Neue Aufgabe für Tennis-Held Boris Becker lehrt Novak Djokovic mentale Stärke

Düsseldorf · "Spiele werden im Kopf entschieden", betont der Düsseldorfer Sportpsychologe Dirk Schmidt. Ob die Zusammenarbeit funktioniert, hängt maßgeblich vom Start in die neue Tennissaison ab.

 Boris Becker konzentriert sich jetzt wieder auf sein Kerngeschäft.

Boris Becker konzentriert sich jetzt wieder auf sein Kerngeschäft.

Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Der äußere Eindruck darf nicht täuschen. Gewiss, der Körper erinnert nicht mehr an einen Sportler, der jahrelang zur Weltspitze zählte, dessen Art zu spielen begeisterte und nicht nur Tennisfans in den Bann zog. Boris Becker ist füllig geworden, eine Hüfte ist schon erneuert. Seit dem Ende seiner sportlichen Karriere hat sich einiges verändert — nicht nur an der Statur.

Doch wenn der mittlerweile 46-Jährige erzählt, wie er sich auf den Tennisplätzen nach oben gekämpft hat, wie man es schafft, in einem Duell auf Augenhöhe den Rivalen zu besiegen, dann weiß er, wovon er spricht. Auf diese Form der Zusammenarbeit setzt offenbar Novak Djokovic. Der Serbe möchte mit Becker als Headcoach zurück an die Weltspitze, will den Spanier Rafael Nadal von Platz eins verdrängen.

"Authentisch sein", betont der Düsseldorfer Sportpsychologe Dirk Schmidt, "ist eine wesentliche Voraussetzung für den Trainerjob. Das fällt natürlich leichter, wenn man als Sportler erfolgreich war." Das trifft auf Becker zu. Dazu müsse man Werte vermitteln können. Den Sportler Becker zeichneten Begeisterungsfähigkeit, Fleiß und Zielstrebigkeit aus. "Talent haben alle, die ganz oben stehen. Auch verfügen sie in der Regel über die erforderliche Technik und die körperlichen Voraussetzungen", sagt Schmidt. Den Ausschlag gebe dann oft, wer mental stärker ist, denn "Spiele werden im Kopf entschieden".

Becker wird sich nicht als Trainingspartner von Djokovic auf dem Tennisplatz tummeln, wozu er schon körperlich derzeit gar nicht in der Verfassung wäre. Für die Athletik sind im Team des 26-Jährigen andere zuständig. Becker soll sich als Headcoach um den Kopf kümmern. Dass er keine Trainer-Ausbildung hat, muss kein Nachteil sein.

Günther Bosch, der Mann hinter Beckers Aufstieg zum Weltstar, traut seinem ehemaligen Schützling zu, diese Herausforderung zu meistern. "Er muss sich aber gewaltig wandeln", betont der 76-Jährige. Damit ist nicht nur die Neugestaltung das Alltags gemeint. "Boris muss lernen, im Schatten des Spielers zu stehen", sagt Bosch, und er müsse Diplomat genug sein, die Launen seines Chefs verarbeiten zu können.

Das Tennisspiel hat sich seit Beckers aktiver Zeit nicht elementar verändert. Die Maße des Platzes und die Netzhöhe sind gleich, es gibt Aufschlag, Volley, Stopps, Passier- und Diagonalschläge. Auf diesem Gebiet kann der Leimener nicht für die von Djokovic erhofften Impulse sorgen. Becker ist als Motivator gefordert. Er muss den Serben, der zuletzt immer wieder an seinem großen Rivalen Nadal scheiterte, mental noch stärker machen. Becker konnte oft schon verloren geglaubte Partien noch für sich entscheiden.

Bosch sieht einen weiteren Ansatz. "Wichtige Punkte werden nicht durch Fehler des Gegners, sondern durch eigenen Mut und das eigene Können entschieden", erklärt der frühere Erfolgstrainer mit Blick auf Djokovic, der oft weit hinter der Grundlinie steht.

"Erfolge", sagt Sportpsychologe Schmidt, "werden in Medaillen und Titeln gemessen." Ob die Zweckgemeinschaft Becker/Djokovic eine Zukunft hat, hängt neben Beckers Fähigkeit, sein Leben zu strukturieren, vor allem davon ab, wie erfolgreich die ersten Wochen sind. Nur dann entsteht Vertrauen. Wird die Basis, die auch Rückschläge ertragen lässt.

(RP)
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