Nach Aus in Wimbledon Diese Fehler verhindern Zverevs Erfolge bei Grand-Slam-Turnieren

Analyse | London · Alexander Zverev scheitert wieder einmal früh bei einem Grand-Slam-Turnier. Dabei will er unbedingt die Phalanx der großen Drei durchbrechen. Er macht aber immer wieder die gleichen Fehler, die ihn auch in Wimbledon wieder stoppten.

Müht sich: Alexander Zverev.

Müht sich: Alexander Zverev.

Foto: dpa/Aeltc Pool

Seit einigen Jahren inzwischen wird darüber spekuliert, wann die großen Drei des Welt-Tennis abgelöst werden können. Doch In fünf Sätzen musste er sich dem Kanadier Felix Auger-Aliassime geschlagen geben.

Dass diese Möglichkeit bestehen könnte, dürfte der deutschen Nummer eins im Vorfeld der Partie bewusst gewesen sein. Erst vor ein paar Tagen schlug Auger-Aliassime den Rasen-Dominator der vergangenen Jahrzehnte in Halle: Roger Federer hatte gegen den 20-Jährigen kaum eine Chance. Ganz so dominant war der Kanadier am Montag zwar nicht, dennoch behielt er die Oberhand, spielte eines der besten Matches seiner noch jungen Karriere. Während Zverev wieder einmal in einem Grand-Slam-Turnier frühzeitig die Segel streichen musste – und dabei die gleichen Fehler machte wie so häufig in den vergangenen Jahren. Immer wieder fehlen in diesen Turnieren die letzten paar Prozent, um zwei Wochen lang auf höchstem Niveau zu spielen.

„Ich habe das Match wegen meines Aufschlags verloren“, sagte Zverev nach der bitteren Pleite, eine Erklärung für seine 20 Doppelfehler fand er aber nicht. Dabei biss er sich sogar in das Spiel rein, in dem er bereits zwei Sätze zurücklag – trotz guter Leistung. Die Nerven behielt er über die fünf Sätze aber nicht. Wie so häufig in seiner Karriere, während er bei Masters-Turnieren mit drei Gewinnsätzen regelmäßig große Erfolge feiert. Zuletzt in Madrid auf Sand.

Damals ruhte Zverev in sich, er hatte vollkommen die Kontrolle über sich und sein Spiel. 15 ATP-Turniere gewann er auf diese Art und Weise bereits, krönte sich sogar einmal zum inoffiziellen Weltmeister. Verliert er diese Ruhe, wird es kniffelig – vor allem über die lange Distanz. Dann wackelt immer wieder sein Aufschlag, seine eigentlich größte Stärke. Mit seinen langen Armen bringt er die kleine Filzkugel auf extrem hohe Geschwindigkeiten und macht sie für seine Gegner so schwer, wieder zurück über das Netz zu spielen.

Gelingt es ihm nicht, seinen Gegner damit unter Druck zu setzen, wird es schwierig. Wie am Montag gegen den Kanadier. Hier ein Break, da ein Break – wenngleich er nicht aufgab. In der Summe waren es aber eindeutig zu viele Fehler des Deutschen. Die Konzentration blieb auf der Strecke. Darunter litt auf dem Platz auch sein großes Ego, wenngleich er nach dem Spiel behauptete, er wäre nah dran gewesen an seinen besten Leistungen, die es für ein Grand-Slam-Turnier braucht.

Ob er diese Einschätzung auch äußern wird, wenn die Analyse seiner Achtelfinal-Niederlage vorbei ist? Das lässt sich zumindest bezweifeln. Denn neben den vielen Doppelfehlern beim Aufschlag war es wieder einmal sein Positionsspiel, das ihn in einigen Situationen im Spiel in Bedrängnis brachte. Sein Gegenüber bewegte Zverev gut übers Feld – was dieser zwischenzeitlich sogar mit einer Überstreckung des Knies bezahlen musste. Doch es hemmte Zverev zum Glück nicht.

Vielmehr war es wohl wieder einmal der Glaube an die eigene Stärke, der dem 24-Jährigen im Achtelfinale von Wimbledon fehlte. Das ist vielleicht der größte Unterschied zu den großen Drei im Welt-Tennis. Ein Federer geht auf den Platz und weiß, dass er der klare Sieger sein wird. So dominiert er seit Jahrzehnten die Rasen-Saisons (abgesehen von seinen Verletzungspausen). Am Montag sagte er wörtlich: „Es macht keinen Unterschied, wer auf der anderen Seite des Netzes steht. Ich muss mich auf mein Spiel konzentrieren und auf meine Waffen vertrauen.“ Ähnlich macht es Djokovic, der nach seinen Siegen in Melbourne und Paris auch in London wieder der ganz große Favorit ist und sich bisher überhaupt keine Blöße gab.

Zverev besitzt diese Überzeugung nicht immer. Das spiegelt sich in seinem Verhalten auf dem Platz wider, wenn er anfängt, mit Schiedsrichter-Entscheidungen zu hadern und sich in Diskussionen verstrickt. Oder wenn er seine Schläge nicht in gewohnter Manier durchziehen kann. Irgendetwas hemmt ihn dann. Bis Zverevs Grundvertrauen in die eigene Stärke irgendwann einmal unbestritten ist, wird er wohl bei den Grand-Slam-Turnieren weiter seine Probleme haben und auf den ersehnten ersten Titel bei einem der großen vier Turniere warten müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort