Granerud gewinnt Vierschanzentournee Krönung eines wundersamen Aufstiegs

Bischofshofen · Halvor Egner Granerud setzt sich in Bischofshofen die Skisprung-Krone auf. Der Tourneesieg des Norwegers ist der vorläufige Höhepunkt seines wundersamen Aufstiegs.

Halvor Egner Granerud jubelt mit der norwegischen Fahne.

Halvor Egner Granerud jubelt mit der norwegischen Fahne.

Foto: AFP/CHRISTOF STACHE

Halvor Egner Graneruds Urgroßvater hat bereits Geschichte geschrieben. Oder besser: Geschichten. Denn die Zahnputztrolle Karius und Baktus oder Klaus Klettermaus aus der Feder des großen Thorbjörn Egner kennt in Norwegen jedes Kind. Am Freitag öffnete Granerud nun das nächste Kapitel seiner eigenen wundersamen Geschichte.

Mit seinem ersten Sieg bei der Vierschanzentournee erlöste der 26-Jährige nicht nur sich selbst, sondern auch ganz Norwegen. Seit Anders Jacobsens Tourneesieg 2006/07 hatten sich die Skandinavier vergeblich nach dem goldenen Adler gesehnt. Viele Hoffnungsträger kamen und gingen, auch Granerud selbst hatte schon einmal zuvor die Last zu tragen: Vor zwei Jahren, als er sich aus dem Nichts plötzlich zum Skisprung-Dominator aufgeschwungen hatte.

Angetrieben durch eine völlig verkorkste Saison und der Corona-Pandemie geschuldet, hatte Granerud 2020 noch als Kindergärtner gearbeitet. Nur wenig später schaffte der damals 24-Jährige in seinem sechsten Weltcup-Jahr den Durchbruch - und wie.

Ohne Podestplatzierung war er in die Saison 2020/21 gestartet, vor der 69. Vierschanzentournee gewann er dann fünf Weltcups in Folge. Selten war die Favoritenrolle im Vorfeld der Tournee so klar verteilt.

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Doch dann kam der Absturz von Innsbruck. Ein völlig verpatzter erster Sprung am Bergisel warf den bis dahin führenden Granerud aus dem Rennen. Zwar gewann der Norweger hoch überlegen den Gesamtweltcup, doch die Erfahrungen der Tournee blieben unvergessen. „Das war sehr lehrreich, was da passiert ist“, sagte sein österreichischer Coach Alexander Stöckl.

Auch in diesem Jahr dürften sie in Norwegen kurz in Sorge verfallen sein, als Granerud in Innsbruck nach nur einem Sprung bereits die Hälfte seines Vorsprungs auf den zweitplatzierten Dawid Kubacki eingebüßt hatte. Doch die Sorge währte nicht allzu lang: Granerud blieb nervenstark und flog im zweiten Durchgang über elf Meter weiter als Kubacki.

Spätestens da dürfte den meisten klar gewesen sein: Die Tournee, sie kann in diesem Jahr nur an einen gehen. „Ich bin jeden Tag aufs Neue überrascht, wie ruhig er das alles durchsteht“, schwärmte Stöckl nach dem Bergisel-Springen: „Vor zwei Jahren war es anders, da war er gestresster und hat sich über alles Mögliche außerhalb des Skispringens aufgeregt.“

Nicht so in diesem Jahr. Angetrieben von einer laut Stöckl „irrsinnigen mentalen Stärke“ und einer teils gnadenlosen Überlegenheit setzte sich Granerud die Skisprung-Krone auf. Und das nächste Kapitel, so viel ist sicher, es wartet nur darauf, geschrieben zu werden.

(sid/stja)
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