Die Palantíri, in der Einzahl Palantír, sind in John Ronald Reuel Tolkiens Meisterwerk „Der Herr der Ringe“ die „Sprechenden Steine“. Geheimnisvolle magische Artefakte, schwarze Steine, die es ermöglichen, miteinander zu kommunizieren und Visionen ferner und verborgener Orte zu sehen. Doch ihre Anwendung wird in dem Fantasy-Roman auch als sehr gefährlich beschrieben.
In der realen Welt hat sich das US-amerikanische Unternehmen Palantir Technologies bewusst nach diesen sprechenden Steinen benannt – manifestiert auch im Logo des Unternehmens. Dies wohl in dem Geiste, dass die Palantíri Visionen verborgener Dinge zeigen können. Denn das machen in gewissem Sinne auch die Daten-Analyse-Softwarelösungen des milliardenschweren börsennotierten Technologie-Konzerns Palantir. Was genau Palantir macht, wer dahinter steckt und warum die Software des Unternehmens umstritten ist, diese Fragen klären wir hier.
Was macht Palantir?
Palantir Technologies Inc. ist ein börsennotiertes Software-Entwicklungs- und Dienstleistungs-Unternehmen mit Sitz in Denver im US-Bundestaat Colorado. Mit einem Umsatz von rund 1,541 Milliarden US-Dollar jährlich (Zahl aus dem Jahr 2021) gehört es zu den Branchenriesen.
Palantir entwickelt, vertreibt und hostet zum Teil Software-Programme, die besonders auf die Analyse und Integration großer Mengen von Daten – dem sogenannten „Big-Data“ spezialisiert ist.
Relevante Produkte des Unternehmens sind Palantir Gotham, Palantir Foundry, Palantir Apollo sowie MetaConstellation und weitere.
Gotham, benannt nach der fiktiven eher düsteren Stadt, in der unter anderem der DC-Held Batman auf Verbrecherjagd geht, ist ein Programm, das es laut dem Unternehmen „Sicherheitsbehörden weltweit ermöglicht, in Echtzeit zielführende Erkenntnisse aus der Zusammenführung disparater Daten zu gewinnen. („Disparat“ bedeutet so viel wie „ungleichartig, nicht-zusammenpassend“) Damit lassen sich also unstrukturierte Daten zusammentragen und auswerten. Das System ist KI-fähig laut Hersteller, existiert seit rund zehn Jahren und soll helfen, „aus komplexen Daten wichtige Erkenntnisse“ zutage zu fördern. Mit gezielten Fragen lassen sich aus riesigen Datenmengen so Zusammenhänge erkennen. Sicherheitsbehörden nutzen das, um etwa Verbrechen oder Terrornetzwerken auf die Spur zu kommen.
Foundry ist dagegen ein eher zivil genutztes Programm, das Unternehmen die Integration und Analyse von Daten ermöglicht und daraus auch direkte Handlungsempfehlungen ableiten kann. Solche Daten können dabei etwa Messdaten aus Produktionsanlagen sein. Aus Abweichungen könnte dann die Empfehlung folgen, bestimmte Teile zu warten. Es lassen sich aber auch Kundendaten auswerten mit Empfehlungen zu Verkaufsstrategien. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig.
Während der COVID-19-Pandemie stellte Palantir die Foundry-Software Staaten und Institutionen kostenlos zur Verfügung, um mit dem Datenminer Trends und Entwicklungen der Pandemie bestimmen zu können.
Apollo ist ein Tool, mit dem sich Gotham und Foundry steuern und in andere Anwendungen und Betriebssysteme über die Cloud integrieren lassen. MetaConstellation kann unter anderem Satellitenbilder auswerten und hilft Militärs etwa bei der Lagebeurteilung oder Zielerfassung.
Weitere Software des Unternehmens dient beispielsweise der Erfassung von Kunden-Kaufverhalten und ähnlichem.
Wer steht hinter Palantir?
Palantir ist ein seit dem Jahr 2020 an der Börse notiertes Unternehmen. CEO (Chief Executing Officer, zu Deutsch Geschäftsführer) ist Alex Karp, der zu den Mitbegründern des Unternehmens zählt. Gegründet wurde Palantir Technologies Inc. im Jahr 2003/04 von Peter Thiel, Alex Karp, Joe Lonsdale, Stephen Cohen und Nathan Gettings. Thiel ist ein US-Milliardär, der auch etwa PayPal mitbegründete. Bis auf Karp waren alle Gründer zuvor bei PayPal. Die Palantir-Software fußt ursprünglich auf einer PayPal-Software, die betrügerische Aktivitäten aufdecken sollte. Einer der Geldgeber des Unternehmens ist In-Q-Tel, ein Non-Profit-Unternehmen und Risikokapitalgeber, dessen Finanzmittel vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA (Central Intelligence Agency) stammt.
Wer benutzt Software von Palantir?
Zu den Anwendern der Palantir-Software-Tools gehören insbesondere US-Geheimdienste und Sicherheitsbehörden, aber mittlerweile auch solche überall in der Welt. Auch in Deutschland haben Polizeibehörden Software-Lösungen von Palantir eingeführt.
Zu den zivilen Nutzern zählen Hedgefonds, Banken, Finanzdienstleister und mehrere große Konzerne wie etwa Merck, Airbus oder Ferrari.
Das Unternehmen arbeitet kommerziell und bietet verschiedenen Kunden maßgeschneiderte Lösungen an, die auf den Software-Produkten basieren.
Wieso ist Palantir umstritten?
Besonders die Verstrickung mit Nachrichtenbehörden – vor allem dem US-Geheimdienst – und eine nicht ganz deutliche Transparenz haben Palantir insbesondere vor dem Börsengang in ein zweifelhaftes Licht gerückt. Datenschützer und Bürgerrechtler sind regelmäßig über den Einsatz der Palantir-Softwareprogramme besorgt, da sie aus großen unzusammenhängenden Datenmengen konkrete Dossiers zusammenstellen und diese etwa bestimmten Personen oder Personengruppen zuordnen. Es gab auch Versuche, auf Basis des Palantir-Datenminings etwa Straftaten sogar vorherzusagen. Der Science-Fiction-Film „Minority Report“ aus dem Jahr 2002 brachte bereits Kritik an solchen Methoden hervor – noch bevor Palantir gegründet wurde.
Seit wann gibt es Palantir?
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2003, nahm seinen Betrieb aber wohl erst 2004 auf. Seit dem Jahr 2020 ist es börsennotiert. In der Anfangszeit waren insbesondere Geheimdienste und Sicherheitsbehörden Kunden. Zivile Anwendungen kamen erst später ins Portfolio des Unternehmens.
Aktuelle News und Infos zu Palantir finden Sie hier.
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