Die Liga ist in Sorge Warum NBA-Teams absichtlich schlecht spielen

New York · In der NBA herrscht ein groteskes Schneckenrennen um die letzten Plätze. So viele schlechte Teams gab es noch nie. Aufgrund des Verdachts, Klubs könnten nicht alles für den Sieg geben, ist die Liga alarmiert. Dirk Nowitzki findet deutliche Worte.

 Unter anderem die Chicago Bulls (hier mit Robon Lopez, l.) stehen im Verdacht, Spiele absichtlich zu verlieren.

Unter anderem die Chicago Bulls (hier mit Robon Lopez, l.) stehen im Verdacht, Spiele absichtlich zu verlieren.

Foto: rtr, su8/TC

Mit den NBA-Playoffs hat ein deutsches Quartett um Superstar Dirk Nowitzki und Dennis Schröder schon lange nichts mehr zu tun. Doch auch für die abgeschlagenen Teams gibt es im Saison-Schlussspurt noch etwas zu gewinnen: Die Mannschaften mit der schlechtesten Bilanz der Basketball-Profiliga dürfen die begehrtesten Top-Talente verpflichten. In dem System, das eigentlich für Chancengleichheit sorgen soll, ist diese Saison allerdings ein groteskes Schneckenrennen ausgebrochen. Die Liga ist aufgrund des Verdachts absichtlicher Niederlagen alarmiert, es gibt empfindliche Geldstrafen und schon bald eine Regeländerung.

Nowitzki und seine Dallas Mavericks sind diese Saison so schlecht wie noch nie in der Ära des Würzburgers. Mit deutlichen Worten wendet sich der 39-Jährige jedoch gegen den Eindruck, sein Team gebe nicht alles für den Sieg. "Wir wollen hier keine Kultur, die daraus besteht, aufzugeben und nicht hart zu spielen. Das setzt den falschen Ton für die Zukunft", betonte der Teamkollege von Maximilian Kleber. Nowitzki sagte im Fachmagazin "Five": "Du riskierst viele Sachen, wenn du nicht alles gibst und es ist auch ein bisschen peinlich für die Organisation, wenn da fünf Leute nur so halbherzig rumrennen."

Am Mittwoch (Ortszeit) erweckten aber auch die Mavericks einen Tanking-Verdacht. Dirk Nowitzli fehlte bei der 100:105-Niederlage bei den Orlando Magic angeblich verletzt. Bei der Frage nach der Verletzung des Superstars druckste sein Trainer Rick Carlisle nur herum. "Er ist offensichtlich nicht dabei", sagte der Coach der Dallas Mavericks vor dem unrühmlichen 100:105 bei Orlando Magic wenig erhellend. Und fügte dann weitere nebulöse Worte an: "Es wird weitere Informationen geben." Mehr dürfe er aber nicht sagen.

Dass der Power Forward nun zu diesem späten Zeitpunkt der Saison eine Verletzungspause einlegt, verleitet etliche Experten in den USA zu einer alternativen Erklärung: Dallas schone seinen Routinier, weil die Franchise in den verbleibenden Partien ohnehin nicht mehr gewinnen will. Gegen Orlando fehlte gleich die komplette nominelle Starting Five.

Ein Drittel der Teams unter 35 Prozent

Kurz vor Ende der Hauptrunde liegt fast ein Drittel der NBA-Teams bei einer Siegquote von unter 35 Prozent, erstmals in der Liga-Geschichte könnten damit in einer kompletten Saison neun Teams weniger als 29 Siege holen. Die Phoenix Suns verloren diese Spielzeit bereits 15-mal nacheinander, die Memphis Grizzlies beendeten ihre Niederlagenserie erst nach 19 Partien. Auch die Atlanta Hawks um den verletzten Dennis Schröder sind fernab der Playoffs.

Im Turbo-Kapitalismus des US-Sports sorgt seit jeher ein geradezu sozialistisch anmutendes Konzept dafür, dass schlechtes Abschneiden auch noch belohnt wird. Die Mannschaft mit den wenigsten Siegen erhält die höchste prozentuale Chance, den ersten Spieler bei der kommenden Draft unter Vertrag zu nehmen.

Mavs-Besitzer Mark Cuban berichtete deshalb, dass er seinen Spielern gesagt habe, dass "verlieren unsere beste Option ist. (NBA-Commissioner) Adam (Silver) würde hassen, dass zu hören, aber wir wollen, dass die Spieler das verstehen." Aufgrund dieses Kommentars wurde Cuban im Februar zu einer Geldbuße von 600 000 US-Dollar (rund 487 000 Euro) verdonnert.

Silver verschickt Memo

Anschließend sah sich NBA-Boss Silver genötigt, ein Memo an alle Teams zu verschicken, dass die Strategie des so genannten Tankings "keinen Platz in unserem Spiel hat. (...) Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um die tatsächliche und empfundene Integrität des Spiels zu schützen." Zudem warnte die Liga bereits die Chicago Bulls von Nationalspieler Paul Zipser, doch bitte das bestmögliche Team aufs Parkett zu schicken und nicht gesunde Veteranen zu schonen.

Um den Anreiz des Verlierens zu mindern, hat die Liga beschlossen, ab kommender Saison die prozentuale Chance für das schlechteste Team auf den besten Nachwuchsstar deutlich zu senken. "Mal schauen, ob das was bringt", sagte Nowitzki. "Ich hoffe es."

Doch ob das Tanking damit endgültig verbannt wird, bezweifeln auch Experten. Die Philadelphia 76ers hatten diese Strategie zuletzt zur Kunstform erhoben: Über vier Jahre lang war das Team abgrundtief schlecht, gewann 2015/16 nur zehn von 82 Spielen. Dabei sammelten die 76ers jedoch jede Menge junger Top-Talente über die Draft - und liegen diese Saison nun unter den besten vier Mannschaften in der Eastern Conference.

(dpa)
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