Ende 2020 war Biontech das erste Biotechnologieunternehmen, das einen wirksamen und sicheren Corona-Impfstoff vorstellte. Lesen Sie hier wichtige Fakten über BioNTech und wie der mRNA-Impfstoff entwickelt wurde.
Was ist Biontech?
BioNTech ist ein börsennotiertes Biotechnologieunternehmen mit Hauptsitz in Mainz. Das Unternehmen spezialisiert sich seit seiner Gründung im Jahr 2008 auf die Entwicklung von Immuntherapien für die Behandlung von Krebs und anderen schweren Krankheiten. 2020 wurde das Unternehmen im Zuge der Corona-Pandemie weltweit bekannt.
Im Mainzer Stadtteil Oberstadt befindet sich die Zentrale des Unternehmens auf dem Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne. Über 1300 Mitarbeitern arbeiten für Biontech. Die Firma hat mittlerweile weitere Grundstücke in Mainz für eine Expansion erworben.
In San Diego, USA, befindet sich außerdem eine Tochtergesellschaft mit dem Namen BioNTech Research & Development. 2020 erwarb Biontech ein Werk in Marburg, in dem zukünftig mRNA-Therapeutika und mRNA-Impfstoffe hergestellt werden sollen.
Als erstes Unternehmen schaffte es Biontech einen wirkungsvollen Impfstoff gegen die Krankheit COVID-19, ausgelöst durch das Virus SARS-CoV-2, zu entwickeln. Der Corona-Impfstoff basiert auf mRNA, der sogenannten „Messenger-Ribonukleinsäure“ oder „Boten-Ribonukleinsäure“. Zuvor entwickelte Biontech bereits ein mRNA-basierendes Medikament für die Krebstherapie, das in klinischen Studien getestet wurde.
Wann und wie wurde Biontech gegründet?
2008 wurde das Biotechnologieunternehmen unter dem Namen BIONTECH RNA PHARMACEUTICALS GMBH gegründet. Das Ärztepaar Özlem Türeci und Uğur Şahin sowie der Immunologe Christoph Huber gründeten das Unternehmen mit der Hilfe von Investoren. Die Firma basierte auf den Forschungsergebnissen der drei Gründer.
Die Gründer des Pharmaunternehmens Hexal Andreas Strüngmann und Thomas Strüngmann investierten über 180 Millionen US-Dollar in das Pharma Start-up, welches schon ein Jahr nach der Gründung begann, ein mRNA-Krebstherapeutikum in der klinischen Phase I zu testen.
Seit der Gründung forschte das Biotechnologieunternehmen weiter im Bereich der mRNA-Immuntherapie zur Behandlung schwerwiegender Krankheiten. BioNTech meldete zwischen 2014 und 2018 mehrere Patente an. 2019 folgte der Börsengang der Firma.
Was sind die Forschungsschwerpunkte von Biontech?
Die Firma wurde auf der Basis der Forschungen der drei Gründungsmitglieder gegründet. Özlem Türeci, Uğur Şahin und Christoph Huber forschten bereits viele Jahre vor der Gründung von BioNTech im Bereich der individualisierten Krebsimmuntherapie mit dem Ziel der Entwicklung neuer mRNA-Medikamente.
mRNA ist die sogenannte Messenger-Ribonukleinsäure oder Boten-Ribonukleinsäure. Diese bringt genetische Informationen zu den proteinbildenden Zellen, den Ribosomen. mRNA kann sozusagen als „Bauplan“ in die Zellen eingeschleust werden. Dieser Bauplan wird von den Ribosomen übersetzt und die Produktion von Proteinen wird angeregt.
Die mRNA soll damit den Körper dazu anregen, eigene Abwehrstoffe gegen Krankheiten herzustellen. In klinischen Phasen der Entwicklung befanden sich bei Biontech bereits einige potenzielle Medikamente zur Behandlung von Krebs sowie Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten.
Im August 2019 schloss das Immuntherapie-Unternehmen Biontech mit der Bill & Melinda Gates Foundation ein Investitionsabkommen ab, mit dem Ziel Medikamente und Impfungen gegen HIV, Tuberkulose und weitere Infektionskrankheiten zu entwickeln.
Mit Beginn des Corona-Ausbruchs in Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei begann BioNTech schnell mit der Entwicklung eines Impfstoffes. Ende April 2020 begannen klinische Studien, im November 2020 wurden die ersten vielversprechenden Ergebnisse des Impfkandidaten BNT162b2 vorgestellt.
Wer hat den Biontech Corona-Impfstoff entwickelt?
Biontech begann mit der Entwicklung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2, als dieses Virus noch keine weltweite Pandemie ausgelöst hatte. Im Januar 2020 startete das Projekt Lightspeed, das die schnelle Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes gegen COVID-19 zum Ziel hatte - mit Uğur Şahin als CEO und Özlem Türeci als Leiterin der Forschungsabteilung.
Die letztendliche Entwicklung des Impfstoffes ist das Ergebnis von leidenschaftlicher und harter Arbeit eines großen Forschungsteams. Laut Webseite des Unternehmens arbeiten über 1300 Mitarbeiter aus 60 Ländern in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens. Knapp 1000 Mitarbeiter arbeiten in der Forschung.
Mitte März schloss BioNTech Verträge mit zwei Partnern ab: mit Fosun Pharma in Shanghai und mit dem US-Pharmakonzern Pfizer. Diese Firmen sollten Biontech bei der Erprobung des Impfstoff-Kandidaten und bei der späteren Vermarktung unterstützen. Fosun Pharma in China, Pfizer in der restlichen Welt.
Die ersten klinischen Tests des Impfkandidaten begannen im April 2020. Erste vielversprechende Ergebnisse wurden im Dezember 2020 veröffentlicht – demnach sollte der Biontech-Impfstoff BNT162b2 eine hohe Wirksamkeit von über 95 Prozent und gute Verträglichkeit vorweisen. Der ebenfalls mRNA-basierende Moderna-Impfstoff kam zu ähnlich guten Ergebnissen.
Der Antrag auf eine bedingte Zulassung wurde in der EU im November 2020 gestellt. Die befristete Zulassung des Impfstoffes erfolgte am 21. Dezember 2020 durch die EU-Kommission. Seit dem 27. Dezember 2020 kommt der Impfstoff in Deutschland und der EU zum Einsatz.
Wie wirkt der Biontech Corona-Impfstoff?
Der Biontech-Corona-Impfstoff basiert auf mRNA. Die mRNA (Messenger-Ribonukleinsäure) ist ein Teilabschnitt der DNA (Desoxyribonukleinsäure) und enthält einen Bauplan. Der COVID-19-Impfstoff trägt einen Bauplan der Oberfläche des Virus SARS-CoV-2. Wird dieser Bauplan in die Zellen eingeschleust, bauen diese Zellen die Virusoberfläche nach.
Die eingeschleuste mRNA regt jedoch nur für kurze Zeit die Herstellung der Virusoberfläche an. Die Gene kann eine Impfung nicht verändern, da mRNA nur Informationen vermittelt, diese aber nicht speichern kann. Nach kurzer Zeit wird die mRNA vom Körper vollständig abgebaut.
Der Körper reagiert auf die von der mRNA angeregte Produktion der Corona-Proteine mit der Herstellung von Antikörpern. Der Körper stellt also zunächst selbst die Virusoberfläche her und reagiert dann mit Abwehrstoffen wie Antikörpern und T-Zellen dagegen.
Eingeschleust wird die mRNA durch winzige Fettpartikel. Bei traditionelleren Impfungen werden tote oder unschädlich gemachte Viren in den Körper gespritzt. Ein Vorteil einer mRNA-Impfung ist, dass der Körper keinen Kontakt mit echten Viren hat. Treffen geimpfte Personen später auf echten Viren, erkennt der Körper diese schnell an der Virusoberfläche und kann sie gezielt bekämpfen.
Damit der volle Schutz vor COVID-19 gewährleistet wird, ist eine zweifache Impfung in den Oberarm nötig. Die zweite Impfung folgt 21 Tage nach der ersten Impfung. Nach der ersten Impfung besteht ein Impfschutz von rund 50 Prozent, sieben Tage nach der zweiten Impfung wird ein Schutz von über 95 Prozent erreicht. Auch bei Personen über 55 Jahren liegt der Impfschutz hoch – laut Abschlussbericht bei über 94 Prozent.
Nebenwirkungen können bei einer mRNA-Impfung auftreten. Sie werden in der Regel jedoch als leicht eingestuft und beschränken sich auf die üblichen Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen oder Grippesymptome.
In seltenen Fällen (unter 0,02 Prozent) kann eine Fazialisparese, eine vorübergehende Lähmung des Gesichtsnervs auftreten. Allergische Reaktionen treten bei 0,1 Prozent unmittelbar nach der Impfung auf. Es wird deswegen empfohlen, geimpfte Personen noch 15 Minuten nach der Impfung zu beobachten, um auf mögliche allergische Reaktionen sofort reagieren zu können.
Ob die Impfung lediglich die Symptome unterdrückt, geimpfte Personen aber dennoch infiziert und ob eine Impfung verhindert, dass die Erkrankung an ungeimpfte Personen übertragen werden kann, wird noch untersucht. Auch wie lange die Impfung vor COVID-19 schützt, ist noch unklar.
Um diese Fragen zu beantworten, sind längere Beobachtungen und weitere Studien nötig. Weitere mögliche Nebenwirkungen werden seit der breitflächigen Vergabe des Impfstoffes engmaschig überwacht. Der Biontech-Corona-Impfstoff ist das erste Produkt auf mRNA-Basis, das eine Zulassung erhielt.
Wie lange dauert die Zulassung für den Corona-Impfstoff?
Die Entwicklung des Biontech-Impfstoffes begann im Januar 2020. Am ersten Dezember teilte die Europäische Arzneimittel-Agentur mit, dass ein Antrag auf Notzulassung des Biontech-Impfstoffes gestellt wurde. Wie vor der regulären Zulassung von neuen Medikamenten musste der Biontech-Corona-Impfstoff drei klinische Phasen durchlaufen.
- Phase 1: Das Paul-Ehrlich-Institut genehmigte am 22. April 2020 den Beginn der Phase 1/2 für den mRNA-Impfstoffkandidaten. Die klinischen Studien begannen Ende April mit einer Gruppe von 12 Freiwilligen. Hier wurde die Verträglichkeit getestet und die Dosis auf 30 µg festgelegt. Nach Angaben der Firma wurde der heute eingesetzte Impfstoff aus über 20 Kandidaten ausgewählt.
- Phase 2: In Phase II wurden die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen in einer größeren Gruppe von Freiwilligen geprüft. Um die Entwicklung des Impfstoffes zu beschleunigen, wurden Phase I und Phase II zeitgleich durchgeführt.
- Phase 3: Die wichtigste dritte Phase der Entwicklung des Biontech-Impfstoffes begann am 27. Juli 2020. Über 43.000 Probanden und Probandinnen waren Teil der Studie.
Die Teilnehmer der Phase III erhielten im Abstand von 21 Tagen jeweils eine Dosis des Impfstoffes BNT162b2 oder ein Placebo. Über 40 Prozent der Teilnehmer waren über 55 Jahre alt, Freiwillige mit Adipositas und Vorerkrankungen nahmen ebenfalls teil. Alle Teilnehmer waren mindestens 16 Jahre alt.
Die ersten Ergebnisse wurden am 18. November 2020 bekannt gegeben. Damit war der Biontech-Impfstoff der erste Impfstoff, der alle drei Phasen durchlaufen hatte und Ergebnisse veröffentlichen konnte.
Von den über 43.000 Teilnehmern der klinischen Studie hatten sich 170 zwischen April und November 2020 mit COVID-19 angesteckt. Sieben der bestätigten COVID-19-Fälle waren tatsächlich geimpft worden, der Rest der Probandinnen und Probanden hatte ein Placebo erhalten.
Zehn schwere Verläufe der Krankheit trafen auf – neun davon waren in der Placebogruppe, einer hatte zum Zeitpunkt der Infektion nur die erste Corona-Impfung erhalten. Zwischen der ersten und zweiten Impfung liegt der Impfschutz bei etwas über 50 Prozent.
Ein Antrag auf die Notzulassung wurden am 20. November 2020 gestellt. Zuerst wurde der Biontech-Impfstoff im Vereinigten Königreich zugelassen – am zweiten Dezember 2020. Die erste Impfdosis weltweit wurde am achten Dezember 2020 an die 90-jährige Britin Margaret Keenan vergeben.
Am elften Dezember 2020 erteilte die amerikanische FDA (Food and Drug Administration) die Notfallzulassung des Impfstoffes für die USA. In der EU wurde die bedingte Zulassung des Impfstoffes von Biontech/Pfizer am 21. Dezember gewährt – zunächst befristet auf ein Jahr. Eine reguläre Marktzulassung ist unter der Erfüllung weiterer Auflagen möglich.
Der Wirkstoff im Biontech-Impfstoff wird heute Tozinameran genannt. Der Marktname der Impfung heißt Comirnaty.
Wer finanziert Biontech?
Biontech startete mit der Hilfe von Investoren. Die Gründerzwillinge des Pharmaunternehmens Hexal Andreas Strüngmann und Thomas Strüngmann beteiligten sich in der Gründungsphase von Biontech mit über 180 Millionen US-Dollar. Bei der Entwicklung des Biontech-Impfstoffes wurde die Firma außerdem von der Regierung unterstützt.
Zwischen 2014 und 2018 ging das Mainzer Unternehmen Biontech Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen ein. 2019 folgte der Börsengang, durch den Biontech rund 150 Millionen US-Dollar einnahm. Im März 2020 formte Biontech Allianzen mit dem chinesischen Pharmaunternehmen Fosun Pharma und dem US-amerikanischen Pharmakonzern Pfizer.
Vor allem Pfizer sollte Biontech bei der Entwicklung, Produktion und Verteilung eines erfolgreichen Impfstoffes unterstützen. Mit Pfizer hatte Biontech bereits im August 2018 zusammengearbeitet. Damals ging es noch um die Entwicklung von Influenza-Impfstoffen auf mRNA-Basis.
Darüber hinaus wurde Biontech 2019 von der Bill & Melinda Gates Foundation finanziell unterstützt – mit bis zu 100 Millionen US-Dollar für die Entwicklung von Medikamenten und Immuntherapien gegen HIV und Tuberkulose.
Im September 2020 erhielt Biontech rund 375 Millionen Euro vom Bund, um die Entwicklung des Impfstoffes zu beschleunigen. Das Geld sollte unter anderem für den Ausbau von Produktionskapazitäten in Deutschland genutzt werden.
Wann ist Biontech an die Börse gegangen?
Seit Oktober 2019 ist Biontech im größten Aktienindex NASDAQ notiert. Es ist erst das achte Unternehmen, dass an der US-Technologiebörse gelistet ist. Mit dem Börsengang nahm Biontech 150 Millionen US-Dollar ein. Eine Aktie der Firma kostete anfangs 15 US-Dollar.
Mittlerweile liegt der Aktienkurs bei über 100 US-Dollar – durch die Entwicklung des Corona-Impfstoffs machte die BioNTech Aktie einen großen Sprung. Das Biontech-Gründer und Eheleute Uğur Şahin und Özlem Türeci sind heute Milliardäre. Geld spielt für das Paar jedoch eine untergeordnete Rolle – laut vieler Interviews brennt das Ehepaar für die Forschung und ihre Arbeit.