Wir geben hier eine Übersicht mit Daten und Fakten zur Wahl und beantworten die wichtigsten Fragen.
Wer wird bei der Landtagswahl Thüringen gewählt?
Auch auf Ebene der Bundesländer gilt in Deutschland das Prinzip der parlamentarischen Demokratie. Das heißt, die Wahlberechtigten wählen in freier und geheimer Wahl die Abgeordneten, die die Sitze des Parlaments in der Landeshauptstadt Erfurt bilden, dem Thüringer Landtag.
Regulär hat der Landtag 88 Sitze. 44 davon werden direkt gewählt über die 44 Wahlkreise im Land. Die Kandidaten, die jeweils die Mehrheit in einem Wahlkreis der Direktwahlstimmen erhalten, ziehen als Abgeordnete in den Landtag ein. Die Erststimme links auf dem Wahlzettel ist dabei die Direktwahlstimme.
Weitere regulär 44 Sitze werden über das Verhältniswahlrecht verteilt. Das heißt, über die Landeslisten der Parteien. Nach den Prozentanteilen der Zweitstimmen (rechts auf dem Wahlzettel), mit denen für eine der antretenden Parteien abgestimmt wird, werden die übrigen Sitze verteilt. Es gilt dabei als Mindestkriterium die Fünf-Prozent-Hürde.
Unter allen Parteien, deren Stimmenanteil mehr als 5 Prozent beträgt, werden die übrigen Plätze im Verhältnis der Stimmanteile aufgeteilt. Durch Überhangmandate und Ausgleichsmandate kann die Zahl der Abgeordneten die Zahl von 88 übersteigen. So sind im aktuellen Landtag beispielsweise 91 Abgeordnete vertreten. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei durch Direktmandate mehr Abgeordnete hat, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen würden.
Zum Ausgleich erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate, so dass das Verhältnis auch den Stimmanteil widerspiegelt.
Nur indirekt entscheidet der Bürger bei der Wahl über die Regierung. Diese wird vom Ministerpräsidenten gebildet, der in geheimer Wahl vom Landtag gewählt wird. Dabei ist nicht automatisch die stärkste Partei auch die Regierungspartei - das entscheidet sich unter anderem über Koalitionsverhandlungen oder andere Vereinbarungen zwischen den Parteien.
Wer tritt zur Landtagswahl Thüringen 2021 an, und wann findet die nächste Landtagswahl Thüringen eigentlich statt?
Tatsächlich steht das noch gar nicht ganz genau fest. Denn rein formal ist die Thüringer Landtagswahl – Stand März 2021 – noch gar nicht festgesetzt. Regulär würde die nächste Wahl mit dem Ablauf der Legislaturperiode von fünf Jahren erst im Jahr 2024 stattfinden. Die Parteien Die Linke, SPD, Grüne und CDU haben sich allerdings bereits darauf verständigt, in diesem Jahr vorgezogene Neuwahlen abzuhalten. Grund dafür sind unter anderem die Ereignisse nach der jüngsten Wahl im Oktober 2019 und die sich damals anschließende Regierungskrise.
Nachdem ursprünglich eine Neuwahl bereits am 25. April 2021 hätte stattfinden sollen, wurde dieser Termin Anfang 2021 wegen der anhaltenden Covid-19-Pandemie verschoben. Angepeilt wird nun der Tag der Bundestagswahl, Sonntag, 26. September 2021, entsprechend parallel zur Bundestagswahl.
Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Landtag zuvor mit einer Zweidrittelmehrheit auflöst. Dann müssten nach dem noch geltenden Landeswahlgesetz innerhalb von 70 Tagen Neuwahlen stattfinden. Dementsprechend müsste sich der Landtag im Sommer auflösen.
Mit einer noch nicht abschließend verabschiedeten Änderung des Wahlgesetzes soll diese Frist aber verlängert werden. Dass sich der Landtag selbst auflöst, ist eine zwischen den Parteien der rot-rot-grünen Regierung und der CDU eigentlich bereits beschlossene Sache.
Erst, wenn der Landtag sich aufgelöst haben wird, können formal neue Kandidaten aufgestellt und neue Wahlbewerbungen eingereicht werden.
Bei der jüngsten Wahl im Oktober 2019 stellten sich 20 Parteien sowie parteilose Einzelbewerber zur Wahl. Die Parteien Die Linke, CDU, SPD, Grüne, FDP sowie die AfD stellten dabei in fast allen 44 Wahlkreisen Direktkandidaten auf. Darüber hinaus gab es fast überall parteilose Einzelkandidaten. Die Parteien Freie Wähler, MLPD, ÖDP, Piraten und Menschliche Welt stellten mindestens in einem Wahlkreis ebenfalls Direktkandidaten. Nicht über Landeslisten waren dabei nur die Freien Wähler und Menschliche Welt wählbar.
Die Parteien Die Partei, KPD, Tierschutz hier!, BGE, Die Direkte!, Blaue #Team Petry Thüringen, Graue Panther, und Gesundheitsforschung waren dagegen nur über Landesliste, also mit der Zweitstimme, wählbar.
Aller Voraussicht nach werden für die Landtagswahl 2021 die Parteien und Kandidaten in vergleichbarer Form antreten.
Wie sind vergangene Landtagswahlen in Thüringen ausgegangen, und warum gab es nach der Landtagswahl Thüringen 2019 eine Regierungskrise?
Der Grund, warum bereits im Jahr 2021 voraussichtlich vorgezogene Neuwahlen im Bundesland Thüringen stattfinden werden, liegt vor allem an den komplizierten Mehrheitsverhältnissen.
Bei der Wahl am 27. Oktober 2019 konnte zwar die zuvor bereits mit SPD und Grünen in einer Koalition regierende Partei Die Linke mit Ministerpräsident Bodo Ramelow ihr Ergebnis deutlich ausbauen. Mit 31 Prozent wurde sie stärkste Fraktion im Landtag. Erstmals bekam bei dieser Landtagswahl die Partei Die Linke damit die meisten Stimmen aller antretenden Parteien und kam auch erstmals über 30 Prozent.
Allerdings erhielt auf der anderen Seite die Alternative für Deutschland (AfD) unter Führung ihres als vom Verfassungsschutz rechtsextrem eingestuften Landesvorsitzenden Björn Höcke das zweitbeste Ergebnis aller Parteien mit 23,4 Prozent aller abgegebenen Zweitstimmen.
Die bis dahin in der rot-rot-grünen Koalition mitregierenden Parteien SPD und Grüne verloren viele Stimmen und kamen auf 8,2 und 5,2 Prozent der Zweitstimmen.
Da auch die FDP mit knappen 5,0066 Prozent den Sprung in den Landtag schaffte und die CDU unter ihrem Landesvorsitzenden Mike Mohring mit 21,8 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis seit Bestehen des Bundeslandes einfuhr, ergaben sich im Landtag unklare und schwierige Mehrheitsverhältnisse.
Rot-Rot-Grün hatte keine Mehrheit mehr im Parlament, eine Zusammenarbeit mit der AfD schlossen alle übrigen Parteien aus, und die CDU wiederum schloss eine Zusammenarbeit auch mit der Linken aus.
Nach langwierigen Verhandlungen wollte sich der bis dahin regierende Ministerpräsident Bodo Ramelow an der Spitze einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung am 5. Februar 2020 erneut zum Regierungschef wählen lassen.
Da die drei Fraktionen im Landtag von 91 Sitzen nur auf 44 insgesamt kommen, konnte eine solche Wahl nur im dritten Wahlgang erfolgen. In den ersten zwei Wahlgängen wäre eine absolute Mehrheit von 50 Prozent plus x notwendig für die Wahl des Ministerpräsidenten. Im dritten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit.
Nachdem in den ersten beiden Wahlgängen erwartungsgemäß weder Bodo Ramelow noch die Kandidaten von CDU und AfD die absolute Mehrheit erhielten, trat im dritten Wahlgang auch Thomas Kemmerich von der FDP als Kandidat an. Überraschend erhielt er 45 Stimmen, Bodo Ramelow nur 44 Stimmen. Ein Abgeordneter hatte sich enthalten.
Da die AfD zwar mit Christoph Kindervater einen eigenen Kandidaten aufgestellt hatte, dieser aber im dritten Wahlgang keine Stimme bekam, ist – trotz geheimer Wahl – klar, dass die AfD geschlossen für den FDP-Politiker stimmte. Politikexperten sehen das als einen geplanten Coup gegen Bodo Ramelow und die Linke an. AfD-Kandidat Kindervater äußerte nach der Wahl, "der Plan" sei "völlig aufgegangen".
Damit war der Vorsitzende der kleinsten Fraktion Ministerpräsident - ohne jede Koalitionsvereinbarung und auch ohne Rückhalt. Kemmerich erklärte zwar, umgehend mit CDU, SPD und Grünen verhandeln zu wollen, SPD und Grüne erklärten aber im Gegenzug, wegen der offenkundigen Unterstützung der AfD bei der Wahl nicht mit der FDP zusammenarbeiten zu wollen.
Einen ersten Eklat gab es bereits bei der traditionellen Gratulation unmittelbar nach der Wahl. Der Handschlag zwischen Thomas Kemmerich und Björn Höcke wurde etwa mit einem historischen Bild eines Handschlags zwischen Adolf Hitler und dem damaligen Reichspräsidenten Hindenburg verglichen. Die Thüringer Landeschefin der Linken warf Kemmerich einen Blumenstrauß demonstrativ vor die Füße.
Dass die Thüringer CDU unter Mike Mohring auch Anweisungen der damaligen Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer missachtet hatte, stürzte auch die CDU in eine Krise.
Auf Druck unter anderem der Öffentlichkeit und der Bundesparteien trat Kemmerich schließlich am 8. Februar 2020 bereits wieder vom Amt des Ministerpräsidenten zurück, ohne eine Regierung einberufen zu haben. Er blieb bis zum 4. März 2020 geschäftsführend im Amt.
Linke, SPD, Grüne und die CDU einigten sich am 21. Februar 2020 auf einen Stabilitätspakt, der beinhaltete, mit einer Selbstauflösung des Parlaments und anschließender vorgezogener Neuwahl idealerweise für klare Legitimation der Regierung durch das Volk zu sorgen.
Am 4. März 2020 wurde so Bodo Ramelow im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt – mit entsprechender Enthaltung der CDU-Fraktion. Ursprünglich sollte sich der Landtag vereinbarungsgemäß am 15. Februar 2021 selbstauflösen, um eine vorgezogene Neuwahl am 25. April 2021 zu ermöglichen. Die anhaltende Corona-Pandemie sorgte für die Verschiebung auf den angepeilten Wahltag am 26. September 2021 parallel zur Bundestagswahl.
Wie funktioniert die Landtagswahl Thüringen?
Mit Ausnahme der direkten persönlichen Wahl des Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters in vielen Kommunen wählen die wahlberechtigten Bürger in der Bundesrepublik Deutschland auf Landes- und Bundesebene stets das Parlament. Die Regierung, also der oder die Ministerpräsident*in beziehungsweise der oder die Kanzler*in werden dann erst geheim vom Landtag respektive Bundestag gewählt.
Alle Wahlen auf Landes- oder Bundesebene sind dabei immer zu gleichen Teilen ein Mischung aus der persönlichen Direktwahl eines Kandidaten und einer Verhältniswahl nach Stimmanteilen für die Parteien. Diese bestimmen dann über zuvor festgelegte Listen, wer die nach Stimmverhältnis verteilten Sitze des Parlaments erhält.
Nach dem gleichen Prinzip funktioniert die Landtagswahl im Freistaat Thüringen. Die regulär 88 Sitze des Erfurter Landtags werden in 44 Wahlkreisen verteilt. Jeweils der Gewinner der einfachen Mehrheit der Stimmen in einem Wahlkreis aus den dort angetretenen Kandidaten erhält das Mandat. Der Wähler entscheidet dazu mit seiner Erststimme, links auf dem Wahlzettel. Dort sind die Kandidaten mit ihrer eventuellen Parteizugehörigkeit namentlich aufgeführt. Es gibt auch parteilose Kandidaten.
Die übrigen 44 Plätze werden nach den Stimmanteilen für die Parteien aus den Zweitstimmen verteilt. Die Zweitstimme steht rechts auf dem Wahlzettel. Außer der Partei sind auch die jeweils fünf ersten Kandidaten auf den jeweiligen Landeslisten der Parteien namentlich aufgeführt.
Erhält eine Partei mehr direkt gewählte Kandidaten als ihr nach Zweitstimmanteil zustehen, werden diese sogenannten Überhangmandate durch Ausgleichsmandate ausgeglichen – so können auch mehr als 88 Sitze im Landtag besetzt werden.
Bei den Parteien gilt dabei die sogenannte fünf-Prozent-Hürde. Nur Parteien, die mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten, ziehen in den Landtag ein. Bei der jüngsten Wahl lag so etwa die FDP nur 0,0066 Prozentpunkte über dieser Hürde. Ausgenommen von der Hürdenregel sind direkt gewählte Kandidaten. Kommt also eine Partei über die Zweitstimmen nicht in den Landtag, ein Direktkandidat der entsprechenden Partei aber über die Erststimmen in seinem Wahlkreis, wäre er der einzige Vertreter seiner Partei im Landtag.
Erst- und Zweitstimmen können vollkommen unabhängig voneinander verteilt werden. Möglich ist auch, nur eine Stimme abzugeben, also nur ein Kreuz bei der Erststimme oder bei der Zweitstimme zu setzen.
Auch leere Wahlzettel können abgegeben werden. Sie gelten als ungültige Stimme, ebenso wenn ein Strich über den Wahlzettel gezogen wird oder irgendetwas anderes auf den Wahlzettel geschrieben wird.
Rechtzeitig vor der Wahl erhält jeder Wahlberechtigte eine Wahlbenachrichtigung per Post. Darauf ist vermerkt, wann die Wahl stattfindet und welches das für den Betreffenden gültige Wahllokal ist.
Welche Unterlagen benötigt man für die Landtagswahl Thüringen? Wie funktioniert Briefwahl?
Für die Wahl im Wahllokal am Wahltag sollten die Wahlbenachrichtigung und ein Personalausweis oder Reisepass mitgebracht werden. Nach Vorlage der Wahlbenachrichtigung erhält der Wähler den Wahlzettel, den er in einer Wahlkabine geheim ausfüllt und anschließend in eine versiegelte Urne wirft. Bei der Landtagswahl wird es voraussichtlich zwei Wahlzettel und zwei verschiedene Urnen geben, da parallel an dem angepeilten Wahltag die Bundestagswahl stattfinden wird.
Wer seine Wahlbenachrichtigung vergisst oder verliert, kann nach Vorlage seines Personalausweises oder Reisepasses dennoch wählen, wenn er in der entsprechenden Wählerliste verzeichnet ist.
Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie wird mit einem hohen Anteil von Briefwählern gerechnet. Die kann bereits vor dem Wahltag per Post oder als "Briefwahl vor Ort" erfolgen. Für die Briefwahl muss ein Antrag auf einen Wahlschein und Ausgabe der Wahlunterlagen gestellt werden. Das ist per Post, E-Mail oder Fax schriftlich möglich, unter anderem auch mit dem auf der Wahlbenachrichtigung vorgedruckten entsprechenden Antrag. Der Antrag wird bei der jeweils zuständigen Wohnort-Gemeinde gestellt.
Der ausgefüllte Stimmzettel wird ohne Kennzeichnung in einen Stimmzettelumschlag gepackt. Dieser kann dann in den Wahlbriefumschlag zusammen mit dem Wahlschein gepackt und per Post versandt werden. Es ist auch möglich, vor dem Wahltag an bestimmten Orten in der Gemeinde eine "Briefwahl vor Ort" durchzuführen.
Wer darf bei der Landtagswahl Thüringen wählen?
Wählen darf jeder Deutsche, der das 18 Lebensjahr vollendet und seit mindestens drei Monaten seinen Wohnsitz in Thüringen hat. Außerdem darf er sein Wahlrecht nicht gerichtlich verloren haben, unter Betreuung stehen oder vom Gericht in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden sein.
Welchen Einfluss hat Corona auf die Landtagswahl Thüringen?
Mit einem neuen Wahlgesetz, das noch nicht beschlossen ist, sollen besondere Pandemie-Regelungen bei der Wahl gelten. Unabhängig davon sind besondere Hygienekonzepte in den Wahllokalen bereits die Regel. Möglicherweise soll die Wahl in einigen Regionen als reine Briefwahl durchführbar sein, das ist aber rechtlich umstritten. Wahrscheinlich werden aber die Wahllokale zwei Stunden länger als üblich, bis 20 Uhr, geöffnet sein, um den Andrang von Wählern zu entzerren.
Hier lesen Sie warum die Landtagswahl Thüringen in den Herbst verschoben wurde.