Skispringen Trainer Rohwein vor dem Rauswurf

Düsseldorf (RP). Wenn nichts mehr hilft, muss häufig der liebe Gott herhalten. Selbigen bat Skisprung-Bundestrainer Peter Rohwein diese Woche fast schon resignierend darum, seinen Schützlingen bei den heute beginnenden Skiflug-Weltmeisterschaften in Oberstdorf ein bisschen Aufwind zu schenken. Ironie des traurigen Schicksals der deutschen "Adler", die zuletzt einen Absturz nach dem anderen erlebten.

 Unter Beschuss: Bundestrainer Peter Rohwein.

Unter Beschuss: Bundestrainer Peter Rohwein.

Foto: AP

Erschreckender Höhepunkt war das Heimspringen in Willingen vergangenes Wochenende, nach dem die Uhrmanns, Späths, Schmitts und Neumayers nach Plätzen jenseits der 20 mit gesenkten Köpfen von dannen schlichen. Klammheimlich und ohne Kommentar packten sie ihre Sachen, während dem sonst so besonnenen Peter Rohwein in der Pressekonferenz der Kragen platzte. "Generell ist es meine Aufgabe, mich vor das Team zu stellen. Aber das darf nicht dazu führen, dass die Athleten die Realität aus den Augen verlieren. Ich gestehe ihnen nicht zu, sich hinter Kleinigkeiten zu verstecken."

Künftig werde der 45-Jährige keine Wetter- und Materialausreden mehr dulden. "Andere springen auch bei schlechten Bedingungen weit", erklärte Rohwein. "Wir zeigen dagegen verkrampfte Sprünge, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen habe." Mit einer saftigen Ansprache im Hotel gipfelte der Wutausbruch des Peter Rohwein, der laute Auftritte ansonsten meidet. Er, der Stille, der seine Worte gewöhnlich wohl dosiert auswählt und seine Schützlinge bis dato immer in Schutz nahm. Er, der Ski-sprung-Trainer, der 2004 mutig die Nachfolge vom geschassten Wolfgang Steiert antrat, obwohl er bis dahin vier Jahre lang erfolgreich als Coach bei den Nordischen Kombinierern gearbeitet hatte.

Seine neuerliche Gefühlsregung darf als Zeichen von Unsicherheit gedeutet werden, die belegt, dass Rohwein sehr genau weiß, dass seine Tage als Trainer schon bald gezählt sein könnten. Dann dürfte auch die Job-Garantie von DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller bis Olympia 2010 nicht mehr viel Wert sein, denn Rohwein steht schon seit längerem in der Kritik. "Mir ist klar, dass ich nach den Ergebnissen der Tournee und Skiflug-WM abgerechnet werde", sagte er.

Die Aussichten sind trübe. An die angestrebte WM-Medaille glaubt angesichts des Leistungstiefs niemand mehr. Die letzten Ergebnisse verdeutlichen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit derzeit auseinanderliegen. "In dieser Verfassung ist eine Medaille völlig unrealistisch", sagte Rohwein. "Ich erwarte, dass wir uns in Oberstdorf anders präsentieren." Dabei appellierte der Bundestrainer - der Martin Schmitt, Michael Uhrmann, Michael Neumayer, Georg Späth und Jörg Ritzerfeld nominiert hatte - an die Einstellung seiner Springer. Sie sollten "Herz und Freude zeigen" und das "freie Fliegen genießen".

Die Favoritenrolle teilen sich Norwegen (Björn Einar Romören, Tom Hilde, Anders Jacobsen), Österreich (Thomas Morgenstern, Gregor Schlierenzauer) und Finnland (Janne Ahonen, Janne Happonen), die im Einzel- und Teamspringen wohl die vorderen Plätze unter sich ausmachen. Die Deutschen müssen dagegen ebenso auf eine überraschende Leistungssteigerung hoffen wie auf die Unterstützung der heimischen Fans. Und natürlich auf die Hilfe von oben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort