Rückblick auf drei Wochen AlmgeschehenDie Alm: Von der analen Phase einer Quotenkuh
Düsseldorf (rpo). Es gab ein Penthouse-Model, das einem Porno-Star mal eben zünftig auf den Hintern drosch oder eine Kuhmist-Schlacht. Unter anderem. Und es gab die Quotenkuh. Diese verfluchte Quotenkuh. Sie war schuld: Eine Woche länger als geplant schallte uns unverwundbaren TV-Junkies tagtäglich eine dralle Blondine ihre Jodelversuche entgegen und schickte uns danach rauf auf "Die Alm". Ein Rückblick auf das Almgeschehen.Man kann schon sagen, dass wir einiges gewohnt sind. Reality-TV-trainiert gähnte man anfangs eher müde dem ProSieben Format "Die Alm" entgegen. Man kannte "Big Brother", man kannte die "RTL-Dschungelshow". Und irgendwie wollte wohl auch ProSieben mal am großen Reality-Erfolg teilhaben, suchte eine pralle Quotenkuh und fand sie auf einer Alm in Südtirol. Und die Kuh gab Quote. So viel Quote, dass das eigentliche Ende nach zwei Wochen um sieben Tage hinausgezögert wurde. Tja, "so ist das Spiel, so ist das Leben". Und rein ins Leben.Das Alm-Prinzip war denkbar einfach: Mann nehme sieben plus weitere Hinterbänkler aus dem Boulevard-Geschehen. Diese sollten Wörter wie Selbstachtung, Scham- oder Peinlichkeitsgrenze nicht mal vom Hörensagen kennen statt dessen aber das kleine ABC der Fäkalsprache perfekt beherrschen. Man hefte diesen sodann das Prädikat "Star" oder "VIP" ans Revers, versetzte sie zurück in ihre anale Phase, schicke sie in irgendeine niveaufreie Zone ins Grüne, sage ihnen, ihr müsst nun leben wie vor hundert Jahren, lasse sie irgendwelche Sepp-Aufgaben versemmeln, strafe sie dafür, stelle ihnen noch einen helfenden Almschrat fortgeschrittenen Alters zur Seite und beobachte das Treiben anschließend mit diversen Kameras.Was sich sodann von dort oben allabendlich in unsere beschaulichen Wohnzimmer einblendete, entstammte dann zwar der großen Schublade Reality-TV, war aber weitaus mehr: "Die Alm" war Realsatire in ihrer unfreiwilligsten und daher schönsten(?) Form. Erklärende Worte? Überflüssig! Die Bilder sprachen für sich. Wir rieben uns verblüfft die Augen und stellten fest: Es geht noch tiefer.Am Kuheuter hängender Nuckel-LatinoWir beobachteten beispielsweise einen Kuhmist liebenden und am Kuheuter hängenden Nuckel-Latino (Daniel Lopez), einen Fäkalien sezierenden Ich-bin-jetzt-mal-hier-der-Chef-Oberbesserwisser (Detlef D! Soost) und einen komplett humorfreien Knautschgesicht-Boxer mit einer Vorliebe für zu enge Höschen (René Weller). Den Herren gegenüber vergnügten sich ein in Gülle badendes Penthouse-Modell (Kader Loth), eine zur Alm-Mutti berufene Porno-Queen (Kelly Trump), eine einfach nur fürchterlich blonde Dauerquäkerin vom Typ Glücksradbuchstabendreherin, die lachenden Gesichts selbst einer Kuhmist-Schlacht noch cooles abgewann (Diana Herold) und Hund Elvis mit irgendeinem ein wenig zur Hysterie neigenden Frauchen im Schlepptau (Andrea Kempter).Irgendwann tauchte dann ein Nenn-mich-nicht-Schätzchen-Pinocchio auf. Der auch Lorenzo genannte Jüngling blies zum Einstand erst mal kräftig durchs Schweinegedärm, faselte nach einem ausgiebigen Plausch über seine sexuelle Polung etwas von, er wolle nicht bekannt werden durch seine angebliche Sexualität, und spätestens seit dessen Alm-Einzug war eh alles egal. Es galt die Quotenkuh zu hegen. Und so schickte ProSieben munter weiter so ziemlich alles auf die Alm, was man mit einer TV-Kamera und Unterkanten-Unterhaltung zu prominenter Sendezeit locken kann: Gsell, Gabriel, Rowe, Schwanz. Das Who-is-Who einer Gattung, die die Welt nicht braucht, aber trotzdem anschaut.Witwe Gsell badete gleich mal ihre Füßchen in frisch gepressten Kuhdung und machte sich danach flugs wieder vom Acker, um vor Gericht sauberen Tritt zu fassen. Barde Gabriel brabbelte entweder stumpf vor sich hin, zupfte auf einer verstimmten Klampfe oder verdrückte frisch gebratenes Kuheuter-Schnitzel. Und dann kam sie: Djamila Rowe. Djamila Rowe? - Wer um alles in der Welt...Formvollendeter Zicken-StreitWir mussten schon tief in unseren Kopfinnereien wühlen, um den Namen mit Leben zu füllen. Ach ja, da soll doch angeblich mal was gewesen sein mit einem schillernden schweizerischen Ex-Botschafter in Berlin. Oder auch nicht. Einerlei. Für den einen oder anderen Auftritt in der Welt der Regenbögen und grellen Farben reichte es allemal. Und für eine Brustvergrößerung auch. Und für einen formvollendeten Zicken-Streit mit Kader Loth hoch über dem Meeresspiegel. Man zoffte sich um Liebe, Eifersucht und gespreizte Beine. Letztlich ging es aber auch um uns Zuschauer, die stillen Teilhaber einer zuckersüßen Niveaulosigkeit, die so eifrig die Quotenkuh bei Laune hielten.Gute Laune hatte auch der Schwanz. Wer? Zumindest Daniel Lopez kannte ihn gut: "Hey Alter, du hier? Dass is ja geil. Alter." Schwanz gewann mal kraft seines Gesichtes einen Preis und träumte von da an von der großen Karriere. Geschafft. Glückwunsch kann man da nur sagen, der Mann hat mit seinem Almauftrieb den Rahmen seiner Möglichkeiten vollkommen ausgereizt.Gereizt wurden auch unsere Ohren. Immer wieder. Sätze wie: "Das Problem, was wir haben ist die Gradigkeit der verfickten Nägel" (Detlef D! Soost) oder "Ich schwöre bei Gott, die (Kader) ist scheiße im Bett. Ich habe da einen Blick für" (Daniel Lopez) bohrten sich geradezu in unsere Gehörmuscheln. Überdies erklärten uns solche Sätze, warum auch die anfangs so herrlich empörte Bild-Zeitung ("Deutschlands neues, fieses Ekel-TV") fest in Treue zum Alm-Spektakel stand."Getüncht, geklebt, getackert und aufgemotzt"Verbal nicht wirklich anspruchsvoller waren die Moderatoren. Drei an der Zahl standen vor der Kamera. Manchmal saßen sie auch, bewarfen sich mit Heu oder allerlei zotigen Sprüchen und zeigten erstaunliche Wesensverwandtschaften mit den Almbewohnern. Zeig-her-meinen-Busen-Sonya-Kraus, die sich selbst als "verstärkte Blondine" bezeichnet gab einmal mehr die intelligenzfreie ProSieben-Barbie. In einem Interview erklärte sie sich schon mal vorsichtshalber zu einer "Illusion - getüncht, geklebt, getackert und aufgemotzt". Ihr Partner, Dauerpraktikant Elton, versuchte zwei Wochen plus zwei Tage lang witzig zu sein und genau mit diesem Versuch ironisch zu spielen. Beides misslang. In der Verlängerung machte er wenige Tage Platz für einen stammelnden und zappelnden Ziegen-Peter, der wie Kraus und Elton zu Zeiten der Vor-Privat-TV-Ära nicht mal als Aushilfskabelträger einen Job beim Regionalfernsehen bekommen hätte.Und nun? Nun ist alles vorbei. Schluss mit dem Jammern, der Empörung, der Begierde nach Niveaulosigkeit. Auf der Suche nach Ersatz landen wir wohl einstweilen bei den Sommerwiederholungen. Die Quotenkuh jedenfalls hat ihre Aufgabe erfüllt. Wir haben alles getan, um ihr einen süßen Abschied zu bereiten.