Basketball Lettisch Roulette in Dallas

Düsseldorf/Dallas · Die Dallas Mavericks um Dirk Nowitzki haben mit einem spektakulären Transfer für Aufsehen gesorgt. Die Verpflichtung des Letten Kristaps Porziņgis macht die Texaner entweder zum Meisterschaftskandidaten - oder nahezu handlungsunfähig.

 Bislang ein New York Knick, ab jetzt ein Dallas Maverick: Kristaps Porzingis.

Bislang ein New York Knick, ab jetzt ein Dallas Maverick: Kristaps Porzingis.

Foto: dpa/David Zalubowski

Die Dallas Mavericks setzen alles auf Rot. Rot ist die Landesfarbe Lettlands und seit Ende der Woche ist klar: Kristaps Porziņgis, der beste Basketballer des kleinen baltischen Landes, steht ab sofort im Kader der texanischen NBA-Teams. 2015 wurde der 2,21 Meter-Hüne von den New York Knicks in die NBA berufen und erzielte dort seither durchschnittlich 18 Punkte, griff sich 7 Abpraller (Rebounds) und erinnerte dabei mit seinem Spielstil an einen anderen europäischen Maverick: Dirk Nowitzki. "Dirk ist mein Vorbild, eine Legende des Spiels. Er ist auf einem komplett anderen Level", sagte der 23-Jährige im Sommer. „Er ist jemand, zu dem ich aufblicke.“ Doch der mittlerweile 40 Jahre alte Nowitzki spielt mutmaßlich seine letzte Saison. Mit Porzingis steht nun der designierte Nachfolger bereit. Am Freitag schlossen Mavericks und Knicks den Transfer ab.

Im Gegenzug schickten die „Mavs“ mit Dennis Smith Jr. einen talentierten Spielmacher, die auslaufenden Verträge von Center DeAndre Jordan und Schütze Wesley Matthews sowie die Rechte an zwei künftigen Spielern aus der Talentbörse (Draft) nach New York.

Nominell ist Dallas nun eines der stärksten Teams der Liga, schließlich gesellt sich Porziņgs an die Seite von Luka Doncic. Der Slowene ist mit seinen 19 Jahren das aktuell wohl größte Talent der Liga und legt bereits in seiner aktuell laufenden ersten NBA-Saison beeindruckende 20 Punkte, 7 Rebounds und 5 Vorlagen auf. "Luka hat grandioses Potenzial, ich traue ihm eine ganz große Karriere in der NBA zu", sagte Porzingis über seinen neuen Mitspieler. Gemeinsam soll das osteuropäische Duo die seit dem Titelgewinn 2011 strauchelnden Mavericks zurück zu alten Erfolgen führen. Der Porziņgis-Transfer birgt aber nicht nur gewaltiges Potenzial, sondern auch fast ebenso große Gefahren.

Zum einen läuft der Vertrag des lettischen Power Forward nach der Saison aus. Im nächsten Schritt müssen die neuen Teamkollegen und das Management Porziņgis also von einer Verlängerung überzeugen. Diese dürfte extrem teuer werden, auf rund 30 Millionen Dollar pro Jahr kann der Starspieler hoffen – und das trotz seiner dicken Krankenakte. So hat Porziņgis in seinen ersten drei NBA-Spielzeiten insgesamt 60 Spiele mit verschiedenen Verletzungen verpasst. Zuletzt riss er sich im Februar 2018 das Kreuzband und bestritt seither kein Spiel mehr. Mitte Februar sollte er eigentlich wieder fit sein, doch es ist fraglich, ob Porziņgis wirklich nochmal mit seinem Idol Dirk Nowitzki gemeinsam auf dem Feld stehen wird.

Schließlich tun Mavericks gut daran, ihren langzeitverletzten Nowitzki-Nachfolger behutsam wieder aufzubauen. Mit aktuell 23 Siegen und 28 Niederlagen stehen die Chancen auf eine Playoff-Teilnahme ohnehin schlecht und außerdem könnte es sich für die „Mavs“ sogar lohnen, bis zum Neustart im Sommer so viele Spiele wie möglich zu verlieren.

Denn um Doncic zu bekommen, transferierte Dallas-Manager Donnie Nelson im vergangenen Sommer sein Wahlrecht für die Draft 2019 nach Atlanta. Ein Hintertürchen blieb: Dürften die Mavericks im Sommer unter den ersten Fünf eine jungen Spieler wählen bleibt das Wahlrecht in Texas. Sprich: Gehören sie in der aktuellen Saison zu den schlechtesten Teams der Liga, erhöhen sich die Chancen auf weitere talentierte Verstärkung.

Die dürfte ansonsten im kommenden Sommer kaum zu bekommen sein, denn die Mavericks haben kein Geld mehr - auch das ist eine Folge des Porziņgis-Transfers. In der NBA gibt es – wie in den meisten US-Sportligen – eine Gehaltsobergrenze, diese liegt momentan bei rund 120 Millionen Dollar. Um Porziņgis zu bekommen, mussten die „Mavs“ auch die Flügelspieler Tim Hardaway Jr. und Cortney Lee aus New York aufnehmen – nur so wurde der Deal für die Knicks attraktiv genug. Beide sind sportlich allenfalls besseres Mittelmaß, haben aber noch laufende Verträge und verdienen in der kommenden Saison zusammen rund 31 Millionen Dollar. Rechnet man die potenziellen 30 Millionen für Porziņgis hinzu, verschlingen die drei Neuankömmlinge im nächsten Jahr also knapp die Hälfte aller erlaubten Gehälter. Da auch Doncic und seine verbliebenen Mitspieler Millionen verdienen, haben die Mavericks keinen Spielraum für die Verpflichtung von besser bezahlten Stars.

Unter dem Strich steht also: Verlängert Porzinigs in Dallas und bleibt auch noch fit, können die Mavericks ab der kommenden Saison mit ihrem jungen slowenisch-lettischen Duo um den Titel mitspielen. Bleibt der Lette aber nach einer Vertragsverlängerung verletzungsanfällig oder verläßt er das Team im Sommer bereits wieder, bleibt die sportliche Situation in Nordtexas fragil.

Für Dirk Nowitzki steht indes fest, dass das Mavs-Management beim Spieler-Roulette auf die richtige Farbe gesetzt hat. Der gebürtige Würzburger sagte am Freitag: "Wenn du die Chance hast, einen Spieler solchen Kalibers zu holen, musst du es tun. Er passt perfekt in die moderne NBA. "

(mit SID)
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