Vierschanzentournee Deutsche Springer im Aufwind

Oberstdorf · Am Donnerstag jährt sich der Tag zum neunten Mal: Am 29. Dezember 2002 gewann Sven Hannawald auf der Oberstdorfer Schattenbergschanze als bislang letzter Deutscher einen Wettkampf der Vierschanzentournee. "Hanni" ließ dem Grand Slam aus dem Winter zuvor, als er als einziger in der nun 60-jährigen Geschichte der Serie alle vier Tournee-Wettbewerbe gewinnen konnte, einen weiteren Sieg folgen.

Vierschanzentournee 11/12: die Favoriten
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Vierschanzentournee 11/12: die Favoriten

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Seitdem mühten sich die Athleten des Deutschen Skiverbands (DSV) vergebens. Ein zweiter Platz für Sven Hannawald (Bischofshofen 2003), dritte Ränge für Georg Späth (Partenkirchen 2004 und 2005), Michael Neumayer (Partenkirchen 2008) und Martin Schmitt (Innsbruck 2009) — das war's an Podestplätzen.

Ob die Bundestrainer Reinhard Heß, Wolfgang Steiert, Peter Rohwein oder Werner Schuster hießen, immer mussten sie in den vergangenen zehn Jahren die Erwartungen dämpfen, wenn sich der Tross kurz vor Silvester auf den Weg ins Oberallgäu machte. Sieben Top-Ten-Plätze bei den vier Tournee-Wettkämpfen 2010/11 deuteten immerhin schon einmal eine Trendwende an. Doch es fehlte das eine, das herausragende Resultat, an dem sich Publikum und Medien festhalten konnten.

Mit so viel Selbstvertrauen und Optimismus wie in diesem Jahr ging das deutsche Team schon lange nicht mehr in die Tournee. "Jetzt haben wir die Situation, die wir immer haben wollten", frohlockte Schuster nach dem letzten Springen vor Weihnachten im Schweizer Engelberg. "Wir sind noch nie in der Lage gewesen, dass wir mit zwei Sportlern reingehen, die zuvor Podestplätze hatten. Wer das geschafft hat, kann natürlich im Kampf um den Gesamtsieg mitmischen", sagte er. Das "Nie" bezieht sich freilich nur auf seine jetzt dreieinhalbjährige Amtszeit.

Vierschanzentournee und Skisprung-Weltcup: Die Favoriten 2015/2016
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Diese Springer könnten in dieser Saison die Hauptrollen spielen

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Foto: dpa, hsc fux hpl

Der Sachse Richard Freitag (20), dem im tschechischen Harrachov der erste Weltcupsieg gelungen war, und der Bayer Severin Freund (23), der im vergangenen Winter zwei Wettbewerbe gewann, sorgen für Zuversicht. Auch Martin Schmitt, der bei seinen 16 Tourneestarts häufig als Mitfavorit angetreten war, aber nie gewinnen konnte, hebt die beiden in den Kreis der Sieganwärter: "Severin und Richard haben ein verdammt hohes Grundniveau. Wenn Richard in einen Lauf kommt, dann kann er auch die Tournee gewinnen." Schuster hofft, dass einer seiner beiden Besten bis zum Abschlusspringen am Dreikönigstag in Bischofshofen vorn mitmischt.

Horst Hüttel, im DSV als Sportlicher Leiter für den Skisprung verantwortlich, betont: "Eines Tages wollen wir die Tournee wieder gewinnen." Er sieht Fortschritte bei der Nachwuchsförderung und erkennt, dass das "Gesamtsystem an Qualität gewinnt, es fügen sich mehr und mehr die entscheidenden Bausteine zusammen." Bundestrainer Schuster weiß: "Deutschland ist hungrig aufs Skispringen." Eintrittskarten für Oberstdorf und Garmisch sind gefragt wie lange nicht mehr. Zwölf deutsche Athleten treten morgen in der Qualifikation an. Außer Freitag und Freund kommt allerdings keiner für einen Spitzenrang in Betracht. Martin Schmitt muss gar fürchten, nach den beiden Springen auf deutschem Boden ins zweite Glied zurückgesetzt zu werden.

Trotz der guten Verfassung, die Freund und Freitag seit Ende November beweisen, sind andere Athleten noch höher einzuschätzen. Zuvorderst die Österreicher. In Person von Wolfgang Loitzl, Andreas Kofler und Thomas Morgenstern gewannen sie die zurückliegenden drei Tourneen, dazu 13 der 20 Tournee-Wettbewerbe in den vergangenen fünf Saisons.

Bei den Wettanbietern wird der Tiroler Gregor Schlierenzauer als erster Sieganwärter genannt. Zum engeren Favoritenkreis gehören außerdem der Norweger Anders Bardal und der Pole Kamil Stoch. Der viermalige Olympiasieger Simon Ammann (Schweiz) — mittlerweile 31 Jahre alt — versucht mit freilich geringen Aussichten endlich zum ersten Mal die Tournee zu gewinnen. In diesem Winter kam er aber noch nicht über Rang neun hinaus.

(RP/chk)
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