"Olympia verliert seinen Charme" "Papa" Neureuther schlägt abermals Alarm

München · Felix Neureuther kommt nicht zur Ruhe. Das liegt weniger an seiner neuen Vaterrolle als an Olympia 2018.

Felix Neureuther: Deutschlands alpiner Weltcup-Rekordsieger
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Das ist Felix Neureuther

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Foto: dpa, hm

Als frischgebackener Vater von Töchterchen Mathilda und kurz vor Beginn der Weltcup-Saison hat Felix Neureuther eigentlich genug um die Ohren. Doch Olympia, der Gigantismus um die Spiele und die politisch weiter prekäre Lage in Pyeongchang lassen den besten deutschen Skifahrer nicht los. Jetzt hat sich Neureuther wiederholt gegen das Internationale Olympische Komitee und Präsident Thomas Bach gestellt - und als ultima ratio sogar die Absage der Spiele in Südkorea (9. bis 25. Februar) gefordert.

Er wünsche sich "klare Worte" von Bach, sagte Neureuther der Bild am Sonntag, "dass man sich positioniert und sagt: Wenn die Situation so brisant bleibt, muss man auch mal überlegen, dass man Olympia besser absagen würde. Und eben nicht nur für Firmen und Sponsoren durchprügelt." Bachs IOC müsse "kritischer und konsequenter werden", forderte er.

Ja, gab Neureuther zu, es sei schwierig für Bach im Umgang mit US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Dikatator Kim Jong-un, "der kann natürlich nicht zu Trump oder Kim gehen und sagen: 'Hey, hört mal auf mit dem Schmarrn! Jetzt kommt das größte Sportfest der Welt und wir brauchen Ruhe!'" Aber deutlicher als bisher gehe es schon.

Die aus Neureuthers Sicht zögerliche Haltung von Bach und dem gesamten IOC passe zum generellen Niedergang der olympischen Idee, findet der 33-Jährige. Olympia habe seinen Charme verloren, klagte er. "Die Leute können sich mit dem höher, weiter und mehr nicht mehr identifizieren und haben das Vertrauen in das IOC verloren." Dass zuletzt auch Österreich mit Innsbruck gegen eine Olympia-Bewerbung votiert hatte, sei "brutal" und mache ihn "nachdenklich und traurig". Olympia sei nicht mehr das, was es ihm seine Eltern "Gold-Rosi" Mittermaier und Christian Neureuther vermittelt hätten.

Schuld daran ist laut Neureuther der Gigantismus. "Dieses Überangebot an Sportarten, nicht nur im Winter. Ein Schwimmer kann zehnmal Gold holen, ein Langläufer was weiß ich wie oft - wo ist da die Wertigkeit geblieben? Und die Euphorie beim Nachwuchs. Weg." Er spüre das selbst, als Kind sei für ihn die Sehnsucht Olympia-Gold größer gewesen.

Dass sich bei Neureuther die Maßstäbe verschoben haben, liegt aber auch an Mathilda. Trotz seiner skifahrerischen Verpflichtungen wolle er es "nicht verpassen, wenn mein Kind krabbeln lernt oder das erste Mal steht. Das ist mir wichtiger als Siege und Medaillen", sagte Neureuther.

Es tue weh, "wenn ich mich ins Auto setze und zum Training fahre. Dann denke ich darüber nach, ob ich das Richtige tue." Das wird in den nächsten Tagen wieder der Fall sein, wenn Neureuther nach Sölden/Österreich reist, wo am Sonntag mit dem Weltcup-Riesenslalom für ihn der Olympia-Winter beginnt. Am Ende soll in Pyeongchang eine Medaille stehen - aller Kritik und allen Zweifeln zum Trotz.

(sid)
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