61. Vierschanzentournee DSV-Adler bereit zum Angriff auf Österreich

Oberstdorf · Ein Tagessieg soll her, vielleicht sogar mehr: Mit Siegspringer Severin Freund an der Spitze und auf Augenhöhe mit Österreich gehen die DSV-Adler am Wochenende in die 61. Vierschanzentournee.

 Shootingstar mit Außenseiterchancen: Andreas Wellinger.

Shootingstar mit Außenseiterchancen: Andreas Wellinger.

Foto: dapd, Dmitry Lovetsky

Severin Freund als Mitfavorit, Andreas Wellinger als Geheimwaffe und ein starkes Team in der Hinterhand: Getragen von einer ungeahnten Euphoriewelle gehen die deutschen Skispringer bei der 61. Vierschanzentournee in das ewige Duell mit Österreich. Sogar der erste deutsche Gesamtsieg seit Sven Hannawalds Vierfach-Triumph 2001/2002 scheint möglich, auch wenn Werner Schuster das nicht gerne hört: "Jürgen Klopp behauptet ja auch nicht, Borussia Dortmund sei besser als der FC Barcelona", sagt der Bundestrainer vor dem Auftakt in Oberstdorf am Sonntag (16.00 Uhr/ZDF).

Hohe Erwartungen

Doch auch Schuster weiß: Nach zwei Saisonsiegen durch Freund (Rastbüchl) und zwei Podestplätzen des erst 17 Jahre alten Wellinger (Ruhpolding) sind die Erwartungen so hoch wie seit Jahren nicht. "Unser letztes Podium bei der Tournee ist lange her. Der letzte Tagessieg noch länger. Es wäre schon, wenn wir das ändern", sagt der Österreicher. In der Tat: Seit Hannawalds Erfolg am 29. Dezember 2002 in Oberstdorf stand kein DSV-Adler mehr bei einem Tournee-Springen ganz oben auf dem Treppchen.

Erster Kandidat auf eine Wiederholung ist zweifellos Freund. "Ich weiß um meine Rolle als Mitfavorit", sagt der 24-Jährige, der besonders bei den Heimspringen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen (1.1.) motiviert ist: "Als ich 2011 in Willingen gewonnen habe, war die Party riesig. Das würde ich gerne noch einmal erleben". Dass er Top-Stars wie Titelverteidiger Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler (beide Österreich) schlagen kann, hat der Bayer in dieser Saison schon mehrfach gezeigt.

Nichts ist unmöglich - das gilt derzeit auch für Shootingstar Wellinger. Der Schüler aus Ruhpolding sprang bei der Generalprobe in Engelberg auf Rang zwei, nun steht er von seiner ersten Tournee. "Ich habe nichts zu verlieren", sagt der bescheidene Senkrechtstarter, der Tournee-Erfahrung "bislang nur als Fernsehzuschauer" hat. Die Schanze in Garmisch ist für Wellinger sogar komplettes Neuland. Sein Motto: "Ich lasse alles einfach auf mich zukommen."

Schmitt hofft noch

Doch damit nicht genug. Auch Richard Freitag (Aue), immerhin Zweiter in Sotschi, und Top-10-Springer Andreas Wank (Oberhof) sind Kandidaten für vordere Plätze. Zittern muss dagegen Martin Schmitt. Nach 16 Tournee-Teilnahmen in Folge kämpft der 34-Jährige am Donnerstag und Freitag im zweitklassigen Continental-Cup um einen der drei freien Startplätze. "Natürlich ist es mein Ziel, mich dort mit guten Sprüngen für die Tournee anzubieten", sagt der viermalige Weltmeister.

Skisprung-Geschichte schreiben kann bei der Tournee allerdings ein Österreicher: Der erst 22 Jahre alte Schlierenzauer hat bislang 43 Weltcup-Siege gesammelt, schon am 4. Januar beim Heimspringen in Innsbruck kann er die Bestmarke des Finnen Matti Nykänen (46 Erfolge) einstellen. "Jeder weiß, dass ich der beste Skispringer der Welt sein möchte", sagt der Tiroler, der Severin Freund kurz vor der Tournee das Gelbe Trikot des Weltcup-Führenden abluchste.

Fest steht aber auch: Da Altstars wie der viermalige Olympiasieger Simon Ammann (Schweiz) oder der schon 40 Jahre alte Noriaki Kasai (Japan) zuletzt ihre Form suchten, führt der Weg zum Gesamtsieg nur über die Skisprung-Hochburgen Deutschland und Österreich. Schon in den bisherigen sieben Wettkämpfen teilten sich Schlierenzauer (3), Freund (2) und Kofler (2) die Siege. Meist ging es dabei denkbar knapp zu. Für einen Tournee-Sieg bedarf es daher wohl acht guter Sprünge - jeder Fehler könnte einer zuviel sein.

So weit will im deutschen Team noch niemand denken. "Wir wollen speziell dem deutschen Publikum eine tolle Flugshow liefern", sagt Bundestrainer Schuster eher vorsichtig. Doch am Ende der neuntägigen Show könnten die deutschen Skispringer endlich wieder Grund zum Feiern haben. Das ahnt auch Schuster, wenn er sagt: "Diese Tournee wird eine ganz besondere."

(sid/can)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort