Kurz vor Mitternacht am 15. Juli 2016 beobachteten Zeugen, dass Kampfflugzeuge des Militärs über die Stadt Ankara flogen. Zeitgleich setzten die Putschisten den Generalstabschef Hulusi Akar fest. Es folgten Schießereien zwischen Soldaten des Militärs und der Polizei auf den Straßen sowie eine Explosion im Gebäude des rechtlich-öffentlichen Rundfunks. Daraufhin wurden Brücken abgesperrt und eine Nachrichtensperre verhängt. Der Zugang zu Sozialen Medien wurde blockiert.
Zu dem Zeitpunkt befand sich Präsident Erdogan in einem Hotel in Marmaris, welches kurz nach der Flucht angegriffen wurde. Am 16. Juli wurde schließlich verkündet, dass der Putschversuch gescheitert sei, nachdem zahlreiche Zivilisten einen Massenprotest gegen das Militär veranstalteten.
Präsident Erdogan reagierte, indem er Personen wie Richter, Soldaten, Polizisten, Lehrer und Hochschuldirektoren aus ihren öffentlichen Ämtern entließ. Es wird vermutet, dass diese Personengruppen die Putschisten unterstützten. Er kündigte zudem an, unter Umständen die 2004 abgeschaffte Todesstrafe wieder einzuführen, was die EU und NATO zutiefst besorgt, die deswegen der Türkei einen EU-Beitritt vehement untersagen.
Der Regierung der Türkei wird vorgeworfen, den Putsch lediglich als einen Fake inszeniert zu haben, um die Macht des Präsidenten noch weiter zu festigen und zu stärken. Dafür gibt es jedoch noch keinerlei Beweise, zumal den verantwortlichen Offiziere nun hohe Gefängnisstrafen drohen und es fragwürdig ist, ob sie dies freiwillig in Kauf nehmen würden.
Rund 6000 Menschen ließ die türkische Regierung nach dem gescheiterten Putschversuch verhaften, darunter fast 3000 Armeeangehörige. In einer Sondersitzung entschied der "Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte" (Hâkimler ve Savclar Yüksek Kurulu, HSYK), auch 2745 Richter festnehmen zu lassen.
Putschversuch für Erdogan "Geschenk Gottes"
Präsident Recep Tayyip Erdogan nannte den Putschversuch ein "Geschenk Gottes". Der gescheiterte Putsch ermögliche Erdogan eine "Säuberung" des Militärs und der Justiz. Dass der Aufstand des Militärs mit nur sechs Kampfflugzeugen, zwei Hubschraubern, zehn Panzern und 1000 Soldaten von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen zu sein scheint, nährt die Spekulationen, der Putsch sei von Präsident Erdogan inszeniert worden, um seine Macht zu stärken. Weltweit wächst die Sorge, die Türkei könnte sich weg von der Demokratie hin zu einer Diktatur entwickeln.