Weltmeisterschaft in St. Moritz Lochner will Bob-Dominator Friedrich vom Thron stürzen
St. Moritz · So gut waren die Vorzeichen für Johannes Lochner lange nicht. Nach vier Weltcup-Siegen will der Bobpilot sein erstes WM-Gold im Zweierbob und den Teamkollegen besiegen. Der angeschlagene Rekordweltmeister Friedrich stürzt im Training.
Die Zeit als ewiger Zweiter soll für Johannes Lochner endlich vorbei sein. Im Bob-Mekka St. Moritz, wo genau vor zehn Jahren der Stern von Dominator Francesco Friedrich 2013 als damals jüngster Zweierbob-Weltmeister aufging, will der Bayer den Rekordweltmeister vom Thron stoßen. „Silber im kleinen Schlitten habe ich genug. Ich will endlich Weltmeister werden“, sagte der Olympia- und WM-Zweite, der nur auf seiner Heimbahn in Königssee zeitgleich mit Friedrich 2017 den WM-Titel im Viererbob holte. Ansonsten musste sich der 32-jährige Berchtesgadener oft hinter dem gleichaltrigen Sachsen einordnen.
Nach der kurz vor dem Jahreswechsel erlittenen Muskelverletzung beim zweimaligen Doppel-Olympiasieger wittert der im Team nur „Hansi“ gerufene Pilot nun seine große Chance. Mit seinem Spitzen-Anschieber Georg Fleischhauer, der beim Friedrich-Klub BSC Sachsen Oberbärenburg begann und nun für den SC Potsdam unter dem erfolgreichsten Bobfahrer der Olympia-Historie, Kevin Kuske, trainiert, schaffte er zuletzt drei Weltcup-Siege. Mit Erec Bruckert gewann Lochner den EM-Titel, während Friedrich auf seiner Heimbahn in Altenberg patzte und mit WM-Anschieber Alexander Schüller Dritter wurde.
„Grad macht es richtig Spaß. Ich habe alles schon erreicht, was ich erreichen wollte, und jetzt ist alles Zugabe“, sagte Lochner und weiß aus Erfahrung ganz genau: Der „Franz“ schlägt zurück. „Das habe ich schon oft am eigenen Leibe erleben müssen. Wenn wir dann mal vorne sind, dann sind es maximal ein paar Hundertstel. Es wird also eine ganz knappe Geschichte. Wenn er wieder voll mitschiebt, dann ist es am Start eine ganz knappe Kiste, dann entscheiden ein paar Hundertstel in der Bahn.“
Während WM-Anschieber Schüller in Altenberg mit Friedrich startete, legte Fleischhauer eine Pause ein. „Er war die Woche daheim, dass er mal im eigenen Bett pennt, dass er uns einfach mal nicht sieht und den Kopf freibekommt. Er war mega happy und hat gestrahlt im ganzen Gesicht, er ist wirklich gut drauf“, versicherte Lochner, der sein Weltcup-Debüt im Januar 2015 in St. Moritz feierte. Bei Olympia in Peking kündigte er sein Karriereende nach der WM an, doch mittlerweile grübelt er wieder und will sich nach den Titelkämpfen noch einmal neu positionieren. Die WM 2024 in Winterberg wäre die nächste Gold-Chance.
Dauerrivale und Perfektionist Friedrich tüftelt und dreht derweil vor den vier Läufen am Samstag und Sonntag an allen Stellschrauben. „Die Richtung stimmt, wir haben aber noch ein paar Baustellen-Aufgaben, die wir erfüllen müssen. Erst mal am Material, dann in der Bahn“, sagte Friedrich, der im ersten Training ausgangs der Portago-Zielkurve stürzte. Beim Abschlusstraining beäugte er die etwas umgebaute Stelle noch einmal ganz genau. Lochner hingegen fuhr trotz eines lockeren Starts Trainingsbestzeit in allen drei Läufen.
Auch bei Olympia in Peking standen die Vorzeichen bei Lochner besser, als er im Training allen davongerast war. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wechselte Friedrich noch den Schlitten und fuhr im ersten Olympia-Lauf Bestzeit. Lochner konterte im zweiten Lauf - am Ende gewann aber wieder Friedrich. Auffällig diesmal: Friedrichs Heimtrainer Gerd Leopold schob erstmals Lochner die Favoritenrolle zu. Doch auch der Olympia-Dritte Christoph Hafer, der im Training die höchste Geschwindigkeit fuhr, und Junioren-Weltmeister Adam Ammour als Neuling rechnen sich Chancen aus.