In Deutschland gibt es nur noch wenige Autokinos. Doch für treue Anhänger ist das Autokino ein Kulterlebnis. Warum es im 21. Jahrhundert noch attraktiv ist und wie es funktioniert, verraten wir Ihnen.
Was ist ein Autokino?
Im eigenen Auto sitzen, Popcorn knabbern und mit der Freundin, dem Ehepartner oder dem ersten Date einen Film schauen – so schön ist Autokino. Das Autokino gibt es seit knapp 100 Jahren. 2020 erlebte diese kultige Kinoform durch die Corona-Krise einen neuen Aufschwung.
Unter freiem Himmel können Kinobesucher in der Privatsphäre des eigenen Autos einen Film genießen. In Zeiten von Social Distancing ist das ein Hit. Im April und Mai 2020 schossen aufgrund der Corona-Pandemie zahlreiche temporäre Autokinos aus dem Boden – nicht nur für Filme, auch für Konzerte, kulturelle Events und Gottesdienste. Einige stationäre Autokinos gibt es jedoch schon seit gut über 60 Jahren in Nordrhein-Westfalen und Deutschland.
Da die Leinwand nur im Dunkeln gut erkennbar ist, starten die Filme erst mit Einbruch der Dunkelheit. Im Sommer beginnt die erste Vorstellung also immer etwas später. Ein Kinobesuch für zwei Personen kostet etwa so viel wie ein Besuch in einem normalen Kino – um 25 Euro für zwei Personen. Popcorn, Getränke und Snacks können auf dem Gelände gekauft werden.
Wo ist das Autokino entstanden?
Autokinos stammen ursprünglich aus den USA. 1933 eröffnete das erste Autokino in Camden, New Jersey. Kultstatus erlangte das Open-Air-Kino jedoch erst in den 1950er und 1960er Jahren, als die USA die unsichere Nachkriegszeit überwunden hatte und die Wirtschaft einen Aufschwung erlebte.
In diesen Jahren war das Autokino ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Jugendliche. Pärchen parkten in der letzten Reihe, um ungestört zu knutschen. Vor allem Horrorfilme hatten das Potential frisch verliebte Paare einander näher zu bringen.
Über 4000 Autokinos gab es in den Hochzeiten in den USA. Noch heute ist das Autokino ein Sinnbild der amerikanischen Kultur der 1950er und 1960er Jahren. Viele denken bei einem Autokino an Oldtimer vor einer Leinwand, Burger und den Filmklassiker „Grease“.
In Westdeutschland eröffnete das erste Autokino 1960 in Frankfurt-Gravenbruch. Das erste und einzige Autokino der DDR eröffnete 1977 in Wittstock/Dosse in Brandenburg. Den Kultstatus, den Autokinos in den USA genossen, erlangten sie in Deutschland und dem Rest Europas jedoch nie.
Anfang der 1970er Jahre schlossen die meisten Autokinos wieder. Bis 2020 waren nur noch etwa 20 stationäre Autokinos in Köln, Gravenbruch, Berlin, Leipzig und anderen größeren Städten in Betrieb – überwiegend für Liebhaber, Nostalgiker und Paare auf der Suche nach einem ausgefallenen Date.
Einen Aufschwung ungeahnter Ausmaße genoss das Autokino in der Corona-Krise 2020. Durch die Ansteckungsgefahr mussten normale Kinos vorübergehend schließen. Keiner wusste, wie lange es dauern würde, bis das Leben zur Normalität zurückkehrt.
So wurden die Autokinos zur Alternative, um dem „Lagerkoller“ entgegenzuwirken, aber dennoch die Regeln der räumlichen Distanzierung zu wahren. Nicht nur für Filme, auch für Konzerte und andere Veranstaltungen wurde diese Art der Freizeitgestaltung ohne direkten Menschenkontakt in Pandemiezeiten genutzt.
Wie funktioniert ein Autokino und wie kommt der Ton ins Auto?
In den Anfangszeiten des Autokinos kam der Ton noch über Lautsprecher in das Auto. Später wurden kleinere Lautsprecher an jedem Parkplatz installiert. Heute geht das moderner: Der Ton kommt über das Autoradio, das Smartphone oder ein ausleihbares Radio ins Auto.
Seit der Ton über die UKW-Frequenz des eigenen Autoradios kommt, herrscht auch kein ohrenbetäubender Lärm mehr wie bei den ersten Vorstellungen in den 1930er Jahren. Vor Beginn jeder Vorstellung wird die Frequenz des Filmtons bekannt gegeben.
Das Autokino bietet Vorteile, die ein normales Kino nicht bieten: Die Füße hochlegen, in Decken einkuscheln, den Lieblingstee aus der Thermoskanne trinken, ungehemmt mit der Chipstüte rascheln oder ungeniert knutschen.
Gegenüber dem heimischen Wohnzimmer bietet die Kinoleinwand dennoch echtes Kino-Feeling. Sogar das Baby kann auf der Rückbank schlafen, während die Eltern endlich mal rauskommen, und der Hund muss am Samstagabend doch nicht alleine zuhause bleiben.
Es lohnt sich, eine halbe Stunde bis Stunde vor Beginn der Vorstellung anzukommen, um einen guten Platz zu ergattern. Die beste Sicht haben Kinobesucher vorne mittig und nicht wie bei gewöhnlichen Kinos eher hinten.
Vor Ort können Besucher Popcorn, Snacks und Getränke kaufen. Es ist auch möglich eigenes Essen mitzubringen und dieses ohne Hemmungen vor Geräusch- und Geruchsbelästigung während des Films zu genießen. Döner im Autokino? Kein Problem.
Die Stellfläche der Parkplätze ist vorne etwas erhöht. Besucher haben also auch beim entspannten Zurücklehnen eine gute Sicht auf die Leinwand – allerdings nur von der Vorderbank und wenn die Windschutzscheibe sauber ist. Die Sicht von der Rückbank ist nicht ideal.
Hat das Freiluftkino ganzjährig geöffnet, können Besucher bei fast jedem Wetter einen Film genießen – auch bei Regen oder Schnee. Nur Nebel ist der natürliche Feind des Autokinos. Bei kaltem Wetter müssen Besucher warme Kleidung tragen und Decken mitbringen. Eine Thermoskanne mit Tee oder Kakao hilft gegen die Kälte und erhöht den Wohlfühlfaktor.
Einige Autokinos bieten den Verleih von Heizlüftern an. Die Autobatterie sollte für die Dauer des Films bei eingeschaltetem Radio durchhalten. Falls nicht, bieten viele Autokinos Fremdstarter-Kits an.
Seit wann gibt es Autokinos in Deutschland und NRW?
Das erste Autokino eröffnete 1960 in Gravenbruch in der Nähe von Frankfurt am Main. Es folgten weitere Kinos in ganz Deutschland. Darunter auch zwei in Nordrhein-Westfalen, die uns bis heute erhalten blieben: Das Drive-In Autokino Köln-Porz und das Autokino Essen.
Schon vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 waren diese Orte der Nostalgie am Wochenende gut besucht. Besucher können im eigenen Auto genüsslich und geräuschvoll Snacks knabbern und dabei neue Filme sowie alte Klassiker auf der großen Leinwand genießen.
Welche Autokinos gibt es in NRW?
Die zwei bekanntesten und besten Autokinos in NRW öffnen schon seit über 50 Jahren ihre Tore und genießen Kultstatus. Das Drive-In Kino in Köln-Porz eröffnete im August 1967, das Kino in Essen folgte knapp ein Jahr darauf im Juni 1968.
Dabei kam das Autokino Ende der 1960er Jahre eigentlich schon wieder aus der Mode. Trotzdem hielten sich die großen Drive-In Kinos unter Liebhabern amerikanischer Kultur, Autofans und Pärchen auf der Suche nach Abwechslung. Beide Freiluftkinos zählen mit über 1000 Parkplätzen zu den größeren Autokinos in Deutschland und ziehen jedes Wochenende viele Besucher an.
2020 wurden weitere temporäre Autokinos in Nordrhein-Westfalen aus dem Boden gestampft, um gelangweilten Bürgern eine willkommene Abwechslung zu bieten. Das Angebot kam an: Das Autokino auf dem Düsseldorfer Messeparkplatz P1 war für Filme und Events fast immer ausverkauft. Weitere temporäre Autokinos in NRW öffneten in Bottrop, Bonn, Willich, Dortmund und an weiteren Standorten.
Hier sehen Sie Bilder vom Autokino in Düsseldorf.
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