Auftakt am Samstag 5 Thesen zu den NFL-Play-offs

Düsseldorf · Am Samstag starten die Play-offs der NFL mit der Wild-Card-Runde. Warum der Weg zum Super Bowl spannend ist wie selten, welchen Einfluss Corona hat und wieso es keinen echten Heimvorteil gibt – fünf Behauptungen zum Auftakt.

Tom Brady.

Tom Brady.

Foto: AP/Jason Behnken

1. Die Play-offs sind offen wie selten

Lange Zeit war vor allem in den AFC-Play-offs so gut wie sicher, dass die New England Patriots mindestens das Championship-Game erreichen würden, und oft zogen sie dann auch in den Super Bowl ein. Die Dynastie ist aber vorbei: Schon vor einem Jahr schieden die Patriots früh aus, dieses Jahr sind sie nach dem Abgang von Tom Brady nicht einmal mehr qualifiziert. Die Kansas City Chiefs, aktueller Titelverteidiger, könnten ihnen als Play-off-Dauergast nachfolgen, doch so unverwundbar wie die Patriots während ihrer Hochzeit wirken sie aktuell nicht.

Generell gibt es in den Play-offs vielleicht zwei, maximal aber drei Teams, denen man den Einzug in den Super Bowl auf Anhieb nicht zutraut. Das ist umso verwunderlicher, weil in diesem Jahr erstmals 14 statt zwölf Mannschaften dabei sind. Generell ist das Feld in der Spitze der Teams sehr eng beieinander. Spätestens in der nächsten Woche, wenn die Chiefs und die Green Bay Packers nach ihrem Freilos einsteigen, sind alle Spiele nahezu ausgeglichen und unmöglich vorherzusagen, während es im Vorjahr zumeist klare Favoriten gab, die sich dann auch durchsetzten. Die Play-offs sind in diesem Jahr insgesamt offener und unberechenbarer als oftmals in der Vergangenheit.

2. Corona beeinflust den Super-Bowl-Sieger

Im Großen und Ganzen ist die reguläre Saison der NFL trotz der Corona-Pandemie relativ gut gelaufen: Ein paar Spiele mussten verschoben werden, doch letztlich konnten alle 17 Spieltage planmäßig durchgeführt werden. Das macht Mut, dass auch die Play-offs inklusive Super Bowl ohne größere Probleme vonstatten gehen werden.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille: Obwohl alle Spiele letztlich stattfanden, haben coronabedingte Ausfälle einige Ausgänge beeinflusst. Gibt es in der NFL einen positiven Corona-Fall, werden alle engen Kontakte ermittelt und ebenfalls bis auf Weiteres aus dem Verkehr gezogen. Teams mussten deshalb ab und an ohne sehr viele Spieler antreten, die Denver Broncos beispielsweise bestritten ein Spiel gänzlich ohne Quarterback, was sich eigentlich unmöglich anhört.

Zwar mit Quarterback aber dafür ohne viele andere wichtige Spieler und ohne ihren Cheftrainer müssen die Cleveland Browns am Sonntag in ihrem ersten Play-off-Spiel seit 18 Jahren auskommen. Es macht die Aufgabe in Pittsburgh noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist. Weitere solcher Fälle sind nicht ausgeschlossen, weswegen es am Ende bei der Frage nach dem Super-Bowl-Sieger auch darum geht, wer Corona-Ausfälle am besten verhindern kann.

3. Mindestens ein Team aus der Wild-Card-Runde erreicht den Super Bowl

Die Wild-Card-Runde ist die erste Runde der Play-offs und beherbergt traditionell auch immer das ein oder andere Team, das mit ein wenig Glück noch hereingerutscht ist und frühzeitig ausscheidet. Das Washington Football Team und die Chicago Bears sind in diesem Jahr die Kandidaten. Die besten Teams aus der regulären Saison hingegen haben am ersten Wochenende frei und greifen erst in der Divisional-Runde ein. Zumeist sind sie es dann auch, die es letztlich in den Super Bowl schaffen und ihn gewinnen. Seit Einführung der Wild-Card-Runde 1978 schafften es lediglich neun Teams von dort, den Titel zu holen.

NFL: Chiefs, Rams, Vikings, Patriots etc. - woher die Namen stammen
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Daher haben die NFL-Teams ihre Namen

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In diesem Jahr stehen die Chancen aber nicht schlecht, dass sich dies ändert. Zum einen deshalb, weil es jetzt 14 statt zwölf Teams in den Play-offs gibt und damit nur noch insgesamt zwei statt vier, die in der Wild-Card-Runde ein Freilos haben. Dadurch ergibt sich automatisch die Situation, dass eines der Wild-Card-Teams mindestens im Championship-Game stehen wird. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass die erste Play-off-Runde unheimlich viele starke Teams zu bieten hat, die gut genug sind, auch die mit Freilosen ausgestatteten Gegner zu schlagen. Bisher gab es noch nie den Fall, dass sich überhaupt zwei Wild-Card-Teams im Championship-Game begegnet sind, geschweige denn im Super Bowl. In diesem Jahr stehen die Chancen so gut wie nie.

4. Der Heimvorteil ist kein Vorteil wie sonst

Was hierzulande in der Bundesliga längst aufgefallen ist, ist auch in der NFL ein Thema: Ohne oder mit nur sehr wenigen Zuschauern im Stadion ist der Heimvorteil nicht mehr so gegeben wie sonst. Es ist sicher kein Zufall, dass es in der NFL zum ersten Mal in der Geschichte der Liga mehr Auswärts- als Heimsiege gab (wenn auch nur einen mehr). Dass es vor allem an den Zuschauern liegt, gaben einige Spieler auch schon zu Protokoll. Lautes Geschrei von den Rängen kann einer Defense eben nochmal den entscheidenden Antrieb in einem entscheiden Spielzug geben, den sie ohne nicht hat. Oder eben die Gastmannschaft dazu zwingen, sich ausschließlich mit Handzeichen zu verständigen, was nicht selten zu Fehlern führt. Nicht umsonst hatte Sean Payton, Cheftrainer der New Orleans Saints, den Plan, 50.000 Fans in Quarantäne zu schicken, damit die beim Play-off-Spiel gegen die Chicago Bears ins Stadion dürften. Daraus wurde natürlich nichts.

Wie viele Fans nun bei den anstehenden Play-off-Spielen erlaubt sind, ist von Region zu Region unterschiedlich. In Seattle im Bundestaat Washington sind beispielsweise keine Fans erlaubt, in Buffalo, New York, werden etwa 6700 getestete Zuschauer zugelassen sein. Kansas City und Tampa Bay, wo der Super Bowl ausgetraen wird, hatten während der regulären Saison einen Schnitt von ewa 13.000 bis 14.000 – mehr wird auch in den Play-offs nicht drin sein. Den Chiefs aus Kansas City wird der Heimvorteil, den sie die gesamten Play-offs über sicher haben, also nicht so viel nützen wie sonst. Schon in der regulären Saison hatten sie ihre beiden Niederlagen zu Hause kassiert.

5. Bei einem Super-Bowl-Sieg beendet Ben Roethlisberger seine Karriere

Wegen seiner jungen und talentierten Wide Receiver, wegen seiner treuen Offensive Line und wegen dieser erstklassigen Defense, die die Pittsburgh Steelers haben, kämpfte sich Quarterback Ben Roethlisberger mit 38 Jahren nach einer schweren Operation am Ellenbogen noch einmal zurück und führte seine Mannen nach zwei Jahren Durststrecke wieder zurück in die Play-offs.

Roethlisberger kündigte zwar an, auch in der kommenden Saison noch spielen zu wollen, doch was kann es besseres geben, als mit einem Super-Bowl-Triumph abzutreten? „Big Ben“ spielte eine solide Saison und ließ seine unbestrittene Klasse hier und da aufblitzen – und die wird es dauerhaft brauchen, um überhaupt eine realistische Chance auf den Titel zu haben – doch das Alter ist an ihm sicher nicht spurlos vorbeigezogen.

Ein Triumph in Tampa Anfang Februar, wie schon 2009, als er im Super Bowl eben dort mit einem grandiosen Comeback in letzter Minute die Arizona Cardinals schlug und seinen zweiten Super-Bowl gewann, das wäre der perfekte Moment, um abzutreten.

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