Skifliegen in Oberstdorf Eisenbichler geht volles Risiko und verpasst den Sieg nur knapp

Oberstdorf · „Sieg oder Sarg“ - mit dieser Einstellung hat Markus Eisenbichler alles in den zweiten Durchgang beim Weltcup in Oberstdorf gelegt. Damit gelang ihm ein fulminanter Flug. Für den Sieg reichte es aber wieder nicht.

 Markus Eisenbichler jubelt nach dem zweiten Durchgang.

Markus Eisenbichler jubelt nach dem zweiten Durchgang.

Foto: AP/Matthias Schrader

Markus Eisenbichler fletschte vor Anspannung die Zähne, zitterte und hoffte nach seinem Wunderflug bis zum letzten Moment - und lag am Ende doch wieder einen Hauch hinter diesem vermaledeiten Ryoyu Kobayashi. "Ich habe mir vor meinem letzten Sprung gesagt: Sieg oder Sarg - sonst gewinnst du hier nichts", meinte der 27-Jährige. Am Ende eines packenden zweiten Skifliegens in Oberstdorf wurde es weder Sieg noch Sarg, sondern Rang zwei mit umgerechnet 41 Zentimetern Rückstand auf den Japaner.

Im zweiten Durchgang war Eisenbichler von der Heini-Klopfer-Schanze auf 237,5 m geflogen und damit nur einen Meter kürzer als der Anlagenrekord des Norwegers Daniel Andre Tande. 17.500 begeisterte Zuschauer bereiteten sich schon darauf vor, den so ersehnten ersten Weltcup-Sieg des Publikumslieblings zu feiern, doch dann konterte Kobayashi als letzter Springer: 234,0 m und die deutlich bessere Landung reichten "Air Nippon" zum zehnten Saisonerfolg - mit umgerechnet 41 Zentimetern nach fast einem halben Kilometer Luftfahrt.

"Es gibt kein geileres Gefühl, als wenn man den letzten Meter noch ausreizt. Eigentlich wollte ich einen Telemark setzen, aber das hätten mein Rücken und meine Knie wohl nicht mitgemacht", sagte Eisenbichler, der schon bei der Vierschanzentournee in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen zweimal hauchdünn von Kobayashi bezwungen worden war, nach dem sechsten Podestplatz seiner Karriere: "Am Sonntag probiere ich es wieder." Und wenn es dann mit dem Sieg klappt? "Dann reiße ich hier den Laden ab!"

Markus Eisenbichler – Spätstarter von der Schanze
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Das ist Markus Eisenbichler

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Eisenbichler, der zuvor die Qualifikation gewonnen hatte und schon am Freitag Platz drei belegt hatte, war im ersten Versuch mit einem kleinen Fehler nach dem Absprung auf 219,5 m geflogen und hatte als Dritter auf Schlagdistanz gelegen. Kobayashi führte zur Halbzeit, rettete mit 427,0 Punkten eine Winzigkeit vor seinem deutschen Rivalen (426,5 Punkten) ins Ziel.

"Ich war mir eigentlich sicher, dass ich gewonnen habe. Dass es aber so knapp war, hat mich am Ende doch überrascht", sagte Kobayashi, der am Vortag nur 14. war: "Erst heute hatte ich das Gefühl zu fliegen." Dritter wurde der Österreicher Stefan Kraft (421,7).

"Es wäre schön gewesen, wenn es für Markus gereicht hätte. Er muss geduldig bleiben. Bei 237,5 m ist es eben schwer zu landen", sagte der zum Saisonende scheidende Bundestrainer Werner Schuster, der abseits seines derzeit mit Abstand besten Fliegers wenig Grund zur Freude hatte.

Der zuletzt so konstante Stephan Leyhe kassierte einen empfindlichen Dämpfer, Olympiasieger Andreas Wellinger erlebte auf dem harten Weg zurück zu alter Stärke sogar ein Debakel. Der Tourneedritte Leyhe flog im ersten Durchgang nur auf 194,5 m und schied als 35. aus. Gar nicht erst im Wettkampf dabei war Wellinger. Der 23-Jährige stürzte in der Qualifikation auf 173,0 m ab und verpasste als 48. sang- und klanglos das Fliegen der besten 40.

Am Vortag hatte Wellinger noch Platz 13 belegt und zufrieden festgestellt: "Es kommt langsam, ich bin extrem knapp dran." Am Samstag war Wellinger, der völlig bedient davonstapfte, extrem weit weg.

Zweitbester Deutscher hinter Eisenbichler war der Oberstdorfer Lokalmatador Karl Geiger auf Platz 18 (203,5+214,5), der Flug-WM-Dritte Richard Freitag kam auf Rang 20 (203,5+206,5). Youngster Martin Hamann kam als 30. (198,0+186,0 m) in die Punkteränge.

(rent/sid)
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