Nach Tagovailoa-Verletzung NFL überdenkt Umgang mit Gehirnerschütterungen

Düsseldorf · Tua Tagovailoa durfte in der NFL weiterspielen, obwohl er hart mit dem Kopf auf den Boden aufgeprallt war und zunächst kaum noch stehen konnte. Wenige Tage später traf es ihn noch heftiger. Die Entrüstung über den Umgang mit dem Quarterback ist groß – und hat erste Konsequenzen.

 Tua Tagovailoa wird auf dem Feld behandelt.

Tua Tagovailoa wird auf dem Feld behandelt.

Foto: AP/Jeff Dean

Es waren schreckliche Bilder, die da am Donnerstagabend (Ortszeit) während des NFL-Spiels zwischen den Cincinnati Bengals und den Miami Dolphins zu sehen waren. Dolphins-Quarterback Tua Tagovailoa wurde von seinem Gegenspieler in Wrestling-Manier hart zu Boden geworfen und knallte mit dem Kopf auf. Danach krümmte er sich vor Schmerzen, die Hände vor dem Gesicht und die Finger seltsam verbogen. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr: Tagovailoa musste sich am Kopf verletzt haben, mindestens eine Gehirnerschütterung.

Am Ende war es tatsächlich eine solche. „Nur“, will man fast sagen. Denn nur wenige Tage zuvor, am Sonntag, war Tagovailoa schon einmal hart mit dem Kopf auf den Boden geschlagen. Danach torkelte er seinen Mitspielern in die Arme – und spielte nach einer Pause weiter. Es sei nur eine Rückenverletzung gewesen, hieß es später. Die Ärzte hätten grünes Licht gegeben, eine Gehirnerschütterung habe nicht vorgelegen (darüber haben wir hier berichtet). Doch dass die Ärzte den Quarterback beim ersten Fall – es war im Spiel gegen die Buffalo Bills – Tagovailoa wieder aufs Feld ließen, hat ein Nachspiel.

Wird ein Spieler während eines Spiels am Kopf verletzt oder zeigt aus sonstigem Grund irgendwelche möglichen Anzeichen einer Gehirnerschütterung, was im englischen „Concussion“ bedeutet, kommt er ins so genannte „Concussion Protocol“. In diesem wird er nicht nur von den Teamärzten untersucht, sondern auch von einem unabhängigen Berater. So lief es auch mit Tagovailoa am 25. September. Der unabhängige Berater aus diesem Fall wurde inzwischen entlassen – er habe „mehrere Fehler gemacht“, wie es in zahlreichen US-Medienberichten heißt. Es besteht also Grund zur Annahme, dass Tagovailoa durchaus schon am Sonntag vor dem Cincinnati-Spiel eine Gehirnerschütterung gehabt haben könnte und eine weitere nur wenige Tage später kann gravierende Folge haben.

Im Zusammenhang mit der Entlassung fiel aber auch schnell das Wort „Bauernopfer“. Denn: Es gibt zwar diesen unabhängigen Berater, der seine Meinung abgibt, doch das letzte Wort, ob nun ein Spieler weiterspielen darf oder nicht, haben nach wie vor die Ärzte des Teams. Die Miami Dolphins und ihr medizinisches Team dürften also nicht außen vor gelassen werden, forderten viele. „Die medizinische Abteilung der Dolphins und die NFL haben einiges zu erklären. Einiges!“, twitterte zum Beispiel der Journalist Michael Fabiano.

Generell wurden die Miami Dolphins für das Verhalten mit ihrem Quarterback scharf kritisiert. Dabei auch immer wieder im Mittelpunkt: Cheftrainer Mike McDaniel. Nachdem Tagovailoa am Donnerstag erneut hart am Kopf getroffen wurde und diesmal nach minutenlanger Behandlung ins Krankenhaus gebracht wurde, sagte er nach dem Spiel, dass der 24-Jährige „nur eine Gehirnerschütterung“ habe und nichts schlimmeres. Im Vorausblick auf das kommende Spiel sagte er, dass Tagovailoas Ersatzmann Teddy Bridgewater spielen werde, „falls“ Tagovailoa nicht fit sei. „Falls“ – ein Wort, dass nach den Bildern der vergangenen beiden Spiele wiederum für Entrüstung sorgte.

Noch ist die Untersuchung der Spielergewerkschaft NFLPA auch nicht abgeschlossen, sie spricht unter anderem auch noch mit Tagovailoa selbst. Möglich also, dass es weitere Konsequenzen geben wird. Neben der Entlassung des unabhängigen Beraters gibt es schon eine weitere: Das Concussion Protcol soll überarbeitet werden.

„Die NFL und NFLPA sind sich einig, dass Modifizierungen am Concussion Protocol nötig sind, um die Sicherheit der Spieler zu erhöhen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Liga und der Gewerkschaft. „Wir gehen davon aus, dass es in den kommenden Tagen Änderungen am Protokoll geben wird, basierend auf den Erkenntnissen, die wir aus der bisherigen Untersuchung gezogen haben.“

(stja)
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