NFL in Deutschland München ist nur der Anfang

München · Am Sonntag trägt die NFL erstmals ein Spiel in Deutschland aus: In München treffen die Tampa Bay Buccaneers auf die Seattle Seahawks. Die Football-Liga erhofft sich hierzulande weiteres Wachstum der Fanbase.

 Ein Logo mit der Aufschrift "NFL Munich Game" ist an einer Bande in der Allianz Arena zu sehen.

Ein Logo mit der Aufschrift "NFL Munich Game" ist an einer Bande in der Allianz Arena zu sehen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Ein bisschen unangenehm war es schon, DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff zu sehen, wie er im vergangenen April für die Kansas City Chiefs die Auswahl eines College-Spielers im NFL-Draft verkündete. Bierhoff stand dort in einem Münchner Wirtshaus und um ihn herum einige deutsche Chiefs-Fans, die während Bierhoffs Verkündung ein wenig verhalten den „Tomahawk Chop“ zeigten, wobei ein Arm wie ein Kriegsbeil auf und ab bewegt wird. „Was passiert dort?“, fragte Rich Eisen, Moderator des NFL Network, spürbar irritiert, nachdem Bierhoff fertig war. „Ich weiß nicht, was das war - aber okay.“

Es muss ja auch noch nicht alles rund laufen beim Thema NFL in Deutschland. Doch dass die Chiefs, ebenso wie übrigens die Carolina Panthers und Tampa Bay Buccaneers, die Auswahl eines Spielers aus Deutschland heraus in die Welt verkündeten, zeigte deutlich, welchen Stellenwert die Bundesrepublik in der Football-Liga inzwischen hat. Dass am 13. November in München auch das erste Saisonspiel auf deutschem Boden stattfindet, bei dem die Buccaneers gegen die Seattle Seahawks spielen, ist die logische Folge und gleichzeitig nur ein Anfang.

Für das Spiel hätte man laut NFL-Deutschland-Chef Alexander Steinforth „drei Millionen Tickets“ verkaufen können, was Seattles Cheftrainer Pete Carrol eine „erstaunliche Anzahl“ nannte: „Ich kann es mir nicht vorstellen. Es ist eine Ehre. Wir werden jeden Aspekt davon respektieren.“ Laut NFL gibt es hierzulande inzwischen 19 Millionen Fans der Liga (die Definition ist unklar). Zudem sei Deutschland außerhalb Nordamerikas der größte Markt für Verkäufe aus dem NFL-Shop, für Mitspieler im Fantasy Football (vergleichbar mit Comunio oder Kickbase aus dem Fußball) und bei Verkäufen des Videospiels Madden NFL. Seit 2017 seien die Einschaltquoten für NFL-Spiele um 20 Prozent gestiegen.

Einen nicht unerheblichen Anteil hat sicherlich die TV-Gruppe ProsiebenSat.1, deren TV-Übertragungen auf den unterschiedlichen Sendern für stetiges Wachstum sorgten. Sahen 2012 den ersten Super Bowl dort noch 0,89 Millionen Menschen, waren es 2022 durchschnittlich 1,84 Millionen. „American Football ist nach Fußball die beim 14- bis 49-jährigen Publikum begehrteste Sportart hierzulande“, sagte RTL-Geschäftsführer Henning Tewes, nachdem seine Mediengruppe im September bekannt gegeben hatte, die TV-Rechte ab 2023 erworben zu haben. Für Prosieben ein harter Schlag, für RTL sicher ein großer Gewinn - und für die NFL der Versuch, noch mehr Menschen zu erreichen und zu begeistern.

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Foto: AP/Matthias Schrader

Ein anderer Ansatz ist der, in Deutschland auch über das Fernsehen hinaus präsenter zu werden. Diese Aufgabe kommt in erster Linie vier Teams zu, die die Vermarktungsrechte für Deutschland erhalten haben: Die bereits angesprochenen Chiefs, Buccaneers und Panthers sowie die New England Patriots. Was das bedeutet, beschreiben die Panthers auf ihrer Homepage so: „Sie können Sponsorenverträge mit deutschen Unternehmen abschließen, Kooperationen mit anderen Sportmarken – beispielsweise aus der Fußball-Bundesliga – eingehen und Botschafter aus der Unterhaltungsindustrie für sich gewinnen.“

Eine Kooperation mit einem Fußball-Bundesligisten sind die Chiefs schon eingegangen - und zwar mit niemand geringerem als dem FC Bayern München. „Wir kollaborieren mit der NFL schon seit 2014, als wir unser Büro in den USA eröffneten“, sagte Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn Anfang des Jahres. „Unsere Ambition war es, Fans in unseren jeweiligen Heimatländern zu erreichen. Wir sind sehr erfreut, in unserer langfristigen Partnerschaft mit dem NFL-Spiel in unserem Stadion den nächsten Schritt zu gehen.“

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Es ist also kein Zufall, dass München das erste NFL-Spiel ausrichtet. Auch nicht, dass die Buccaneers und Seahawks dort spielen. Während die Buccaneers eines der Teams sind, das die Vermarktungsrechte in Deutschland hält, sind die Seahawks hier ebenfalls sehr beliebt. Sie vereint mit den Buccaneers, Chiefs, Panthers und Patriots, dass sie in den vergangenen gut zehn Jahren, als der Football-Hype in Deutschland richtig Fahrt aufnahm, wenigstens kurzzeitig eine sehr erfolgreiche Zeit hatten und sich hierzulande einige Fans gemacht haben.

Mit diesem ersten Spiel auf deutschem Boden ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. 2023 wird in Frankfurt die nächste Partie ausgetragen, 2024 und 2025 wechseln sich die beiden Städte nochmal ab. Und auch Düsseldorfs Chancen bestehen weiter: „Wir freuen uns darauf, eine Partnerschaft aufzubauen, mit dem Potenzial, dort Spiele auszutragen“, sagte der NFL-Europa-Chef Brett Gosper bei der Verkündung der Austragungsorte München und Frankfurt. Inzwischen ist bekannt, dass die NFL ihr deutsches Hauptquartier in Düsseldorf eröffnen wird.

Die NFL bereitet sich also darauf vor, in Deutschland weiter zu wachsen. Ex-NFL-Profi Kasim Edebali ist davon überzeugt, dass es klappt. Das Spiel in München „vervielfacht den Football-Hype in Deutschland über Generationen hinweg“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Du hast Kinder, die erstmals ein NFL-Spiel sehen. Jugendliche, die motiviert werden, den Sport auszuüben und Ältere, die noch mehr Fan werden.“ Oder wie es Brett Gosper ausdrückte: „Die nächsten Millionen Fans, die die NFL gewinnen kann, kommen nicht aus den USA.“ Sie kommen zum Beispiel aus Deutschland - und das Spiel am Sonntag leistet einen wichtigen Beitrag, um sie zu gewinnen.

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