Klimawandel Der Wintersport muss mehr Wettkämpfe an einen Ort legen

Analyse | Düsseldorf · Im Wintersport gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den Disziplinen. Fast alle brauchen Schnee. Doch der fehlt immer häufiger. Deswegen müssen die Verbände ihre Wettkämpfe bündeln. So braucht es nicht nur weniger Schnee, auch Kosten lassen sich sparen.

Ein schmaler weißer Streifen in der grünen Landschaft, Schnee, der teils über hunderte Kilometer transportiert werden muss, matschige Pisten, die nur mit viel Salz fahrtauglich gemacht werden können – Wochenende für Wochenende sorgen solche Bilder an den verschiedenen Weltcup-Orten für wenig Winteratmosphäre, dafür für viele Diskussionen im Wintersport.

Ob in Oberstdorf, im slowenischen Pokljuka oder in Zagreb in Kroatien– die Bilder ähneln sich überall. Überall haben die Skirennfahrer, Biathleten oder Langläufer die gleichen Probleme auf dem weichen oder nassen Schnee, der reguläre Bedingungen oft kaum möglich macht. Der Klimawandel macht Wintersport in immer mehr Regionen selbst im tiefen Winter schwierig. Zuverlässig Schnee gibt es nur an wenigen traditionellen Weltcuporten noch. Garmisch-Partenkirchen musste zum Beispiel die für Ende Januar geplante Skirennen der Männer absagen. Auch in Klingenthal kann keine Nordische Kombination stattfinden, weil Regen und Wärme den Schnee unbrauchbar für den Wettkampf gemacht haben.

Über den Sinn und Unsinn von Schneekanonen, Schneedepots oder Schneelieferungen aus weit entfernten Hallen oder Regionen wird angesichts der Energiekrise und hoher Kosten in dieser Saison noch heftiger diskutiert als bisher. Das Umherreisen der vielen Wintersportler zwischen Europa, Nordamerika und Asien wird ohnehin angesichts des Klimawandels von vielen Menschen kritisch gesehen. Die unterschiedlichen Sportarten arbeiten in ihren Wettkampfplänen daran, die Reisekilometer zu reduzieren. So richtig gelingen will das aber noch nicht überall.

Biathlon-Termine 2023/24: Weltcup-Kalender, Zeitplan & Orte in der Übersicht
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Das sind die Weltcup-Termine der Biathleten 2023/24

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Foto: dpa/Terje Bendiksby

Ein anderer Faktor ist die Vielzahl der Wettkampforte. An Wochenenden, an denen alle Wintersportarten ihre Weltcups austragen, verteilen sich die Events auch mal auf zehn oder mehr Orte. Überall muss eine Skipiste, Loipe, Schanze oder Bahn mit Schnee oder Eis präpariert werden. Nimmt man das Wochenende vom 6. bis 8. Januar, dann kämpften die Biathletinnen und Biathleten gemeinsam in Pokljuka (Slowenien) um Siege, die Rodlerinnen und Rodler in Sigulda (Lettland) und die Frauen und Männer im Bob im sauerländischen Winterberg. Im Ski alpin fuhren die Frauen aber in Kranjska Gora (Slowenien), die Männer in Adelboden in der Schweiz den Riesenslalom. Die Skispringer hatten ihr Finale der Vierschanzentournee in Bischofshofen, während die Skispringerinnen von Slowenien nach Japan gereist sind und in Sapporo sprangen. In Estland maßen sich die Nordischen Kombinierer wiederum in Otepää im Zweikampf aus Skispringen und Langlauf, während die Langläuferinnen und Langläufer mit der Tour de Ski in Val die Fiemme in Italien unterwegs waren.

Dass die Langläufer nicht die Skipisten der alpinen Kollegen nutzen können, dass die Skispringer ihr Schanzen brauchen wie die Rodler ihre Eisbahnen, erschließt sich. Dass die zeitlichen Abläufe, der Aufwand oder die Infrastruktur an einigen kleinen Wettkampforten es nicht möglich machen, dass mehrere Disziplinen am gleichen Wochenende oder in der gleichen Woche stattfinden, ist ein weiterer Grund für die Aufteilung auf so viele Orte. Und dann wäre da natürlich noch der Aspekt, möglichst viele Regionen und Länder mit großem Zuschauerpotenzial zu bedienen und Fans anzulocken. Verständlich.

Skispringen Weltcup 2023/24: Kalender, Orte & Zeitplan der Skispringer
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Das sind die Weltcup-Termine der Skispringer 2023/24

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Foto: AP/Terje Bendiksby

Doch Klimawandel und Energiekrise machen ein Umdenken unumgänglich, will man sich bei den selbst gesetzten Umweltzielen nicht vollends unglaubwürdig machen. In absehbarer Zeit wird sich die Zahl der möglichen Ausrichter ohnehin aus klimatischen und finanziellen Gründen reduzieren. Warum also nicht jetzt schon aus den Verhältnissen und Wettkampfstätten das rausholen, was möglich ist. Im Ski alpin könnten durchaus mehr Weltcups von Frauen und Männern gemeinsam oder kurz nacheinander am gleichen Ort stattfinden. Auch wenn es oftmals schwer berechenbar scheint, ob ohnehin schon grenzwertige Streckenverhältnisse mehreren Rennen standhalten. Bei den Stationen, an denen es relativ sicher gute Winterverhältnisse gibt, könnte der Skiweltverband Fis Wettkämpfe bündeln, wie es im Biathlon und Langlauf schon lange üblich ist. In Sölden, Zermatt und Lech war das in diesem Winter im Oktober und November auch geplant. Bis auf den Herrenslalom in Sölden mussten aber alle Rennen ohnehin wegen des schlechten Wetters ausfallen. Erst das Weltcup-Finale im März ist dann wieder gemeinsam geplant.

Aber auch im Skispringen finden die Wettkämpfe von Frauen und Männern oft an zwei verschiedenen Orten statt. Doch die gemeinsamen Wochenenden werden mehr, sodass nur eine Skisprungschanze mit Schnee präpariert werden muss. Zum Saisonstart in Wisla und beim Weltcup in Titisee-Neustadt war das bereits der Fall. Anfang Februar in Willingen wird es ebenfalls so sein. Auch im rumänischen Rasnov, bei der Raw-Air-Tour in Oslo und Lillehammer sowie in Lahti (Finnland) werden Skispringerinnen und Skispringer ihre Wettkämpfe austragen.

Doch es gibt mehr Synergiemöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Sportarten, die künftig besser genutzt werden können. Gerade in den nordischen Skisportarten. Für die Nordische Kombination wird ebenfalls eine Skisprungschanze benötigt und die Loipe, die die Athleten dann für den Langlauf nutzen, können auch die Langläuferinnen und Langläufer für ihren Weltcup nutzen. Nicht an allen, aber an vielen Skisprungschanzen gibt es auch gute Bedingungen für den Langlauf.

Skispringen 2023/24: Weltcup-Termine der Skispringerinnen - Zeitplan & Orte
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Das sind die Weltcup-Termine der Skispringerinnen 2023/24

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Foto: dpa/Arne Dedert

Diesen Vorteil nutzt die Fis in diesem Winter bereits bei den Weltcupstationen Ruka (Finnland) und Oslo (Norwegen), wo alle drei Sportarten in einer Woche stattfinden. Im finnischen Lahti wird nur der Langlauf fehlen. So müssen nicht an zwei Orten eine Schanze und eine Strecke wettkampftauglich gemacht werden, außerdem kann die Infrastruktur gemeinsam genutzt und die Organisation zusammen gestemmt werden. Gleichzeitig profitieren die weniger gut besuchten Disziplinen von der Anziehungskraft der anderen und können auf mehr Zuschauer als sonst hoffen.

Spontan die Wettkämpfe zusammenzulegen und den Wettkampfkalender zu ändern, sei innerhalb der Saison allerdings schwierig. „Die Weltcup-Organisatoren investieren Monate in die Planung ihrer Event-Wochenenden. Außerdem sind nicht alle Austragungsstätten so ausgestattet, dass sie die Menge an Athleten und die nötige Infrastruktur für Wettkämpfe mehrer Disziplinen bewältigen können“, teilte die Fis auf Anfrage mit.

Gemeinsamen Wettbewerbe müssen daher künftig schon in der langfristigen Planung zur Regel statt zum gelegentlichen Event werden. An manchen Stellen könnten auch die Biathleten direkt vor oder nach den Langläufern oder Kombinierern die Strecken nutzen.

Im Rodeln und Bob gibt es ohnehin schon nur eine Handvoll Eisbahnen, die im Winter genutzt werden. Meist liegen zehn bis 14 Tage zwischen den Wettkämpfen im Rodeln oder Bob, manchmal auch mehrere Wochen. Sollte das Wetter die Vorbereitung weiter erschweren, könnten geringere Zeitabstände Kosten und Arbeit sparen.

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