Was ist der Nobelpreis für Literatur?
Der Literaturnobelpreis ist einer von fünf Preisen, die der Schwede Alfred Nobel gestiftet hat. Er wird jährlich verliehen und soll Schriftstellerinnen und Autoren auszeichnen, die „in der Literatur das Herausragendste in idealistischer Richtung produziert“ haben.
Wer den Literaturnobelpreis verdient hat, darüber entscheidet die Schwedische Akademie. So hat es Nobel in seinem Testament verfügt. Die Akademie hat für diese Aufgabe ein Komitee gegründet, das jeweils im September des Vorjahres sechs- bis siebenhundert Personen und Institutionen anschreibt und um Kandidatenvorschläge bittet. Bis zum 31. Januar können dann Nominierungen – allerdings nur von lebenden Personen – eingereicht werden. Daraus werden fünf Kandidaten ausgewählt. Mit ihnen und ihren Werken müssen sich die 18 Akademie-Mitglieder über den Sommer vertraut machen, bevor sie im September zusammenkommen und über die Autoren und ihre Geschichte oder ihren Roman diskutieren. Anfang oder Mitte Oktober wird schließlich abgestimmt. Den Literaturnobelpreis erhält, wer mehr als die Hälfte der Stimmen der Akademie-Mitglieder auf sich vereinen konnte. Ob das Ergebnis knapp war, wer in der engeren Auswahl war, all das erfährt die Öffentlichkeit nicht. Es unterliegt einer 50-jährigen Sperrfrist.
Wann und wo wird der Nobelpreis für Literatur verliehen?
Alle fünf Nobelpreise sowie der Alfred-Nobel Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, den seit 1968 die schwedische Nationalbank stiftet, werden jedes Jahr am 10. Dezember verliehen. Es ist der Todestag von Alfred Nobel.
Die feierliche Übergabe findet in der Konzerthalle in Stockholm statt, wo Schwedens König den Preis in Form einer Medaille und einer Urkunde vergibt. Einzige Ausnahme ist der Friedensnobelpreis. Zwar wird auch er am 10. Dezember vergeben, aber nicht in Stockholm sondern im Rathaus in Oslo. Das Preisgeld wird übrigens überwiesen und nicht mehr überreicht.
Warum gab es 2018 keinen Nobelpreis für Literatur?
Ein Skandal war die Ursache dafür, dass im Dezember 2018 erstmals seit fast 70 Jahren kein Literaturnobelpreis verliehen wurde. Die Affäre drehte sich um die schwedische Dichterin und Schriftstellerin Katarina Frostenson, die Mitglied der Schwedischen-Akademie war, und ihren Mann Jean-Claude Arnault.
Im November 2017 hatten ihm 18 Frauen sexuelle Belästigung und Übergriffe vorgeworfen. Wenig später wurden gegen Arnault Anklage erhoben und Dezember 2018 wurde er in zweiter Instanz zu zweieinhalb Jahren Gefängnis für zwei Fälle von Vergewaltigung verurteilt. Doch schon Anfang Mai 2018 war für acht der 18 Akademie-Mitglieder die Situation untragbar und sie traten zurück. Neben den strafrechtlichen Anklagepunkte waren inzwischen nämlich auch Vorwürfe laut geworden, dass Forstenson und ihr Mann mehrfach die Literaturnobelpreisträger, die von der Akademie bestimmt werden, vorab ausgeplaudert haben. Ein klarer Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht, der alle Akademie-Mitglieder unterliegen.
Nicht zuletzt hatte das Kulturforum, das Arnault in Stockholm betrieb, Geld von der Akademie erhalten, worüber seine Frau mitentschieden hatte. Korruptionsvorwürfe machten die Runde und stürzten die Akademie in eine schwere Krise. Sie beschloss darauf, den Literaturnobelpreis 2018 erst ein Jahr später mit dem Preis 2019 zu vergeben. So kam es auch: Am 10. Dezember 2019 erhielt Olga Tokarczuk den Nobelpreis für Literatur 2018 und Peter Handke wurde Nobelpreisträger 2019. Dessen Wahl sorgte jedoch gleich wieder für Protest. Denn Handke hatte seit 1996 mehrfach Partei für den Serben Slobodan Milošević und serbische Nationalisten ergriffen und den Völkermord in Srebrenica als Inszenierung bezeichnet. Einer solchen Person den Nobelpreis zu verleihen, sei „skandalös und beschämend“ erklärte das bosnische Staatspräsidium und warf dem Nobelkomitee vor, seinen moralischen Kompass verloren zu haben. Ein gelungener Neustart, sieht anders aus.
Wie ist der Nobelpreis für Literatur entstanden?
Der Nobelpreis für Literatur ist wie die anderen Nobelpreise auch durch das Testament des schwedischen Industriellen Alfred Nobel entstanden. Er war durch seine Erfindung, das Dynamit, zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen. Ein Jahr vor seinem Tod legte er in seinem letzten Willen fest, dass dieses Vermögen in einer Stiftung angelegt und aus den Zinsen alljährlich ein Preis finanziert werden sollte. Damit sollten diejenigen ausgezeichnet werden, „die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben“, schrieb er. Alfred Nobel bestimmte in seinem Testament außerdem, dass der Preis in fünf gleiche Teile aufgeteilt und in den Kategorien Physik, Chemie, Medizin, Frieden und Literatur vergeben werden sollte. Auch wer bis heute über die Preisträger entscheidet, wurde von ihm festgelegt. Kein Wort verlor er dagegen dazu, warum er sich für diese Kategorien entschieden hat. Bekannt ist aber, dass Nobel zeitlebens ein Literatur-Liebhaber war.
Wer hat den Nobelpreis für Literatur abgelehnt?
Der französische Schriftsteller Jean-Paul Sartre lehnte 1964 den Preis ab. Jede Auszeichnung mache einen abhängig, erklärte er. Einige Jahre später soll Jean-Paul allerdings bei der Akademie angerufen und gefragt haben, ob er das Preisgeld nicht doch noch haben könne.
Das Preisgeld war es angeblich auch, das Ernest Hemingway überzeugte, den Preis anzunehmen. Von der Ehrung dagegen, hielt er wenig, munkelt man.
Das gilt auch für Bob Dylan, der für „seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“ ausgezeichnet wurde. Zwar entschied auch er sich schlussendlich dafür, den Preis anzunehmen. Doch er kam weder zur Preisverleihung noch hielt er – wie es alle Preisträger nach Möglichkeit tun sollen - eine Rede zu seinem Werk. Ganz anders der Fall Boris Pasternak. Der sowjetische Schriftsteller wollte den Preis gerne annehmen, musste ihn auf Druck der damaligen sowjetischen Regierung jedoch zurückgeben.
Welche deutschen Schriftsteller haben den Nobelpreis für Literatur erhalten?
Bisher haben acht deutsche Autorinnen und Schriftsteller den Literaturnobelpreis erhalten. Diese acht sind Herta Müller (2009), Günter Grass (1999), Heinrich Böll (1972), Hermann Hesse (1946), Thomas Mann (1929), Gerhart Hauptmann (1912), Rudolf Eucken (1908) und Theodor Mommsen (1902). 1966 ging der Preis zudem an die Schriftstellerin Nelly Sachs. Die gebürtige Deutsche, die als Jüdin 1940 aus Deutschland fliehe musste, hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch die Schwedische Staatsangehörigkeit angenommen
Wer sind die bekanntesten Preisträger vom Nobelpreis für Literatur?
Welche Preisträger am bekanntesten sind – das lässt sich nur schwer sagen. Zu große sind die Unterschiede - sowohl bei den Themen als auch bei den Erzählformen der Werke. Roman, Kurzgeschichte, Song, Rede - alles ist dabei.
In Deutschland gehören neben den ausgezeichneten deutschen Schriftstellern vermutlich Ernest Hemingway, Samuel Beckett, William Golding, Gabriel Garcia Marquez und Peter Handke zu den bekanntesten Preisträgern. Und auch dieser Geehrte ist den meisten bekannt: Winston Churchill. Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass der ehemalige britische Premierminister den Friedensnobelpreis erhalten hat. Tatsächlich wurde ihm jedoch 1953 der Literaturnobelpreis verliehen. „Für seine Meisterschaft in der historischen und biographischen Darstellung sowie für die glänzende Redekunst, mit welcher er als Verteidiger von höchsten menschlichen Werten hervortritt“, heißt es in der Begründung.
Deutlich bekannter sind meist die Träger des Friedensnobelpreis wie US-Präsident Barack Obama, Mutter Teresa und Willy Brandt, aber auch Organisationen wie das internationale Komitee des Roten Kreuz oder die Internationale Kampagne.
Welche Frauen haben den Nobelpreis für Literatur erhalten?
Bisher wurden erst 16 Frauen mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die erste war die Schwedin Selma Lagerlöf 1909, die letzte die US-Amerikanerin Louise Glück 2020. In dieser Kategorie verhält es sich damit ebenso wie in den naturwissenschaftlichen Bereichen. Der Physik-Nobelpreis ging beispielsweise schon 1903 an die erste Frau: Marie Curie wurde zusammen mit ihrem Mann ausgezeichnet. Doch danach folgten nur wenige Frauen. Und auch der Friedensnobelpreis wurde nur 17 Mal an eine Frau überreicht. Immerhin: Der Frauenanteil wächst. So wurden mit Alice Munro, Swetlana Alexijewitsch, Olga Tokarzuk und Louise Glück allein in den vergangenen zehn Jahren vier Frauen mit dem Literaturpreis geehrt.
Wie hoch ist das Preisgeld für den Nobelpreis für Literatur?
2021 sind alle fünf Nobelpreise sowie der Alfred-Nobel Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften mit einem Preisgeld von 10 Millionen schwedische Kronen dotiert. Das entspricht rund 982.000 Euro. Von 2017 bis 2020 erhielten die Preisträger 9 Millionen Schwedische Kronen (rund 870.000 Euro).
Wofür wird der Nobelpreis für Literatur kritisiert?
Kritisiert wird der Literaturnobelpreis vor allem dafür, dass die Mehrheit der Preisträger aus dem nordamerikanischen und europäischen Sprachraum stammt. „Es sieht mau aus, was andere Regionen angeht“, fasst es Anita Djafari, Chefin des Vereins Litprom zusammen. Vor allem nach einem Autor aus Afrika muss man unter den Geehrten lange suchen: Erst 1986 wurde mit Wole Soyinka aus Nigeria der erste Afrikaner für sein Werk ausgezeichnet. Nur drei weitere folgten bisher.
Auch die Asiaten sind unterrepräsentiert: 1968 wurde der erste japanische Autor ausgezeichnet, 2012 mit Mo Yan der erste Chinese, der in der Volksrepublik lebt. Nach Südamerika ging der Literaturnobelpreis zwar bereits in den 1940er-Jahren. Doch mit insgesamt fünf Geehrten aus Lateinamerika ist auch diese Region zu wenig bedacht worden. Das sei keine Kritik am Werk der Geehrten, betont Djafari. Aber der Literaturnobelpreis sei immer auch eine Anregung zu einer Neuentdeckung. Daher dürfe es nicht sein, dass Schriftsteller aus Südamerika, Asien und Afrika weiterhin gegen eine gewisse Ignoranz ankommen müssten.
Auch weltbekannte Kinderbuch-Autoren wie Astrid Lindgren wurden und werden kaum bedacht. Obwohl sie es doch sind, die den Grundstein für ein Interesse an der Literatur legen.
Ein weiterer Kritikpunkt lautet: Die Jury lasse sich zu häufig von politischen Kriterien leiten. Aus diesem Grund waren beispielsweise 2017 der Kenianer Ngugi wa Thiong´o und der Syrer Adonis als Favoriten gehandelt worden. Stattdessen ging der Preis nach Frankreich an den Schriftsteller Patrick Modiano. Und mehrfach war in den Medien zu lesen: Endlich hat sich die Jury wieder von literarischen Kriterien leiten lassen.
Das sind bisherige Friedensnobelpreisträger.