Skispringen Wellinger hat nach Horror-Sturz keine Angst

Köln/Kuusamo · Skispringer Andreas Wellinger kehrt am Freitag ein Jahr nach seinem Horror-Sturz auf die Schanze in Kuusamo zurück. Äußerlich gibt sich der 20-Jährige gelassen.

Andreas Wellinger in Kuusamo schwer gestürzt
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Wellinger in Kuusamo schwer gestürzt

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Ein paar Narben sind geblieben, viel mehr erinnert Andreas Wellinger nicht mehr an seinen Horror-Sturz in Kuusamo. "Mir geht es bestens, ich habe das Thema abgehakt und daraus gelernt", sagt der Skispringer aus Ruhpolding vor seiner ersten Rückkehr an den Polarkreis nach genau einem Jahr. Von Nervosität oder gar Angst ist bei dem 20-Jährigen nichts zu spüren.

Dabei hatte Werner Schuster sogar erwogen, Wellinger das Wiedersehen mit der Rukatunturi-Schanze zu ersparen. "Wir haben darüber gesprochen - aber er fährt mit", sagt der Bundestrainer. Am Freitag (17.00/ARD und Eurosport) und Samstag wird der Coach dennoch die Windfähnchen genau im Blick haben. Denn die finnische Brise war seinem ungestümen Top-Talent am 29. November 2014 zum Verhängnis geworden.

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Kurz nach dem Absprung hatte Wellinger die Kontrolle über seine Ski verloren, war aus großer Höhe auf den Boden geknallt und den Hang hinabgerutscht. Ursache war ein Fehler Wellingers, wie Schuster später sagte: "Er ist trotz der schwierigen Bedingungen gesprungen, als ob er den Gesamtweltcup gewinnen will. Er hat für seinen jugendlichen Übermut bezahlt."

Wellinger musste am Schlüsselbein operiert werden und verpasste den Großteil der Saison. Ganz langsam wurde der Team-Olympiasieger von Sotschi wieder aufgebaut, inzwischen ist er äußerlich wieder ganz der Alte: Beim Weltcup-Auftakt in Klingenthal überzeugte er mit dem Sieg im Team und Rang sechs im Einzel.

Nun also Kuusamo. "Diese Rückkehr ist für ihn wichtig, um den Sturz zu verarbeiten. Man kann nicht immer, wenn man auf einer Schanze gestürzt bist, nicht mehr hinfahren", sagt der ehemalige Vierschanzentournee-Gewinner Dieter Thoma im SID-Gespräch: "Er war eben Feuer und Flamme und dachte, dass ihm nichts passieren kann."

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So sieht das auch Schuster. "Man glaubt als junger Mensch, unverletzlich zu sein. Er musste schmerzlich erfahren, dass das nicht so ist", sagt der Bundestrainer und erinnert an einen anderen "Bruchpiloten": "Dieser Sturz wird ein Teil seiner Lebensgeschichte sein, ähnlich wie bei Thomas Morgenstern." Der Österreicher war 2003 mit gerade 16 Jahren ebenfalls in Kuusamo schwer gestürzt, holte anschließend aber noch acht WM-Titel - ehe er 2014 nach zwei weiteren Stürzen zurücktrat.

Schuster glaubt daher, dass der Sturz aus Wellinger am Ende sogar einen besseren Skispringer machen kann. "Wenn er das gut verarbeitet, ist so etwas auch eine Chance. Er kann daraus viel lernen", sagt er und hofft: "Er ist noch immer sehr jung, wird weiter reifen und im Laufe des Winters noch eine wichtige Rolle spielen."

Vielleicht ja sogar schon in Kuusamo. Immerhin: Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist Wellinger eine Sorge los, im Frühjahr bestand er das Abitur. "Jetzt muss ich mein Schulzeug nicht mehr mitnehmen. Das ist ganz einfach weniger Belastung für den Kopf", sagt er. Ob er die andere Belastung ebenfalls aus dem Kopf bekommen hat, wird sich am Wochenende zeigen.

(areh/sid)
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