"Sonnyboy" sucht noch einen Trainer Tommy Haas im Leistungstief

Halle (sid). Lustlos, orientierungslos, ratlos - Tommy Haas findet offenbar keinen Weg aus dem Leistungstief. Große Sorgen scheint ihm das allerdings nicht zu bereiten, denn nach seiner 2:6, 7:5, 2:6-Auftaktniederlage gegen den kroatischen Qualifikanten Ivan Ljubicic in Halle stellte er demonstrativ sein Desinteresse am Spiel auf grünem Gras zur Schau. "Schade, aber Rasentennis kann man eben nicht lernen", stellte er fest und lächelte gelassen in die Runde: "Andere können es einfach besser."

Mit aufgesetzt wirkendem Selbstvertrauen, das fast schon überheblich wirkte, und seiner genervten Weigerung, den Fans beim Verlassen der Anlage allzu viele Autogramme zu geben, verpasste Haas seinem Image als Strahlemann und Sonnyboy einige tiefe Kratzer. Der Weg ist steinig, Haas hat schwere Zeiten vor sich. Erklärungen für die Stagnation in seinem Spiel hat er keine, fast jeden Satz beginnt er mit der Floskel "wie gesagt", Neues fällt ihm nicht ein.

Fünfmal musste Tommy Haas in dieser Saison bereits nach der ersten Runde eines ATP-Turniers die Koffer packen, weitere viermal reichte es nur für Runde zwei, zuletzt in Paris bis in die dritte Runde, in der Marat Safin als erster ernsthafter Gegner nach drei enttäuschenden Sätzen die Endstation war. Eine magere Bilanz für einen, der mit Worten immer hoch hinaus wollte.

Die geplante Zusammenarbeit mit Boris Becker ist offenbar kein Thema mehr. Becker unterstützt in Queens und Wimbledon lieber den Australier Mark Philippoussis, bei dem deutlich mehr Fortschritt und Leistungsbereitschaft zu erkennen sind. "Ich halte nicht viel von der Zusammenarbeit Becker/Philippoussis. Mehr will ich zu diesem Thema nicht sagen", meinte Haas, der seine Enttäuschung über diese Nachricht allerdings kaum verbergen konnte.

Becker hatte bereits vor einiger Zeit den Finger in die Wunde gelegt und auf ein offenkundiges Problem bei Tommy Haas hingewiesen. "Wenn man ihm sagt, geh' nach links, und er geht nach rechts, hat das keinen Sinn", sagte der dreimalige Wimbledonsieger kürzlich im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Haas will auf Biegen und Brechen selbst entscheiden und gibt das auch offen zu: "Ich bin erwachsen, ich tue, was ich für richtig halte, und nur ich entscheide. Ich denke derzeit viel nach, es tut sich auch viel."

Noch nicht genug, denn nach wie vor ist Tommy Haas auf der Suche nach dem optimalen Trainer. Die Ära der dominanten Einflusspersonen, beispielsweise die des früher allgegenwärtigen Vaters, soll endgültig vorbei sein. Der Abnabelungsprozess ist härter als erwartet, doch der Dickschädel scheint groß genug. Besonders ärgert Haas die Kritik an seiner Lebensphilosophie: "Mir gefällt das Leben in den USA, weil alles so unkompliziert ist."

Zur Zeit trainiert Haas wieder mit David "Red" Ayme, zu dem er Ende April zurückgekehrt war: "Ich bin auf der Suche nach einem neuen Coach. Momentan gibt es nichts Neues." Wie gesagt.

(RPO Archiv)
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