Gastbeitrag zur Lage im Leistungssport Es braucht eine Hochschule für Trainer

Planegg · Der deutsche Leistungssport vernachlässigt seine Trainer. In Sachen Ausbildung, Finanzierung und Perspektive. Ein Umdenken muss sich dringend in spürbaren Reform widerspiegeln, will man auch künftig Weltklasse-Athleten hervorbringen.

 DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

Foto: imago

Keine falsche Bescheidenheit: Es geht um die Weltspitze. Sie ist es, die im Leistungs- und Hochleistungssport das Tempo und Maß der Leistungsentwicklung bestimmt. Wenn wir in Deutschland bei der Vergabe der Medaillen auch künftig ein gewichtiges Wort mitreden wollen, müssen wir die stärken, die den Erfolg möglich machen: die Athleten und ihre Trainer. An der weiteren Professionalisierung und fortlaufenden Qualifizierung dieser entscheidenden Leistungsträger führt kein Weg vorbei.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat zu Recht Athleten und deren Trainer in den besonderen Fokus der deutschen Leistungssportreform gerückt. Das klingt gut und ambitioniert. Aber ist die Weltspitze damit auch in Reichweite? Da sind Zweifel angebracht. Die DOSB-Leistungssportreform macht Fortschritte, DOSB und Innenministerium (BMI) verhandelten einen längst überfälligen Mittelaufwuchs. Wer Weltklasse und olympische Medaillen will, muss auch im Bereich der Personalqualifizierung die nötigen Voraussetzungen schaffen und für deren finanzielle Absicherung sorgen.

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Foto: dpa/Jean-Christophe Bott

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung werden Athleten, Sportgroßveranstaltungen und Infrastrukturmaßnahmen genannt, Positionen zu Trainern fehlen gänzlich. Zwar mag der DOSB die Arbeit der Trainer wertschätzen, doch die seit Jahren propagierte DOSB-Traineroffensive zeigt zumindest im Bereich der gesellschaftlichen Anerkennung des Trainerberufs keine Fortschritte. Die Entwicklung eines sportartübergreifenden Berufsbildes ist vollzogen. Ausbildung, Studium, Anforderungsprofile und Tätigkeitsbeschreibungen machen in ihrer Gesamtheit einen Teil dieses Berufsbildes aus, eine öffentlichkeitswirksame Darstellung fehlt.

Berufstrainer, die an der Trainerakademie in Köln ausgebildet wurden, sind Profis in ihrem Bereich, ganz unabhängig davon, in welcher Sportart sie tätig sind. Die Studienplatzangebote für junge Trainer sind begrenzt, ein akademischer Abschluss nach einem dreijährigen Studium nicht möglich. Ein Aufbaustudiengang an der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig ist nötig um den Absolventen einen Abschluss zum B.A. Sportwissenschaft zu ermöglichen.

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Foto: AP/Terje Bendiksby

Bisher fehlen auch duale Studiengänge für junge Trainerstudenten im Leistungssport. Nach dem Motto: Vision braucht Praxis entwickeln Spitzenverbände wie der Deutsche Skiverband neue Strategien zur Realisierung dieses Vorhabens. Im Oktober 2018 startete der DSV ein viereinhalbjähriges duales Verbundstudium für Skitrainer im Leistungssport.

Unter Einbeziehung der Trainerakademie Köln sowie der Sportwissenschaftlichen Fakultät Leipzig werden junge Trainer als duale Studenten in den DSV-Vereinen und -Stützpunkten angestellt und durch ein berufsbegleitendes Mentoringprogramm gefördert. Das Studium umfasst alle Verbandslizenzen, den staatlichen anerkannten Trainerabschluss sowie den Studienabschluss Bachelor of Arts Sportwissenschaft. Begleitend legen die Studenten die Prüfung zum Sportfachwirt der IHK ab. Mit dieser Maßnahme baut der Verband seine Trainerausbildung weiter aus und investiert in die Zukunft.

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die Absicherung einer hohen Qualität in Aus,- Fort- und Weiterbildung sowie die konsequente Professionalisierung der Trainerausbildung sind im Selbstverständnis des DSV ein Muss. Auch der DOSB nennt dies als bedeutendes Ziel der Leistungssportreform. Der gesamte deutsche Sport wäre aufgrund seines bestehenden, vielfältigen Aus- und Fortbildungsangebotes in Haupt- und Ehrenamt gut beraten, über eine eigene Hochschule des Deutschen Sports nachzudenken. Dahinter steht die Überzeugung: Der Erfolg im Leistungssport wird auch durch das Investment von Nationen und Spitzenverbänden in die Personalentwicklung beeinflusst. Die Anzahl der qualifizierten Trainer und das qualitativ hochwertige Ausbildungssystem sind dazu ein entscheidendes Erfolgskriterium.

 Jürgen Wolf, Leiter Trainerschule des Deutschen Skiverbandes

Jürgen Wolf, Leiter Trainerschule des Deutschen Skiverbandes

Foto: DSV

Wir sollten uns dem internationalen Trend anschließen und der Ausbildung unserer Trainer mehr Gewicht geben, sie professionalisieren und der akademischen Ausbildung eine hohe Priorität einräumen. Die Ausprägung und Festigung des Berufsbildes Trainer im Leistungssport würde sich dann quasi von selbst einstellen. Zur Erlangung der Weltspitze geht es um die Qualifizierung der Besten, dies trifft auf Athleten und ihre Trainer gleichermaßen zu, denn die Medaillen fallen nicht vom Himmel.

Der Autor leitet die Trainerschule des Deutschen Skiverbandes.

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