Grand Slam vor der Zerreißprobe Keine Zuschauer - und keine Topstars bei den US Open?

München · Die US Open in New York stehen vor einer Zerreißprobe. Unter strengsten Hygieneregeln soll das Event über die Bühne gehen - ohne Zuschauer und vielleicht auch ohne die Topstars der Szene.

 Serena Williams bei den US Open.

Serena Williams bei den US Open.

Foto: AP/Eduardo Munoz Alvarez

"Bravo!!!" - Boris Becker verlieh seiner ausdrücklichen Zustimmung mit drei Ausrufezeichen Nachdruck. Sein Landsmann Tommy Haas, einst die Nummer zwei der Welt, ist derselben Meinung. "Es ist doch ein tolles Feedback, dass es endlich wieder Live-Tennis gibt", sagte der 42-Jährige im Rahmen einer Videokonferenz am Mittwoch.

Becker und Haas sind rundum einverstanden mit der Entscheidung, die US Open in New York ungeachtet der weiteren Entwicklung der weltweiten Corona-Pandemie stattfinden zu lassen: Ohne Zuschauer allerdings und angesichts der strengen Hygieneregeln vielleicht auch ohne die Topstars der Szene.

"Die Einschränkungen sind zu extrem", kritisierte der Weltranglistenerste Novak Djokovic, bei dessen kürzlich durchgeführter Adria-Tour Mundschutz und Abstandsregel bei vollen Tribünen und einer anschließenden Party in einer Belgrader Disco überhaupt keine Rolle gespielt hatten. Ashleigh Barty, die Nummer eins der WTA Tour, hat andere Vorbehalte, ihr ist die Sicherheit wichtig, "und ich weiß nicht, ob die wirklich hundertprozentig gewährleistet werden kann. Ich habe Bedenken."

Spaniens Sandplatzkönig Rafael Nadal, der ja im Anschluss an die US Open auch noch die French Open in Paris vor sich hat, ist offenbar eher geneigt, auf die US Open zu verzichten. Sicher fehlen wird Grand-Slam-Rekordsieger Roger Federer, der Schweizer hat sich nach einer zweiten Knie-Arthroskopie bereits bis ins Jahr 2021 verabschiedet.

Immerhin: Der größte Name bei den Frauen wird wohl dabei sein. Die zweimalige Flushing-Meadows-Siegerin Serena Williams teilte am Mittwoch mit, sie könne "es nicht abwarten", bei ihrem Heim-Grand-Slam anzutreten. Ihr Trainer Patrick Mouratoglou hatte zuvor geunkt, dass er sich die Teilnahme der 38-Jährigen könne. "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sie drei Wochen auf ihre Tochter Olympia verzichtet", sagte Mouratoglou der BBC. Die Weltranglistenzweite Simona Halep ließ durchblicken, dass eine Teilnahme in New York für sie höchst unwahrscheinlich sei.

Am Dienstag hatte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo bestätigt, dass das normalerweise letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres vom 31. August bis zum 13. September ausgetragen werden soll. Der US-Verband USTA werde "außerordentliche Vorkehrungen zum Schutz der Spieler und des Personals treffen", schrieb Cuomo. Robuste Tests, zusätzliche Reinigung, zusätzliche Umkleidekabinen sowie spezielle Maßnahmen bei Unterbringung und Transport seien vorgesehen. Zudem soll pro Spieler nur eine Begleitperson erlaubt sein.

Bei schlechter platzierten Spielern hat die ablehnende Haltung der Stars für Unverständnis gesorgt. Ein Coach reiche doch, sagte der Engländer Dan Evans (ATP Nr. 28.), außerdem gebe es "keinen besseren Weg", nicht so gut im Ranking platzierte Spieler finanziell zu unterstützen, als die Durchführung eines Grand-Slam-Turniers. "Das wäre jetzt der richtige Moment für Novak und Rafa, uns zu helfen, unseren Lebensunterhalt zu verdienen."

Der Franzose Richard Gasquet sieht es nicht als "Katastrophe, wenn man mal drei Wochen mit einem Trainer auskommt." Die Amerikanerin Danielle Collins attackierte speziell Djokovic. "Wenn du in deiner Karriere schon fast 150 Millionen Dollar verdient hast, ist es einfach, dich gegen die Durchführung des US Open zu sträuben", sagte die Halbfinalistin der Australian Open 2019.

Haas bleibt vorerst entspannt: "Wir haben ja noch ein bisschen Zeit und können deshalb weiter hoffen, dass alle Tospieler in New York antreten werden. Es sind ja schließlich die US Open."

(ako/sid)
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