsell will mit traumatisierten Menschen reden
Nürnberg (rpo). Das Amtsgericht Nürnberg hat im Betrugsprozess gegen Tatjana Gsell die Angeklagte zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde sie zu einer hohen Geldstrafe verdonnert. Direkt nach dem Urteil verkündete sie ihre weiteren TV-Pläne."Jetzt kann ich mir endlich was Neues vornehmen", freut sich Tatjana Gsell nach dem Urteilsspruch im Nürnberger Amtsgericht. Vor den Linsen der zahlreichen Fernsehkameras und Fotoapparate gibt die "schöne Witwe" keinesfalls die kleinlaute Straftäterin. Nachdem ihr letzter Fernsehauftritt in der ProSieben-Reality-Show "Die Alm" so schrecklich gewesen sei, wolle sie jetzt ihre eigene Sendung haben. Offenbar auch, um ihre eigene Vergangenheit zu bewältigen: Sie werde in Zukunft vor der Kamera "mit Leuten reden, die so traumatisiert wurden, wie ich es bin", konkretisiert Gsell ihre Pläne. Die 33-Jährige ist am Freitag zu einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. Zusätzlich muss sie 30 000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen bezahlen. Ihr mitangeklagter Jugendfreund, der Hofer Staatsanwalt Stefan M., erhielt eine Bewährungsstrafe in Höhe von 15 Monaten und eine Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro. Beide waren wegen eines versuchten Versicherungsbetrugs und der Vortäuschung einer Straftat angeklagt. Amtsrichterin Ute Kusch schloss sich in ihrer Urteilsbegründung weitgehend der Auffassung der Staatsanwaltschaft an. Demnach sei davon auszugehen, dass Tatjana Gsell, ihr inzwischen verstorbener Ehemann Franz Gsell und der zwischenzeitlich vom Dienst suspendierte Staatsanwalt die Tat gemeinsam geplant hatten. Die Täter seien jedoch zu früh am Tatort erschienen. Dadurch sei die Situation vor Ort eskaliert. Gsells Ehemann, der Schönheitschirurg Franz Gsell, wurde von den Autoschiebern verletzt. Der Staatsanwalt hingegen hatte sich wohl verspätet. Tatjana Gsell habe die Fäden gezogen. "Sie hat von Marbella aus ihre liebenskranken Mannen für sich arbeiten lassen", kritisierte Kusch. Richterin misstraute trauender Glamour-LadyDie Rolle der trauernden Witwe wollte die Richterin der Glamour-Lady nicht abnehmen. Sie habe gleich nach der Tat eine Weltreise geplant und nur Tage nach dem Tode des Mannes eine Heiratsagentur kontaktiert. Kusch fügte hinzu: "Sie sind juristisch nicht am Tode ihres Mannes schuld. Sie tragen aber die moralische Verantwortung, auch für die Vernichtung der Existenz des Staatsanwalts Stefan M." Auch den früheren Düsseldorfer Autokönig Helmut Becker habe Gsell mit einer anonymen Anzeige schwer geschädigt. Tatjana Gsell habe es sogar verstanden, ihren Berliner Anwalt so in die Sache zu verstricken, dass "sein Schicksal jetzt ungewiss ist". Den beiden Angeklagten wurde zur Last gelegt, einen gescheiterten Versicherungsbetrug eingefädelt zu haben, bei dem ein 100 000 Euro teurer Mercedes verschoben werden sollte. Bei einem fingierten Überfall im Januar 2003 erlitt Franz Gsell so starke Verletzungen, dass er wenige Wochen später an den Folgen starb. Die Witwe und ihr Komplize kamen in Untersuchungshaft. Weiteres Verfahren beim Schwurgericht anhängigWeil immer noch nicht geklärt ist, wer dem Arzt die letztlich todbringenden Schläge zufügte, ist ein weiteres Verfahren beim Schwurgericht anhängig. Für die nächsten Tage wird nach Angaben eines Justizpressesprechers erwartet, dass das Verfahren an eine normale Strafkammer abgegeben wird. Dies bedeute, dass es zwischen dem fingierten Überfall und dem Tod des Schönheitschirurgen Wochen später im Krankenhaus keinen unmittelbaren Zusammenhang gab. Während nach der Verhandlung mehrere Dutzend Journalisten der Blondine in Türkis gebannt an den Lippen hingen, verließ ihr früherer Jugendfreund, der suspendierte Staatsanwalt, fast unbemerkt das Gericht. Bleibt es bei dem Strafmaß von mehr als einem Jahr, dann ist seine Beamtenkarriere zu Ende. Die Richterin nahm ihm übel, dass er so "viele falsche Spuren" gelegt und damit "die eigenen Leute gewaltig an der Nase herumgeführt hat". Sein Verteidiger Martin Rymann-Brauer kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an.