Schauspieler wird 80 Jahre altTappert: Der Mann, der Derrick war
Düsseldorf (RP). "Der Hauptdarsteller hat einen wässrigen Blick und das traurige Lächeln eines geborenen Witwers, er trägt Anzüge von der Stange mit grauenvollen Krawatten, und seine Mitstreiter gehen in Lederjacken und Jeans, die noch nicht einmal richtig verwaschen sind." Der italienische Star-Schriftsteller Umberto Eco fällte dieses vernichtende Urteil über den Münchner Oberinspektor Stephan Derrick vor acht Jahren im römischen Nachrichtenmagazin L`Espresso und gab der Kolumne den nicht eben schmeichelhaften Titel "Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß". Und dennoch ist die Krimiserie der erfolgreichste Exportschlager des deutschen Fernsehens. In 108 Ländern schauen die Fernsehzuschauer sie. Der Mann, der 286-mal Derrick war, feiert am Montag seinen 80. Geburtstag - und will dem Fernsehen ade sagen. "Ich habe wahnsinnig viel gearbeitet und freue mich darauf, endlich einmal ausspannen zu können", sagt Horst Tappert. Zum Abschied zeigt das ZDF Montagabend um 20.15 Uhr seinen wohl letzten Film "Herz ohne Krone", in der der Schauspieler als König eines Fantasiereiches auftritt. Eine Hintertür hält er sich aber offen: "Man sollte nie sagen, nun ist endgültig Schluss." Seinen Geburtstag will der Norwegen-Fan mit seiner dritten Frau Ursula ganz in Ruhe feiern. Seit 1957 sind die beiden ein Paar. "Großes Brimborium liegt mir nicht", sagt der dreifache Vater, der einen Sohn allerdings bereits verloren hat. Möglich, dass Tappert sich am Montag auf der norwegischen Insel Hamaröy aufhält. Dort hat sich der Derrick-Darsteller vor Jahren ein Haus gekauft. Tappert ist nach wie vor der größte Exportschlager des deutschen Fernsehens - mit der Vermarktung der vor knapp fünf Jahren eingestellten Krimiserie erzielt die ZDF Enterprises noch heute zehn bis 15 Prozent ihres Handelsvolumens. Der 79-Jährige ist im Ausland einer der bekanntesten Deutschen. Und er ist untrennbar mit der Serienfigur des Kriminaloberinspektors verknüpft. Seine Autobiografie trägt den Titel "Derrick und ich - meine zwei Leben". Dabei begann seine Serienkarriere erst spät. Der Schauspieler war bereits 50 Jahre alt, als am 30. Juli 1973 um 9.12 Uhr die Klappe zu den Aufnahmen für die erste Folge fiel. Im Mainzer Sender war man zunächst erschrocken über die Wahl des Hauptdarstellers. "Der? Tappert?", sei die Reaktion beim ZDF gewesen, als er seinen Wunschkandidaten mitteilte, schildert Produzent Helmut Ringelmann. Immerhin hatte Tappert seinen TV-Durchbruch als Ganove - in "Die Gentlemen bitten zur Kasse". #Der in Elberfeld geborene Schauspieler war eigentlich Kaufmann im Im- und Export, hatte sich nach seiner Kriegsgefangenschaft als Buchhalter am Theater in Stendal beworben und gleichzeitig Schauspielunterricht bei Paul Rose genommen. Sein Bühnendebüt: der Dr. Striebel in Helwigs "Die Flitterwochen" 1945. Tappert spielte in Göttingen, Kassel, Wuppertal, Bonn, München. Er war Willy Loman in Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" und der Geschworene Nummer acht in "Die zwölf Geschworenen". Und dann Derrick. Die erste deutsche Krimiserie mit "inverted story" - der Zuschauer kennt den Mörder schon und weiß mehr als der Ermittler. Elfmal hat Tappert sogar Regie geführt. "Es war nicht immer alles Qualität bei Derrick." Horst Tappert In Frankreich erzielte die deutsche Serie höhere Einschaltquoten als Dallas oder der Denver Clan. Was ihn selbst an seiner Rolle fasziniert hat? Vielleicht, dass der weltweit dienstälteste Fernsehpolizist ein "an der Wirklichkeit scheiternder Idealist ist", sagt Tappert. Derrick sei der "Don Quijote des Fernsehens". Was ihm nicht gefallen hat: "Was bei so vielen Folgen auch gar nicht möglich gewesen wäre: Es war nicht immer alles Qualität", weiß Tappert. Überhaupt keine Qualität hat leider die TV-Komödie "Herz ohne Krone". Das Filmchen ist nicht mal mittelmäßig, das einzig Schöne sind die Innenansichten des königlichen Exil-Schlosses. Wie bei so vielen schlechten Filmen hat Regisseur Peter Pat zak durch übertriebene Handlung versucht, mangelnde Dramaturgie zu überdecken und Spannung zu erzeugen. Es bleibt beim Versuch. Wer Tappert mag, sollte bei dieser absurden Produktion beide Augen zudrücken. Peinlich, dass das ZDF diesem wichtigen Schauspieler solch einen bescheidenen Abschied vom Fernsehschirm bereitet.