Van Gaal verjüngt Holland

Amsterdam/Frankfurt (dpa) Als alles entschieden war, kam Louis van Gaal doch noch zu Fall. Verteidiger Bruno Martins Indi stürmte nach dem erlösenden Treffer durch Luciano Narsingh zum 2:0 gegen die Türkei völlig ausgelassen auf den niederländischen Bondscoach zu, so dass dieser bei Martins' Sprung in seine Arme das Gleichgewicht verlor und auf den Boden vor der Trainerbank fiel. "Ich habe ihn kommen gesehen und gedacht: Das ist ein schwerer Junge, den fange ich nicht auf", sagte van Gaal lachend. "Ich habe eine Hüftoperation hinter mir, da ist das nicht so schön."

Die Szene erinnerte an die Bilder vom Januar 2010, als van Gaal noch in Diensten der Münchner vor dem auf ihn zulaufenden Arjen Robben flüchten wollte, ausrutschte und kurz darauf ebenfalls darniederlag. Zum Auftakt seiner zweiten Amtszeit als Nationaltrainer der Niederlande blieb der Sturz aber van Gaals einziges Malheur. Ansonsten hatte der 61-Jährige zum Start der WM-Qualifikation zwar hoch gepokert, verließ die Amsterdam Arena aber als großer Sieger. "Gewagt und gewonnen", titelte die Tageszeitung "De Telegraaf". In Rafael van der Vaart, Nigel de Jong, Gregory van der Wiel und Ibrahim Afellay hatte der Bondscoach schon im Vorfeld ein prominentes Quartett gestrichen und damit erste Korrekturen nach dem EM-Debakel vollzogen. Gegen die Türkei fielen dann kurzfristig zudem noch der langjährige Stammkeeper Maarten Stekelenburg und völlig überraschend auch erneut Schalkes Torjäger Klaas-Jan Huntelaar durchs Raster. "Ich entscheide immer nach Leistung", kommentierte van Gaal seinen Verzicht auf Huntelaar, der wieder einmal Robin van Persie den Vortritt lassen musste.

Mit einer radikal verjüngten Mannschaft ging er ins Rennen um das WM-Ticket, und dass der 2:0-Erfolg gegen starke Türken am Ende glücklich war, war ihm egal. Stattdessen lobte er sich selbst, die richtigen Lehren aus seiner ersten Amtszeit gezogen zu haben, als der Europameister von 1988 das WM-Ticket nach Japan und Südkorea 2002 verpasst hatte. "Damals habe ich zu lange am alten Kern festgehalten, auch weil keine jungen Spieler nachrückten. Das ist dieses Mal anders und ich vertraue den Jungen", sagte van Gaal, der bislang unbekannte Profis wie Daryl Janmaat, Jordy Clasie und eben Bruno Martins Indi ins kalte Wasser warf. "Es ist ein herrliches Gefühl", sagte van Gaal nach seinen erfolgreichen Schachzügen. Von der in Polen so enttäuschenden "goldenen Generation" blieben vorerst nur Wesley Sneijder, Robben und van Persie übrig, der die Gastgeber früh in Führung gebracht hatte. "Wir haben mit Blut, Schweiß und Tränen gewonnen", sagte Kapitän Sneijder.

(RP)
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